Softwarepiraterie verursacht 839 Millionen Mark Schaden

17.06.1999

MÜNCHEN: Trauriger Rekord: Deutschland führt die europäische Schadensstatistik in bezug auf Softwarepiraterie an. Allein im vergangenen Jahr verursachte hier der Handel mit Raubkopien einen Umsatzverlust in Höhe von 839 Millionen Mark.Deutschland wird als führender IT-Markt in Europa in besonderem Maße durch Softwarepiraterie geschädigt. Die Verlustbilanz für 1998 liegt mit 839 Millionen Mark. Laut einer Untersuchung der Industrieverbände Business-Software-Alliance (BSA) und Software & Information Industry Association (SIIA) ist der Handel mit Raubkopien in Deutschland zwar rückläufig - er sank 1998 im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent-, dennoch liegt die Raubkopienrate noch bei 28 Prozent. Im Durchschnitt sind in Westeuropa 36 Prozent der eingesetzten Software illegal.

92 Prozent Raubkopien in Russland

In der weltweiten Statistik liegt Deutschland an vierter Stelle hinter den USA, China und Japan, gefolgt von Großbritannien und Frankreich. Die Region mit der höchsten Raubkopienrate weltweit war 1998 Osteuropa mit einem Anteil von 76 Prozent.

In den USA sank die Raubkopienrate im vergangenen Jahr von 27 auf 25 Prozent. Kanada mußte einen Zuwachs von einem Prozent hinnehmen, die Rate beträgt derzeit 40 Prozent. Beide Länder zusammen verursachten 1998 einen Verlust von 3,2 Milliarden Dollar. Aufgrund der wirtschaftlichen Probleme entstand in der Region Asien/Pazifik mit rund drei Milliarden Dollar der zweithöchste Schaden weltweit.

Weltweit beläuft sich der direkte Umsatzausfall nach Aussage der Verbände auf etwa elf Milliarden Dollar. Die Zahl der neuinstallierten Raubkopien stieg 1998 demnach um 2,5 Millionen auf 231 Millionen Stück.

Bei einer Umfrage von ComputerPartner zeigten sich die meisten Fachhändler von dem hohen Anteil an Raubkopien überrascht, sparten aber auch nicht mit Kritik an den Herstellern: "Manchmal hat man den Eindruck, daß einige den Handel mit Raubkopien tolerieren, um eine entsprechende Verbreitung der Produkte zu gewährleisten", kommentierte ein Fachhändler die Entwicklung. Wie die meisten würde er sich mehr Unterstützung vom Hersteller erwarten. "Es bleibt doch meist an uns hängen, den Kunden entsprechend aufzuklären."

Günstige Preise verlocken

Der Großteil der Fachhändler glaubt demzufolge auch, daß die meisten Raubkopien aus Unwissenheit gekauft werden, die Anwender sich vom günstigen Preis verleiten lassen. Problematisch sei dabei nicht der große Mittelstand, sondern der "kleinere Anwender", meint Angelika Weis, Inhaberin eines Systemhauses in Germering: "Hier ist die Aufklärung noch mangelhaft. Für diese Klientel ist es deshalb wirklich schwierig, Raubkopien zu erkennen." Und die Geschwindigkeit, in der neue Produkte auf den Markt kommen, tue ein übriges: "Früher konnte man Produkte noch anhand der Nummern identifizieren. Doch bei der Vielzahl an neuen Produkten und Nummern blickt keiner mehr durch."

Microsoft, dessen Produkte zu den "Favoriten" der Softwarepiraten zählen, versucht seit der Nivellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes im Juni 1993, verstärkt professionellen Raubkopierern und illegalen Softwarehändlern das Handwerk zu legen. Von Juli 1997 bis Oktober 1998 erwirkte der Hersteller - vor allem dank zahlreicher Händlerhinweise - insgesamt 60 Straf- und Zivilverfahren gegen Softwarepiraten. Dennoch haben viele Fachhändler, die Raubkopien erkennen, oft noch Hemmungen, die entsprechenden Hersteller zu informieren: "Solange ich selber mit einer Klage rechnen muß, würde ich mir das auch genau überlegen", meint einer der Befragten. Denn auch Microsoft schließt nicht aus, daß Händler und Endanwender mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben. Zumindest wer sich weigert, die Raubkopien nachzulizenzieren, steht bald vor dem Kadi. (mf)

Microsoft-Produkte sind die eindeutigen Favoriten der Softwarepiraten.

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