Sondereinsatz für "Brand Protection"

25.03.2004
Wenn es das nächste Mal an Ihrer Tür klopft, könnte es die neue Einsatz-Truppe von HP sein: Der Hersteller will den Graumarkthandel bekämpfen und hat eine neue Abteilung gegründet, die künftig verstärkt Kontrollen bei Händlern und Distributoren durchführen wird. Von ComputerPartner-Redakteurin Marzena Fiok

"Brand Protection" nennt sich die neue Einsatztruppe von HP, die künftig in ganz Europa aktiv sein wird: Zur Bekämpfung des so genannten "Graumarktes" werden die Mitarbeiter Testkäufe bei Brokern durchführen und bei Fachhandelspartnern Endkundennachweise kontrollieren. Auch in Deutschland müssen Distributoren und Händler ab sofort mit Stichproben rechnen.

Wie Jochen Erlach, Vertriebsdirektor für den Channel bei HP Deutschland, erklärt, lautet das Ziel, "faire Wettbewerbsbedingungen unter den Händlern zu schaffen und den Preisdruck zu verringern". Zugleich sollen auch die Qualität der Produkte und der dazugehörige Service für Endkunden sichergestellt werden.

Beides sei bei Graumarkt-Produkten nämlich nicht gegeben.

Tatsächlich können sich Kunden und Händler an dieser Ware ihre Finger verbrennen. Wenn der Kunde beispielsweise nicht weiß, aus welchem Land die eingekaufte Ware kommt, ist eine böse Überraschung vorprogrammiert, so Erlach. "Er kauft das Produkt mit Rahmenbedingungen, die er nicht kennt". Soll heißen: Es gelten immer die Garantiebedingungen des Herkunftslandes. Und welches das ist, erfährt der Techniker anhand der Seriennummer.

Für Händler und Distributoren, die beim Handel mit Waren von zweifelhafter Herkunft erwischt werden, kann es ebenfalls äußerst unangenehm werden. Die Konsequenzen reichen vom Entzug der HP-Autorisierung über eine Anzeige wegen Betruges bis hin zu existenzbedrohlich hohen Schadensersatzforderungen.

HP-Philosophie: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Wie Erlach erklärt, ist dem Hersteller bei dem europaweiten Programm vor allem der so genannte Approval-Missbrauch bei Projektgeschäften (siehe Kasten) ein Dorn im Auge. Der macht nach Schätzungen von HP den Großteil des europäischen Graumarktes aus - und versaut ehrlichen Kollegen zunehmend die Preise. "Das ist kein deutsches, sondern ein europäisches Problem, manchmal auch ein weltweites", so Erlach.

Um es in den Griff zu kriegen, nehmen die HP-Ermittler ab sofort die Geschäfte der Fachhandelspartner genauer unter die Lupe: Auf Basis von Lieferscheinen, Endkundenrechnungen und -bestellungen wird der Verwendungszweck von Produkten, für die der HP seinen Partnern Sonderpreise gewährt, geprüft. Dies gilt künftig auch in Fällen, in denen die Großhändler an einen indirekten Partner weiterverkaufen. "Wir werden das Problem nicht zu 100 Prozent lösen können, aber wir wollen es deutlich eindämmen", sagt Erlach.

In einem Schreiben wurden in den vergangenen Tagen insgesamt 6.000 Partner von dem neuen Programm in Kenntnis gesetzt. Wie Erlach berichtet, habe es auch schon erste Reaktionen darauf gegeben, und die seien durchweg positiv ausgefallen. Die Händler zeigen sich erfreut darüber, dass sie in Zukunft wohl nicht mehr so häufig auf Konkurrenten mit "interessanten" Preisen treffen werden. Der Sinn und Zweck der Aktion sei angekommen, so Erlach: "Unser absolut wichtigstes Ziel ist es, die Investitionen der Partner zu schützen. Und wir wollen ihnen die Sicherheit geben, dass sie ihren Kunden Qualität bieten können."

Auch wenn es die Hersteller ansonsten nicht so gerne sehen, dass man ihre Ideen kopiert, in diesem Fall möchte Jochen Erlach die Marktteilnehmer dazu sogar auffordern: "Selbstverständlich fänden wir es wünschenswert, wenn andere Hersteller ähnlich vorgehen würden." Dass sie sich mit der Problematik schon beschäftigt haben, glaubt er jedenfalls: "Es wäre naiv zu glauben, dass dieses Problem nur bei HP existiert".

Meinung der Redakteurin

Es wird sicherlich wieder Stimmen geben, die HP andere Motive als Schutz der Händler und Kunden unterstellen. Doch in diesem Fall ist solche Kritik wohl fehl am Platz: Wer sich einen fairen Wettbewerb wünscht und den eigenen Kunden durch Qualität und nicht durch Dumping-Preise überzeugen will, sollte sich über das Anti-Graumarkt von HP freuen - auch wenn er sich selber künftig Kontrollen gefallen lassen muss.

Graumarkt

Was Hersteller darunter verstehen

Wenn Hersteller vom "Graumarkt" oder "Grauen Markt" reden, dann geht es um Markenprodukte, die über nicht autorisierte Handelswege und zu verbilligten Konditionen vertrieben werden. Solche Geräte werden im Ausland günstig eingekauft und zu entsprechenden Preisen in den deutschen Markt "eingeschleust". Häufiger anzutreffen ist der so genannte Approval-Missbrauch: Ein Händler bekommt beim Hersteller bei großen Projekten bessere Konditionen für die benötigten Waren. Er bestellt zu diesem Preis aber mehr, als der Kunde benötigt, und verkauft den Rest auf dem freien Markt - billiger als die Konkurrenz, aber trotzdem noch mit sattem Gewinn. MF

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