Speichertrends

23.09.1999

MÜNCHEN: Die Preisspirale dreht sich unaufhörlich nach oben. Der HEK von morgens hat am Abend bereits keine Gültigkeit mehr. Der Fachhandel muß sich darauf einstellen, daß sich der Speichermarkt in den nächsten Wochen nicht stabilisiert.Beim Thema Speicher treibt es vielen Fachhändlern die Zornesröte ins Gesicht. Ende Juni kostete beispielsweise ein PC100-SDRAM-Modul mit 64 MB rund 80 Mark. In der KW 37 müssen Wiederverkäufer für denselben Baustein fast dreimal soviel bezahlen. "Da verdient sich doch jemand eine goldene Nase", schimpft Stefan Bürgstein vom ISB Informatikbüro gegenüber ComputerPartner.

Über Monate hinweg konnten die Hersteller nichts an ihren Produkten verdienen. "Die Halbjahresbilanz war verheerend", weiß Jochen Fuchs, Manager Sales and Marketing bei S&S. "Daraufhin hat man den Ausstoß deutlich gesenkt, um so fixe Kosten einzusparen und über die geringere Verfügbarkeit die Preise zu erhöhen. Einzelne Hersteller machten regelrecht "Ferien" und stoppten den Ausstoß gleich für ein oder zwei Wochen."

Zudem sollen Probleme mit der Infrastruktur die Produktion stark beeinträchtigt haben. "Vor sieben Wochen trug sich ein Stromausfall in Taiwan zu, die Auswirkungen sind in Form von knapper Verfügbarkeit und dadurch hoher Preise zu spüren", sagt Fuchs. "Anfang September gab es einen erneuten Stromausfall, allerdings von geringerem Ausmaß als der von Ende Juli. Wir werden sehen, ob sich in sechs Wochen eine weitere Konsequenz daraus ergibt. Problem daran ist, daß nicht nur die Wafer ruiniert sind, sondern auch und vor allem der Reinraum wieder zu einem solchen gemacht werden muß."

OEMs wie IBM, Compaq und Dell sollen stattliche Bestellungen bei den DRAM-Herstellern plaziert haben. "Alles andere als eine weitere Verknappung wäre eine Überraschung", klagt Fuchs. Es steht sogar das Gerücht im Raum, daß ein großer OEM die gesamte Micron-Produktion bis Jahresende aufgekauft habe.

Hersteller liefern nur dosierte Mengen aus

Laut Marcus Danner, Absatzmanager von Computer 2000, bedienen die Hersteller den Markt mit wohldosierten Mengen. "Es ist durchaus Ware vorhanden, doch die Hersteller geben sie nicht her. Was wir am Vormittag bestellen, ist am Nachmittag verkauft, und was am Nachmittag bestellt wird, ist spätestens am nächsten Morgen abgesetzt. Einzige Bedingung: Wir und unsere Kunden müssen den geforderten Preis bezahlen."

Marktbeobachter gehen davon aus, daß die DRAM-Preise aller Voraussicht nach kurzfristig, spätestens aber bis Ende September die 17-US-Dollar-Marke erreichen werden.

Auf den Absatz hat diese Entwicklung keinen Einfluß. "Der Markt reagiert in keinster Weise negativ auf die horrenden Preissteigerungen, die Nachfrage ist ungebrochen", erklärt Fuchs. Für die Hersteller natürlich erst recht kein Grund, an dieser Situation etwas zu ändern. Bei S&S geht man indes davon aus, daß ein sehr gutes Jahresendgeschäft die Preise sogar noch mal in die Höhe treiben könnte.

"Einige Kunden wollten schlau sein und haben abgewartet, in der Hoffnung, daß sich die Lage wieder entspannt", sagt Danner. "Statt dessen müssen sie jetzt noch viel mehr bezahlen." Danner ist über die gegenwärtige Situation aber nicht unglücklich. "Wir müssen die Module nicht mehr verschenken. Alle Beteiligten können jetzt wieder etwas Geld verdienen."

Laut Fuchs ist kurzfristig weder mit einer Konsolidierung noch etwa mit einer Entspannung der Marktlage zu rechnen. Danner sieht es ähnlich: "In den nächsten Wochen werden die Preise wohl noch weiter nach oben tendieren. Bis Jahresende rechne ich allerdings schon mit einer Entspannung."

Nachdem die Speicherpreise lange auf einem niedrigen Niveau gehandelt wurden, fällt es Handel und Endkunden schwer, der Konsolidierung des Marktes etwas Positives abzugewinnen. Der Zeitraum könnte jedenfalls nicht geschickter gewählt sein. Das Jahresendgeschäft zwingt alle Beteiligten dazu, die hohen Preise zu akzeptieren. Wer sich rechtzeitig mit Ware eingedeckt hat, kann sich jetzt tatsächlich eine goldene Nase verdienen. (kfr)

"Originalmodule sind bis ins vierte Quartal hinein voraussichtlich nicht erhältlich", sagt S&S-Manager Fuchs

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