Soko "Handyman" schlug zu: "Ich verstehe die Aufregung nicht"

02.10.2000
Der Bekanntheitsgrad des dänischen Distributors Kijaka ist in Deutschland sprunghaft angestiegen. Der "Spiegel" hatte über eine Großrazzia der Soko "Handyman" berichtet, deren Auslöser eine Steuerprüfung der Kijaka-Gruppe gewesen sein soll. ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok sprach exklusiv mit dem Geschäftsführer des deutschen Niederlassung, Thomas Gräßle, über die Hintergründe und den angeblichen Vorwurf der Steuerhinterziehung.

Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtet in seiner Ausgabe vom 10. Januar 2000 von der "größten Steuer-Großrazzia in der Geschichte der Republik". Auslöser soll eine Steuerprüfung bei der Kijaka-Gruppe gewesen sein.

Gräßle: Eine Razzia hat tatsächlich stattgefunden. Laut unseren Informationen war das eine bundesweite Aktion von der Steuerfahndung, und man hat auch uns in diesem Zusammenhang durchsucht. In der Zentrale in Dänemark war man aber nicht. Ob eine Steuerprüfung Auslöser dieser Razzia war, wissen wir nicht.

Welche Vorwürfe werden seitens der Finanzbehörden gegenüber der deutschen Kjaka-Niederlassung konkret erhoben?

Gräßle: Keine. Der Gerichtsbeschluss, aufgrund dessen man die Durchsuchung vorgenommen hat, war gegen zwei andere Unternehmen gerichtet, mit denen wir in geschäftlicher Beziehung standen. Eigentlich ist das ganz normal, dass Sie, wenn Sie mit diesen beschuldigten Unternehmen zu tun haben, überprüft werden, inwieweit Sie die entsprechenden Unterlagen oder die Steuern abgeführt haben.

Laut "Spiegel" soll es um die Firmen Privatel, Tai Pan und Netmaya gehen. Sie sprechen nur von zwei Geschäftspartnern.

Gräßle: Eine der betroffenen Firmen wird in diesem Text gar nicht genannt. Und mit Tai Pan Traiding beziehungsweise Privatel haben wir gar keine Geschäftsbeziehungen. Mit der Firma Netmaya schon.

Um welche Firma handelte es sich bei der zweiten, nicht erwähnten?

Gräßle: Die möchte ich aus Gründen der Loyalität nicht nennen.

Wie sah Ihre Geschäftsbeziehung mit Netmaya aus?

Gräßle: Netmaya war unser Lieferant, wir haben mehrmals Handys von ihm bezogen, und zwar im zweiten Halbjahr 1999.

Sie haben Handys von einer Firma bezogen, die den Großteil ihrer Umsätze mit Zutaten für Bäckereien macht. Haben Sie Ihren Geschäftspartner nicht überprüft?

Gräßle: Das haben wir tatsächlich nicht gewusst. Wir haben uns natürlich nach dem Bonitätsindex erkundigt, der Firma war auch eine Umsatzsteuer-Ident-Nummer zugeordnet, das lag uns vor. Es gab insofern keinerlei Beanstandungen von unserer Seite, dort entsprechend einzukaufen.

Firmen, die sich um die Steuer drücken, bieten die Geräte meist doch verdächtig günstig an. Waren die Handys denn Schnäppchen?

Gräßle: Das könnte man im ersten Moment denken, aber der Preis war marktgerecht. Wir haben nicht nur dort eingekauft, sondern auch bei anderen Unternehmen. Und auch im Vergleich gab es keinen Grund zu sagen: Hopppla, es könnte sein, dass das nicht ganz in Ordnung ist.

Es muss sich aber um eine größere Lieferung gehandelt haben. Laut "Spiegel" schätzen die Ermittler den Schaden für den Fiskus, der durch die Kijaka-Gruppe entstanden ist, auf 32 Millionen Mark.

Gräßle: Keine Ahnung, wie man darauf kommt. Ich kann mir nur vorstellen, dass sich die 32 Millionen Mark auf die verdächtigen Firmen beziehen. Dass die Steuerfahndung gesagt hat, das sei der Betrag, der ihr dort entgangen sei. Aber es gibt keinerlei Forderungen seitens der Finanzbehörden gegenüber Kijaka.

Aber es ist schon verdächtig, wenn man gleich mit zwei möglichen Steuersündern Geschäfte macht.

Gräßle: Mit der zweiten Firma hatten wir eine andere Geschäftsbeziehung und auch in einem anderen Zeitraum. Das Unternehmen hat von uns im ersten Halbjahr 1999 Handys bezogen. Inwieweit die beiden miteinander was zu tun haben, kann ich nicht sagen. Außerdem haben wir inzwischen die Information, dass das Finanzamt von den Vorwürfen gegen beide Firmen abrückt und man in dem Fall offenbar noch weiter zurückgehen muss. Also dass auch unser Lieferant Netmaya in dem Fall sauber ist und nun eigentlich gegen deren Lieferanten vorgegangen wird.

Die Beweislast für die Unternehmereigenschaft des Lieferanten liegt laut Gesetzgebung bei Ihnen. Befürchten Sie, dass der Fiskus Ihr Unternehmen deshalb nachträglich zur Kasse bitten wird?

Gräßle: Nein. Dadurch, dass wir regelmäßigen Steuerprüfungen unterliegen, sind ja auch die Vorgänge als solche schon bewertet und als formal richtig abgehakt worden. Wir haben uns in dem Fall korrekt verhalten, haben Ware eingekauft, die Mehrwertsteuer bereits bei Netmaya bezahlt und bei den Verkäufen entsprechend berücksichtigt. Diese Vorgänge sind formal richtig, insofern besteht keinerlei Veranlassung der Steuerbehörden, Kijaka in irgendeiner Weise zu beschuldigen.

Ist die deutsche Niederlassung in den neun Jahren ihres Bestehens den Finanzbehörden jemals negativ aufgefallen?

Gräßle: Nein. Wir kaufen viel ein, verkaufen dementsprechend auch in das Zentrallager in Dänemark, das ist ganz normaler Prozess. Da hat man teilweise Guthaben, Steuerrückzahlungen. Und immer wenn das der Fall ist, kommt natürlich das Finanzamt und überprüft das. Insofern ist das ein ganz normaler Prozess, dem wir - auch innerhalb der Gruppe - fast monatlich unterliegen. Daher verstehe ich auch die ganze Aufregung nicht, denn dem Finanzamt liegen nun mal alle Informationen vor.

Wie erklären Sie sich dann, dass man Sie mit den Steuersündern in Verbindung bringt?

Gräßle: Wir vermuten, dass sich der Journalist aufgrund der unvollständigen Informationen die Dinge zusammengereimt hat. Wir möchten über unsere Rechtsanwälte entsprechend eine einstweilige Verfügung gegen den "Spiegel" erwirken. Wir haben auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Steuerbeamten erhoben, der die Informationen herausgegeben haben muss, obwohl er in einem schwebenden Verfahren der Schweigepflicht unterliegt.

Werden Sie Ihre Lieferanten künftig genauer unter die Lupe nehmen?

Gräßle: Ja. Man könnte natürlich sagen, man kauft nur noch beim Hersteller ein, die Möglichkeit hat man ja. Dann geht man zu 99 Prozent diesen Dingen aus dem Weg. Aber richtig dagegen schützen können Sie sich sonst nicht. Bonitätsprüfung, Umsatzsteuer-Ident-Nummer, all diese Dinge sind ja nicht erst seit gestern da. Doch diese Informationen schützen nicht vor der individuellen Entscheidungen der Geschäftsführer, ob sie die Mehrwertsteuer zahlen oder nicht.

Zur Startseite