Speicherexperten trafen sich auf der Eurostorage 99 in Berlin

20.05.1999

BERLIN: Als erste europäische Informations- und Diskussionsplattform für High-End-Speicherlösungen, wollen die Veranstalter die Eurostorage 99 verstanden wissen, die vom 18. bis 20 April in Berlin stattfand. Über die Marktentwicklung herrschte weitgehende Einigkeit: Neue Speicherarchitekturen zur Bewältigung der Datenflut sind unerläßlich.Wenn es um Trends und Entwicklungen im Bereich hochwertiger Speicherlösungen ging, wurden die Weichen dafür bisher fast ausschließlich in den USA gestellt. Amerikanische Konferenzen lieferten Aussagen zum amerikanischen Markt von amerikanischen Unternehmen an amerikanische Kunden. Eine Tatsache, die den Sinn und Zweck dieser Veranstaltungen für europäische Anwender zwar nicht gänzlich in Frage stellt, deren Effizienz allerdings häufig spürbar reduziert.

Daß es auch anders und für europäische Großkunden vor allen Dingen effektiver geht, will der amerikanische Speicheranbieter Storagetek in Kooperation mit Hewlett-Packard, Veritas, Siemens und Legato mit der neu ins Leben gerufenen Eurostorage beweisen. Ein Versuch, der neben zehn weiteren renommierten Anbietern aus der Speicherbranche etwa 600 Fachbesucher für drei Tage in das Berliner Intercontinental Hotel lockte.

Im Rahmen einer überschaubaren Produktausstellung - begleitet von Fachvorträgen - hatten Händler und Anwender die Möglichkeit, sich über neue Speichertrends zu informieren und deren praktische Umsetzung zu diskutieren. Die Agenda der Veranstaltung, erstellt unter tatkräftiger Mitarbeit europäischer Storagetek-Kunden, beinhaltete Themen wie die Erstellung effizienter Speicherstrategien, neueste Entwicklungen in den Bereichen Datasharing, Datawarehousing oder Storage-Networking.

Kollaps ist absehbar

Unter Experten ist es unumstritten, daß die Bedeutung von elektronischen Informationen zunimmt. Vermehrt werden nicht mehr Sachgüter, sondern gespeicherte Daten als der wahre Reichtum eines Unternehmens erkannt. Parallel zum Bedarf an immer größeren Datenspeichern wächst bei Anwendern die Erkenntnis, daß zukünftige Speicherlösungen auch kontrollierbar sein müssen. Das gilt sowohl hinsichtlich deren Skalierbarkeit als auch für die softwaregesteuerte Verwaltung der Daten.

Ein erschreckendes Bild zeichnete Randy Chalfant, Direktor und technischer Assistent des Storagetek-Obersten, anläßlich seiner Eröffnungsrede. Er prognostizierte, daß die Industrie demnächst an einen Wendepunkt angelangt: "Wichtig ist nicht mehr der Mitarbeiter, sondern die Daten." Bei weiterhin zunehmender Geschäftsdynamik erwartet er eine Konsolidierung im Bereich der Speichertechnologien. Die Folgen sind laut Chalfant absehbar. "Nicht nur die Speicherinhalte, auch die Preise werden kollabieren", lautet seine Vorhersage.

Die Notwendigkeit von einschneidenden Rationalisierungen, was heißt, den Unternehmen steht neben weniger Investitionskapital auch weniger Personal zur Verfügung, führt seines Erachtens dazu, daß die Auswahl der zum Einsatz kommenden Speicherarchitektur, künftig von strategischer Bedeutung ist. Offene Speicherarchitekturen wie Storage Area Networking (SAN), Network Attached Storage (NAS) und weitere Schlagworte wie Datasharing oder Datawarehousing werden bei der Implementierung moderner Speicherlösungen nach Chalfants Worten eine Schlüsselrolle spielen. Eine Einschätzung, die von Marktbeobachtern geteilt wird. "Der Trend innerhalb der Speicherindustrie geht hin zum Einsatz von schnellen und zuverlässigen SAN-Lösungen", bestätigt Sean Derrington, Chef-Analyst der Meta Group. Zwar haben nach seiner Einschätzung viele IT-Organisationen die Vorteile von SAN-Lösungen erkannt, es fehlen häufig allerdings noch das notwendige Zutrauen und der Antrieb, um die Vielzahl der mittlerweile verfügbaren SAN-Komponenten in den eigenen Systemumgebungen auch einzusetzen.

Welten wachsen zusammen

Die Ursachen für die eskalierende Datenflut sind vielfältig und beschränken sich nicht auf neue, speicherintensive wissenschaftliche und medizinische Anwendungen oder die Einführung elektronischen Dokumentenmanagements. Einen wesentlichen Einfluß auf das Datenaufkommen wird nach Ansicht der Experten zukünftig das Zusammenwachsen der Informations- und Kommunikationstechnik haben.

"Immer bessere Kommunikationswege produzieren immer mehr Informationen", bringt es Helmuth Beck, Vice President Computer Systems bei Siemens, in seinem Gastvortrag auf den Punkt. Schlagworte wie "multimediale Datendienste" oder "digitale Speicherung von Videos" sind nur einige Beispiele, bei denen zukünftig extrem hohe Datenkapazitäten bewegt und gespeichert werden müssen. Beck betrachtet die steigenden Anforderungen im Hinblick auf wachsende Datenmengen, schnelleren Datenzugriff und höhere Datensicherheit nicht nur für das eigene Unternehmen als Herausforderung. "Neuartige Anwendungsbereiche werden Unternehmen auch zusätzliche Nutzenpotentiale bieten und neue Geschäftsfelder eröffnen", zeigt sich Beck zuversichtlich.

Der Anspruch ist hoch

"Europa ist nun einmal der größte Markt der Welt", will Alain Andreoli, European Vice President bei Storagetek wissen, und läßt erahnen, daß das Engagement der Eurostorage-Initiatoren nicht ganz uneigennützig ist. Der Anspruch der Veranstalter ist hoch: "Die Eurostorage ist einzigartig und wird sich als führende Veranstaltung der europäischen Speicherindustrie etablieren", verkündet der Storagetek-Verantwortliche vollmundig.

Ob das zugrundeliegende Konzept, daß die Anbieter von Speicherlösungen selbst als Kongreß-Veranstalter fungieren, vom Fachpublikum allerdings auf Dauer akzeptiert wird, muß sich in den nächsten Jahren erst noch erweisen. Für die Initiatoren gilt es, kontinuierlich die Objektivität in der Darstellung der behandelten Themen sicherzustellen, um nachzuweisen, daß der Anspruch der Veranstaltung über den einer Roadshow hinausgeht.

Professionell organisiert kann die diesjährige Generalprobe trotz kleinerer Defizite - was die Struktur und Durchführung der Fachvorträge betrifft - nach dem Urteil der Mehrheit der Teilnehmer wohl als gelungen bezeichnet werden. Inwieweit diese Einschätzung repräsentativ ist, bleibt allerdings offen. Zumindest bei der Premiere konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sich der Großteil der Besucher aus geladenen Gästen rekrutierte. Aussagekräftiger wäre da sicher die Meinung jener Teilnehmer, die die Kongreßgebühr von 2.300 Mark aus eigener Tasche entrichten mußten. (sd)

Fokussierung statt Globalisierung. Entgegen diesem Markttrend soll die Eurostorage gezielt die Informationsbedürfnisse europäischer Kunden befriedigen.

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