Sparkonto und Sparplan: nur noch gut für einen Notgroschen

16.11.2000
Die Sparquote der Deutschen ist im Sommer dieses Jahres auf einem neuen Tiefpunkt angekommen. Nur noch 9,2 Prozent ihres verfügbaren Einkommens legten die Bundesbürger im zweiten Quartal dieses Jahres auf die hohe Kante. Das Sparbuch lohnt sich nicht mehr. Sparbriefe und Sparpläne treten an seine Stelle, bringen aber auch nur bescheidene Zinsen.

Sparer, Geld- und Kapitalanleger sehen sich bei ihren Überlegungen immer wieder mit dem magischen Dreieck Sicherheit, Liquidität und Rendite konfrontiert. Wenn heute trotz der äußerst mäßigen Zinsen für ein Sparkonto mit gesetzlicher Kündigungsfrist fast jeder Deutsche trotzdem noch ein oder mehrere Sparbücher besitzt, zeugt das nicht nur von einem gewissen Trägheitsmoment. Wenn auch clevere und aufgeweckte Menschen immer noch viel Geld auf Sparkonten liegen haben, heißt das nicht unbedingt, dass sie die Rendite ganz hinten anstellen oder dass sie jedes Risiko meiden wollen und jederzeit an ihr Geld kommen möchten. Es bedeutet auch, dass unter diesen Sparern Selbstständige, Freiberufler und Führungskräfte sind, die vor lauter Geldverdienen nicht zum Geldanlegen kommen. Ein Arbeitstag von 12 oder 14 Stunden ist für Manager die Regel, nicht die Ausnahme. Wer dann erschöpft nach Hause kommt, will oft nur noch seine Ruhe haben. Sicher, es gibt Electronic Banking rund um die Uhr. Aber wer kümmert sich schon mitten in der Nacht um die besten Geldanlagen?

Nach wie vor werden Spareinlagen, so ungeeignet sie dafür sein mögen, auch für die finanzielle Vorsorge im Alter genutzt. Das wird daran deutlich, dass die Gelder auf vielen Konten über Jahre und Jahrzehnte stehen bleiben und jeweils nach zwölf Monaten die Minizinsen nachgetragen werden. Der Durchschnittszins für das normale Sparbuch, bei dem bei Bedarf pro Monat 3.000 Mark sofort ausgezahlt werden, während sonst drei Monate Kündigungsfrist gelten, liegt nach Angaben der Deutschen Bundesbank in diesem Herbst bei durchschnittlich 1,26 Prozent. Wer Pech hat, bekommt sogar nur ein Prozent, wer Glück hat zwei. Das ist die Streubreite beim Sparzins. Noch im Kommentar zum Kreditwesen heißt es: "Spareinlagen zeichnen sich durch eine unverhältnismäßig hohe Stabilität aus, die sie für langfristige Ausleihungen geeignet macht. Es wäre deshalb gerechtfertigt, für Spargeld einen Vorzugszins zu zahlen." Davon ist die Kreditwirtschaft heute meilenweit entfernt. Es wird eher ein Nachteilszins gewährt. Wer größere Summen zur Bank oder Sparkasse bringt, kann das kleine Zubrot etwas aufbessern. Aber es bleibt trotzdem ein mühsames Geschäft. Für Summen zwischen 10.000 und 20.000 Mark weist die Bundesbank einen Durchschnittszins von 2,89 Prozent und für Beträge bis zu 50.000 Mark einen Satz von 3,10 Prozent aus. Die höheren Werte werden erzielt, indem der Grundzins erhöht wird oder es für größere Summen einen besonderen Bonus gibt.

Verzinsung steigt stufenweise

Für Spareinlagen kann eine längere Kündigungsfrist als die gesetzlich vorgeschriebene vereinbart werden. Es muss sich um mindes-tens sechs Monate handeln. Dann steigt die Verzinsung stufenweise, überschreitet allerdings derzeit selbst bei einer Vertragsdauer von vier Jahren nicht die fünf Prozent.

Wer an diese mit einer vereinbarten Kündigungsfrist angelegten Spargelder vorzeitig heran will, muss Vorschusszinsen zahlen. Dieser Strafzins muss den vereinbarten Sparzins um mindestens ein Viertel übersteigen. Wer also vier Prozent Guthabenzins bekäme, müsste fünf Prozent Vorschusszins zahlen.

Wie sehr die Kreditwirtschaft das Spargeld als einmalig günstige Basis für die Refinanzierung des Kreditgeschäftes betrachtet, zeigt die anhaltende Werbung für das Sparkonto. Die Anziehungskraft dieses Geldes wird aber auch daran deutlich, dass immer mehr Wettbewerber auf das Spargeld der Deutschen scharf sind. An erster Stelle stehen hier die Autobanken. Die VW-Bank und die BMW-Bank nehmen Einlagen an und bieten so genannte Ansparpläne für ein Auto oder andere Zwecke an. Neuerdings hat zu diesem Zweck auch Daimler Chrysler eine eigene Bank gegründet. Die Kreditkartengesellschaften, insbesondere American Express und die Visa-Bank mischen in diesem Geschäft ebenfalls mit. Und auch die Direktbanken lieben die niedrig verzinsten Einlagen.

Viele Sparer sind aber inzwischen wohl doch bei ein bis zwei Prozent Zinsen auf dem normalen Sparbuch stutzig geworden. Zwar liegen immer noch mehr als 400 Milliarden Mark auf diesen Konten. Aber im Sommer dieses Jahres hat der Anteil der so genannten Sondersparformen bereits 58 Prozent vom gesamten Spargeld mit Ausnahme der Sparbriefe erreicht. Die angebotene Palette dieser Sparformen ist vielfältig. Sie heißen je nach Bankengruppe oder Institut "Plus-Sparen", "Bonus-Sparen", "Festzins-Sparen" und "Extra-Sparen". Der Kunde erhält die höheren Zinsen in Abhängigkeit von der Anlagedauer und meist auch vom angelegten Betrag. 5.000 Mark sollte man für einen solchen Sparplan schon mitbringen. Und dann heißt es, gut aufzupassen, dass man keine Mogelpackung angeboten bekommt. Die Sparpläne sind komplizierte Produkte und nur schwer durchschaubar. Da gibt es feste und variable Grundzinsen, da wird der Bonus einmal auf die Sparraten, das andere Mal nur auf die Zinsen gezahlt, und da werden mit Vorliebe Wertzuwachs und Rendite verwechselt. Für den Anleger, der die Zinsen wegen Überschreitung der Zinsfreibeträge voll versteuern muss, ist lediglich die Rendite nach Steuern von Interesse. Nach der sollte man fragen, denn dann kommen trotz hoher Boni meist nur Nachsteuer-Renditen von drei bis vier Prozent zustande. Ein Beispiel für die nötigen Rechenkünste bietet der Sparplan einer Großbank. Die Grundverzinsung, die freilich variabel ist und steigen oder auch fallen kann, beträgt 2,5 Prozent. Zusätzlich wird am Ende der langen Laufzeit von 15 Jahren ein Bonus von 15 Prozent auf die eingezahlten Sparraten gewährt. Diesen Bonus kann sich also der Sparer in Relation zu seinen monatlichen Einzahlungen genau ausrechnen. Wenn es bei dem unveränderten Grundzins bleiben würde, kämen einschließlich des Bonus bei Vertragsende aber nur vier Prozent Rendite heraus. Nach Steuern schrumpft die Effektivverzinsung bei einer höheren Steuerquote auf 2,6 Prozent. Eine solche Rendite kann man auf jeden Fall auf andere Weise wesentlich einfacher erzielen.

Konkurrenz zu Bundesschatzbriefen

Da sind Sparbriefe das ehrlichere Geschäft. Derartige Papiere im Wert von 210 Milliarden Mark besaßen die Bundesbürger und ein paar Sparer aus dem Ausland im August dieses Jahres. Die Laufzeiten dieser Papiere liegen - je nach dem individuellen Wunsch des Anlegers - zwischen ein und zehn Jahren. Bei den längeren Fristen wird das Angebot deutlich dünner, weil diese Sparbriefe der Kreditwirtschaft mit den Bundesschatzbriefen des Finanzminis- teriums konkurrieren müssen. Auch der Preis für den Einstieg ist meist niedrig - 500 bis 1.000 Mark Mindestanlage. Einige Institute - und zwar gerade solche, die besonders gute Zinsen zahlen - verlangen allerdings eine Mindestsumme von 10.000 Mark. Die Zinsspannen für kürzere und längere Laufzeiten liegen bei den Sparbriefen gegenwärtig gar nicht so weit auseinander. Die Verzinsung beginnt mit mindestens 3,5 Prozent für ein Jahr Laufzeit und endet bei sechs Prozent für ein Jahrzehnt. (pw)

Spareinlage

Sicherheit groß Geschrieben

Das Wort Rendite wird bei Spareinlagen klein geschrieben, das Wort Sicherheit dagegen groß. Dafür sorgen der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken und ähnliche Fonds bei den Sparkassen und Volksbanken. Der Fonds des Bundesverbandes schützt die Einlagen und die aufgelaufenen Zinsen jedes einzelnen Kunden bis zu einer Höhe von 30 Prozent des maßgeblichen Eigenkapitals einer Bank. Das heißt, dass selbst Kunden kleinerer Institute mit nur zehn Millionen Mark Mindesteigenkapital im Fall einer Pleite auf der sicheren Seite sind. Ersparnisse bis zu drei Millionen Mark pro Einleger wären in diesem Fall geschützt. In der Regel ist aber der gesicherte Betrag wesentlich höher. Die meisten Banken weisen ein Eigenkapital von mehr als 100 Millionen Mark aus. Diese Sicherungseinrichtung ist in Europa vorbildlich. (pw)

Private Altersvorsorge

Eine Serie für Anleger

Die Perspektiven der gesetzlichen Rentenversicherung sind miserabel. Immer weniger junge Menschen müssen für immer mehr ältere Menschen sorgen. Eine drastische Kürzung der Leis-tungen oder eine Explosion der Beiträge sind unvermeidbar. Deshalb will Bundesarbeitsminis-ter Riester die Deutschen zur stärkeren privaten Vorsorge für Alter und Familie zwingen. Wer selbstständig ist, zu den Führungskräften gehört oder einfach nur ein wenig mehr verdient als andere, muss mit einer besonders großen Versorgungslücke im Ruhestand rechnen. Der jetzige Lebensstandard kann in Zukunft nur gehalten werden, wenn die geringen Ansprüche an die gesetzliche Rentenversicherung durch eigene Vorsorge-Aktivitäten ausgeglichen werden. In unserer Serie wollen wir die diversen Möglichkeiten zur Geld- und Kapitalanlage mit ihren Vor- und Nachteilen vorstellen. (pw)

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