Sony bringt 200-MB-Drive auf den Markt: Kampf um Floppy-Nachfolge

24.04.1998

MÜNCHEN: Nachdem Iomega und die Superdisk-Allianz unter der Führung von Imation glaubten, den Markt für preisgünstige Wechselmedien bereits unter sich aufgeteilt zu haben, springen nun Sony und Fuji mit einer 200-MB-Floppydisk auf das Format-Karussell auf. Damit wird es zunehmend schwieriger, einen definitiven 3,5 Zoll-Floppy-Nachfolger auszumachen.Die 3,5-Zoll-Floppy-Disk ist reif für einen Nachfolger. Mit einer Speicherkapazität von 1,44 Megabyte, läßt sich bei dem stark ansteigenden Speicherhunger von Anwendungen und Grafiken heutzutage kaum mehr etwas anfangen. Der Bedarf eines einfachen, preiswerten Wechselmediums mit deutlich höherer Kapazität ist nicht mehr zu übersehen.

Eigentlich war schon alles entschieden

Nachdem die Hersteller von Speicherprodukten jahrelang die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des herkömmlichen 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerkes ignoriert hatten, überstürzen sich nun die Ereignisse.

Bislang glaubten sich Iomega mit ihrem Zip-Laufwerk und Imation als federführender Entwickler der LS-120-Superdisk auf der sicheren Seite, was die Aufteilung des Marktes für günstige Massenspeicherlaufwerke anbetraf. Doch zum dritten Quartal diesen Jahres will Sony in Kooperation mit Fuji ein 200-MB-Drive, das auf den Namen HiFD (High Capacity Floppy Disk) hört, auf den Markt bringen. Damit sollen die Karten für einen definitiven 3,5-Zoll-Floppy-Nachfolger neu gemischt werden. Das Duo geht mit einem internen Laufwerk an den Start, später sollen aber auch externe Geräte für den portablen Einsatz folgen. Mitentwickelt wurde das neue Laufwerk von den Firmen Teac und Alps. Es soll sich vor allem durch die hohen Datenübertragungsraten von bis zu 3,6 Megabyte pro Sekunde auszeichnen. Zum Vergleich: ein Zip-Laufwerk schafft 1,4 MB/s und die LS-120 Superdisk gar nur 0,6 MB/s. Mit dem LS-120 gemeinsam hat die HiFD-Technik die Abwärtskompatiblität zur angestaubten 3,5-Zoll-Floppy-Disk. Diese Datenträger sind laut Hersteller voll lese- und schreibfähig. Allerdings können HiFD-Medien nicht in Superdisk-Laufwerken gelesen werden und umgekehrt.

Sony: "Wir kommen spät, aber nicht zu spät"

Über zehn Millionen verkaufte Zip- und rund 6,2 Millionen abgesetzte Superdisk-Laufwerke weltweit, schrecken Sony dennoch nicht ab. "Wir kommen spät, aber nicht zu spät, da sich bisher kein eindeutiger Floppy-Nachfolger herauskristallisiert hat", ist Clemens Schütte, Marketing Manager Storage bei der Sony Deutschland GmbH in München, überzeugt. Als einen der größten Vorteile sieht er die Bootfähigkeit eines PCs von einem HiFD-Laufwerk aus, da es auch an die Floppy-Schnittstelle angeschlossen wird. "Unser Laufwerk arbeitet mit einer Floppy- und einer IDE-Schnittstelle. Das macht Sinn, da viele ältere PCs den Floppy-Bus zwangsweise für den Bootvorgang benötigen", erklärt der Sony-Manager.

Dank doppelter Schnittstellenbelegung kann das Laufwerk in zwei verschiedenen Modi arbeiten. Entweder als herkömmliches Diskettenlaufwerk oder über den wesentlich schnelleren IDE-Controller mit 200-MB-Medien, was einer 138fachen Kapazität der herkömmlichen Disketten gleichkommt. Damit hätte die neue Technik gegenüber dem 100-MB-Zip sowie der 120-MB-Superdisk auch in puncto Kapazität Vorteile. Doch Schütte macht sich nichts vor: Er sieht Zip als de-facto-Standard für die Datensicherung. Das HiFD soll als Floppy-Ersatz hingegen das Low-Price-Segment abdecken. Einen Preis für das neue Laufwerk konnte er noch nicht nennen. Nach Meinung von Marktexperten wird sich der Preis zwischen Zip und Superdisk ansiedeln.

Aber auch Iomega hat in der Zwischenzeit nicht geschlafen. Das Unternehmen hat bereits Verträge mit namhaften Mainboard-Herstellern wie Asus, Gigabyte und Elite geschlossen. Damit verpflichten sich die Vertragspartner, ihre Bootroutinen dahingehend zu erweitern, daß auch Zip-Laufwerke bootfähig sind. Außerdem wurde mittlerweile ein weiteres Manko - die zu hohe Baugröße der Laufwerke - beseitigt. In Kürze ist ein Laufwerk mit 15 Millimeter Bauhöhe verfügbar. Damit will Iomega auch im prestigeträchtigen Notebook-Markt Fuß fassen und dort das Zip-Drive als Ersatz für die 1,44-Megabyte-Floppy anbieten.

Imation ist gelassen

Der Entwicklung von Sony sehen wir gelassen entgegen", tönt Pascal DeBoer, Hardware Channel Manager bei der Imation Deutschland GMBH in Neuss. Er sieht das HiFD-Laufwerk als Gegenreaktion auf die Entwicklung der LS 120-Technologie. "Da wir versuchen einen Standard zu etablieren", so DeBoer weiter, "sieht die Konkurrenz natürlich nicht tatenlos zu." Die Zip-Laufwerke sind für ihn nicht mehr als eine Modeerscheinung. "Der Kunde will ein preisgünstiges Wechselmedium. Es muß so billig sein, daß man es auch verschenken kann." Eine Zip-Diskette sei mit einem Preis um die 25 Mark dafür einfach zu teuer. Demgegenüber steht ein Straßenpreis für LS-120-Medien von deutlich unter 20 Mark. Das ist zwar auch noch nicht als besonders günstig zu bezeichnen, bei weiter steigenden Verkaufszahlen gehen die Hersteller aber von deutlich niedrigeren Preisen aus. Technisch gesehen, so der Imation-Manager weiter, hätte sich das LS-120 bereits ausreichend bewährt. Auch habe man ein 12,7-Millimeter-Laufwerk schon in Notebooks von Mitsubishi und Panasonic eingebaut. Schwierigkeiten gäbe es aber noch bei der Kalkulation der Preise. "Die Produktionskosten sind momentan einfach noch zu hoch, um mit den Preisen für herkömmliche Diskettenlaufwerke mithalten zu können", gesteht DeBoer ein.

Kooperationen sollen den Erfolg bringen

Einig sind sich alle Hersteller darüber, daß der Ausbau von Marktanteilen nur durch Kooperation mit OEM-Partnern wie PC-Herstellern oder Software-Anbietern zu erreichen ist. Nur darauf zu hoffen, daß Händler wie Distributoren die Produkte ordern und nachträglich in die PCs einbauen, wird sicherlich nicht die gewünschten Stückzahlen erbringen. Mit gezielten Marketingaktionen soll nun die Akzeptanz der Superdisk-Technik bei Händlern und Konsumenten gesteigert werden. So wurden beispielsweise alle Desktop-PCs von Vobis im März standardmäßig mit Superdisk-Laufwerken ausgerüstet. Laut DeBoer ist Imation außerdem in Verhandlung mit Hewlett-Packard und Siemens-Nixdorf. Auch diese OEM-Partner sollen für den serienmäßigen Einbau des LS-120 in einigen Modellreihen ihrer PCs gewonnen werden. Iomega konnte auf diesem Gebiet bisher nur in den USA einen größeren Erfolg verbuchen. Dort baut Compaq das interne Zip-Laufwerk bereits in alle Desktop-Modelle der "Presario"-Reihe ein. Nicht so jedoch in Deutschland. Dort ist auf Wunsch lediglich ein LS-120-Laufwerk zu bekommen. Das HiFD-Konsortium schweigt sich zum Thema Vertragsabschluß mit OEMs oder Systemintegratoren sowie Unterstützung durch das Bios der Rechner derzeit noch aus.

Sony glaubt eine gewisse "Unsicherheit" der OEMs betreffend Superdisk wahrgenommen zu haben und sieht darin die Chance für HiFD, den Markt von hinten aufzurollen. Um so erstaunlicher die Aussage von Schütte: "Wir raten dem Händler abzuwarten, welches Medium sich durchsetzen wird." Auch von der Teac Deutschland GmbH in Wiesbaden erhielt ComputerPartner eine ähnliche Aussage: "Für den Händler ist es schwierig", räumt Michael Schweigart, Sales Manager bei Teac ein.

Wo bleibt Misumi?

Bleibt noch die Frage offen, welche Ambitionen Mitsumi in diesem Markt zeigen will. Der Marktführer bei CD-ROM-Laufwerken stellte bereits zur CeBIT 1997 einen Prototypen des sogenannten UHC (Ultra High Capacity) Floppy-Laufwerkes vor, das mit einer Kapazität von 130 MB aufwarten sollte. Seitdem herrscht allerdings Funkstille. "Das UHC-Projekt ist auf Eis gelegt", war von der deutschen Mitsumi-Depandance in Neuss zu erfahren. "Wir haben das Laufwerk fertig in der Schublade, geben ihm aber aufgrund der Preisstruktur für günstige Wechselmedien im Markt keine reelle Chance," so die Stellungnahme gegenüber ComputerPartner. Der CD-ROM-Spezialist will sich vielmehr auf den Bereich der Rewriteable-Produkte konzentrieren. Derzeit sei man dabei, mit den wichtigsten Bios-Herstellern Verträge zu vereinbaren, damit auch diese Laufwerke Bootfähigkeit erlangen.

Fazit

Es bleibt spannend. Momentan stehen die Chancen für Iomega so gut, wie nie. Alle wichtigen Voraussetzungen, wie Bootfähigkeit, Bios-Unterstützung und ein geringer Formfaktor, damit die Laufwerke auch in Notebooks untergebracht werden können, sind gegeben. Trotzdem ist es eher unwahrscheinlich, daß ein über 20 Mark teures Speichermedium den Durchbruch im Massenmarkt erreichen wird und damit die Nachfolge der herkömmlichen Floppy antritt. Die Superdisk-Fraktion wird bis zum endgültigen Marktstart der HiFD-Konkurrenz sicherlich weitere Zuwachsraten verbuchen können. Nicht zuletzt deshalb, weil die zu erwartenden Vertragsabschlüsse mit einigen PC-Herstellern sie in eine strategisch günstige Ausgangsposition hieven. Ob das HiFD-Konsortium Sony, Fuji, Teac und Alps mit ihrem späten Start dennoch schaffen, ein Massenmedium am Markt zu etablieren, bleibt allerdings fraglich, zumal man davon ausgehen kann, das auch beispielsweise Mitsumi mit aller Macht versuchen wird, den konkurrierenden Rewriteable-Markt für sich zu gewinnen. Für ein zusätzliches Medium würde damit kaum noch Luft bleiben. (akl/cm)

Geradezu euphorisch zeigen sich die Analysten des Marktforschungsinstituts IDC: Sie prognostizieren für die Superdisk eine Zunahme der Absatzzahlen von 15 Millionen Laufwerken in 1998 auf 26 Millionen Stück bis zur Jahrtausendwende.

Sony-Manager Schütte: "Wir kommen spät, aber nicht zu spät."

Der Absatz von Wechselspeicher-Laufwerken nimmt pro Quartal europaweit um 50.000 Einheiten zu.

Sony bringt zum dritten Quartal das neue HiFD-Floppy Laufwerk mit 200 MB Kapazität auf den Markt.

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