Sony: Auswirkungen der internationalen Sanierung auf das Deutschland-Geschäft

22.01.2004
Nach der Präsentation der Sanierungspläne in Tokio hagelte es harte Kommentare in der internationalen Presse. Sony habe "seine führende Position verspielt", "den Anschluss an den internationalen Wettbewerb verpasst", der Konzern "lebt nur noch von der Playstation".

Nach der Präsentation der Sanierungspläne in Tokio hagelte es harte Kommentare in der internationalen Presse. Sony habe "seine führende Position verspielt", "den Anschluss an den internationalen Wettbewerb verpasst", der Konzern "lebt nur noch von der Playstation".

Das Unternehmen hat die weltweite Krise in der Unterhaltungselektronik und in der IT-Branche zwar erst spät erwischt, dafür fallen die Einschnitte - als auch die Häme der Marktbegleiter - jetzt wesentlich härter aus. Als sicher gilt, dass der Konzern nach dem Umbau "ein völlig neues Unternehmen" sein wird, so ein Insider.

Kommissarisches Team übernimmt Führung

Einer, der dann nicht mehr dabei sein wird, ist Leopold Bonengl, Vorsitzender der Sony Deutschland Geschäftsführung. Im Dezember reichte er seine Kündigung ein; am 31. März, pünktlich zum Ende des Geschäftsjahres, wird er sein Büro offiziell in der Chefetage der Kölner Deutschland-Niederlassung räumen. Operativ wird Bonengl noch bis Ende Januar die Fäden in der Hand halten, danach dem Übergangsteam - bestehend aus Managing Director Mike Tsurumi und dem kommissarischen Business-Head Wolf-Dieter Gries - bis Ende März beratend zur Seite stehen. Bonengl habe "aus persönlichen Gründen" gekündigt, hieß es Anfang Januar aus Köln (siehe ComputerPartner 3/04, Seite 36).

Dennoch hält der Manager seinem Noch-Arbeitgeber - ganz der gelernte Marketingprofi - die Stange. Die Frage, ob das positive Image von Sony als Technologie- und Innovationsträger am Ende sei, verneint der Deutschland-Chef erwartungsgemäß. Schließlich habe das Unternehmen den Markt erst in Richtung Digitalisierung - Stichwort: Vernetzung - getrieben, begründet er seine Antwort gegenüber ComputerPartner.

Trotzdem sei der Kostendruck - auch aufgrund einer größeren Anzahl der Mitbewerber aus allen möglichen Branchen - immer stärker geworden. "Wir müssen schlanker werden", stellt Bonengl klar.

Kosten wird der Konzern künftig unter anderem bei seinen Komponenten-Zulieferern sparen. Sony hat die Zahl seiner Lieferanten drastisch reduziert: von 4.700 auf 1.000. Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen diese Maßnahme langfristig auf das Sony-Design - für die Marketing-Strategen das Markenzeichen des Elektronikkonzerns - haben wird.

Reduzierung der Komponentenlieferanten

"Es ist klar, dass die Reduzierung der Zulieferer aus Kostengründen vorgenommen wurde. Außerdem gehe ich davon aus, dass diese Vereinfachung für das Design förderlich sein wird. Denn man kann sich bei den verkürzten Produktzyklen viel besser darauf einstellen. Die Designer haben so die Chance, sich langfristig besser mit Produktthemen zu beschäftigen, was bei der Verfügung über mehr Komponenten deutlich schwieriger ist", rechtfertigt Bonengl den Einschnitt.

Notwendige Investitionen in LCD-Produktion

Eine andere internationale Sensation war die Bekanntgabe eines LCD-Joint-Ventures mit dem asiatischen Erzrivalen Samsung. Ein Schritt, der für das japanische Sony-Management wohl fast einem Gesichtsverlust gleichkam. "Wir haben klar gemacht, dass wir in diesen Bereich stark investieren müssen", meint Bonengl zurückhaltend. Als strategische Fehlentscheidung will er die damalige Entscheidung der japanischen Konzernzentrale, keine eigenen LCD-Kapazitäten aufzubauen, ausdrücklich nicht werten.

Der Fokus des Joint Ventures soll klar auf großformatigen Panels (40-Zoll aufwärts) liegen. Die Produktion wird 2005 anlaufen. Wann die ersten Produkte dann auf den Markt kommen, steht allerdings noch nicht fest. "Es wird noch an dem Line-up gearbeitet", sagt Bonengl.

Eine japanische Vorgabe, die dagegen kurzfristige strategische Änderungen der deutschen Niederlassung erfordern dürfte, ist das Ziel, die Gewinnmarge wieder auf zehn Prozent zu katapultieren. Laut Marktkennern arbeitet Sony derzeit mit einer Gewinnmarge zwischen zwei und drei Prozent. "Wir sprechen hier von einer konsolidierten Gewinnmarge - nicht zehn Prozent ab Produktion", stellt Bonengl klar. Der Manager ergänzt: "Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit auch in Deutschland über Kostenreduzierung erhöhen. Das heißt, auf der einen Seite Prozessoptimierung und das Angebot neuer Services für unsere Kunden und auf der anderen Seite die Vernetzungsstrategie konsequent fortsetzen. Und wir müssen klar unser B2B-Geschäft verbessern, mit allen geforderten Leistungen, die dazugehören. Das wird langfristig auch einen anderen Produktmix zufolge haben." Das Produktangebot über Distribution und Systemhäuser werde sich dann anders zusammensetzen und deutlich profitabler für die gesamte Wertschöpfungskette, resümiert der noch amtierende Deutschland-Chef.

Neue Logistikstrukturen in Europa

Im Zuge des verschärften Kostenmanagements wird der Konzern auf europäischer Ebene auch seine Logistik umstellen. Das Lager in Köln soll geschlossen werden; die deutsche Niederlassung wird dann in Zukunft aus Tilburg beliefert. Einzige Ausnahme: die IT-Produkte. "Ich sehe das als klare Verbesserung, weil wir damit die logistischen Abläufe vereinfachen - Kinderkrankheiten sind aber nicht ausgeschlossen", meint Bonengl.

Was sich nach seiner Aussage auch ändern soll, ist die deutsche Notebook-Strategie. Sony reagiert hier auf die Kritik der Partner: Die Händler hatten im vergangenen Jahr moniert, dass in der Vaio-Linie ein Midrange-Modell fehle. "Wir hätten 2003 nicht den Auftrag der Schwäbisch Hall mit 5.000 Geräten gewonnen, wenn wir keine Modelle für den mittleren Bereich hätten anbieten können", kontert Bonengl. "Dennoch haben wir hier Optimierungsbedarf und werden dem Feedback der Partner Rechnung tragen", so der Manager.

Wie Sony Deutschland das schwierige Geschäftsjahr 2003/04 am 31. März abschließen wird - schwarz oder rot - dazu will sich Bonengl noch nicht äußern. "Das Weihnachtsgeschäft hat erst sehr spät begonnen, und es ist schwer abzuschätzen, wie sich unser letztes Quartal bis Ende März entwickelt."

Meinung der Redakteurin

Der Sony-Konzern ist im Umbruch: Zu lange hatte die japanische Konzernzentrale gezögert und auf die positiven Auswirkungen ihres Images vertraut. Jetzt wird die überfällige Reorganisation zur Mammutaufgabe. Wie sich die deutsche Niederlassung - nach dem Ausscheiden von Bonengl - aufstellen wird, ist noch unklar. Viel wird von dem definierten Verantwortungsbereich, der Persönlichkeit und der Kompetenz des Nachfolgers abhängen.

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