Sommerloch

17.08.2000

Von den Speichermärkten gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, dass die Preise bei allen Chiptypen derzeit sehr stabil sind und gegenüber den Höchstständen im Juli sogar wieder ganz leicht gefallen sind. Die schlechte ist, dass die Preise sich stabil zeigen, obwohl - bedingt durch die Sommerflaute - die Nachfrage nur äußerst schleppend ist. Unter normalen Umständen müsste diese Situation dazu führen, dass die Preise ins Rutschen kommen.

Sehr schwierig ist im Augenblick einzuschätzen, wie sich der Speichermarkt weiterentwickeln wird. Fest steht, dass das Angebot in Fernost sehr knapp und teuer ist. Kurzfristig ist nicht damit zu rechnen, dass die Chiphersteller ihre Produktion wesentlich steigern können. Ziemlich sicher ist auch, dass die Produzenten ihre Preise weiter hochfahren werden. Als erster großer Hersteller hat Micron eine Preisanhebung angekündigt. Der Chipproduzent wird seine 64-Mbit-Bausteine künftig für mehr als acht Dollar verkaufen. Micron reagiert damit auf den hohen Bedarf der Computerindustrie, der die Kapazitäten der Speicherhersteller inzwischen überschritten hat. Es ist damit zu rechnen, dass weitere Chipproduzenten diesem Beispiel folgen und die Preise an den Spotmärkten nach oben treiben werden.

Die große Unbekannte ist die Entwicklung der Nachfrage zum Jahresende hin. Die Marktforscher von Dataquest und IDC kommen zu dem Ergebnis, dass im zweiten Quartal weder der US-amerikanische noch der europäische PC-Markt die bislang gewohnten Steigerungsraten vorweisen konnten. Übereinstimmend stellen die Analysten eine gewisse Marktsättigung fest. Sie ziehen daraus den Schluss, dass PC-Hersteller in Europa und den USA sich in Zukunft wohl von den bisher gekannten Wachstumszahlen verabschieden werden müssen.

Für eine Prognose ist aber nicht nur die Nachfrage nach PCs ausschlaggebend. Zu berücksichtigen sind auch andere Produktgruppen wie Handhelds, WAP-Handys, Settop-Boxen oder Spielekonsolen, bei denen ebenfalls Speicher verbaut wird. Hier ist zum Jahresende mit einer anhaltend starken Nachfrage zu rechnen. Auch Microsofts neues Betriebssystem Windows 2000 dürfte die Nachfrage nach Speichermodulen ankurbeln. Beobachter rechnen damit, dass sich Windows 2000 auf breiter Front durchsetzen wird. Dann steht bei vielen Rechnern eine Nachrüstung an, da die Software mindestens 128 MB Memory benötigt.

Insgesamt muss man deshalb davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Speicher in der zweiten Jahreshälfte kräftig anzieht und die Preise stark steigen. Preise von über zehn Dollar für den 64-Mbit-Chip scheinen schon in naher Zukunft möglich.

Als bestes Beispiel einer bevorstehenden Speicherknappheit erscheinen die Warnungen vor minderwertiger Ware, die bereits die Runde machen. "Es gehört leider zu den unangenehmen Begleiterscheinungen von Allokationsphasen, dass auch minderwertige Chips in den Handel gelangen", erklärt Brigitte Haas, Unternehmenssprecherin von Kingston Technology Europe. "Wir können dem Handel nur dringend empfehlen, seinen Bedarf bei Markenherstellern zu decken, die ausschließlich hochwertige Chips verbauen."

Jörg Bachmann

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