"Spiele sind nicht unter größerem Margendruck als der IT-Markt"

25.04.2002
Ab 1. Mai 2002 wird sich Ingram Micro als Spieledistributor versuchen. Bis zum Weihnachtsgeschäft soll die neue GmbH in Würzburg komplett aufgestellt sein.

Um den Wachstumsmarkt "Spiele" zu erobern, wird es ab 1. Mai die Ingram Micro Games GmbH (IMG) geben. Sitz des Spiele-Distis ist Würzburg, und der Geschäftsführer wird Theo Kranz heißen. Genau der richtige Mann für das Vorhaben des IT-Broadliners, wie Michael Kaack, Geschäftsführer der Ingram Micro Holding, meint. Theo Kranz ist ein alter Hase im Spielemarkt. Jahrelang hat er in Würzburg selbst einen Spielegroßhandel betrieben. "Er weiß, wie dieser Markt tickt", so Kaack.

In Würzburg werden Einkauf, Vertrieb und Marketing von IMG angesiedelt. Alle Backoffice-Dienstleistungen laufen über die Zentrale von Ingram Micro, und die Auslieferung erfolgt über das Logistikzentrum Straubing. "Im Moment sind wir noch dabei, alle Artikel einzugeben", erklärt der frischgebackene IMG-Chef Kranz. Spätes-tens zum Weihnachtsgeschäft will der Spieleableger des Kaack-Unternehmens "mehrere tausend Kunden" haben. Außerdem sollen spätestens zu diesem Zeitpunkt die Internet-Tools stehen.

Der neue Disti-Spross hat so ziemlich alles im Programm, was irgendwie mit Spielen zusammenhängt. Neben Video- und Computerspielen finden sich auch die Namen aller Konsolen auf der Herstellerliste von IMG. Außerdem wird IMG DVD-Filme und -Zubehör für Electronic Entertainment vertreiben.

"Wir wollen die Marktführerschaft, und das dürften wir in zwei bis drei Jahren geschafft haben", verkündet Kranz-Chef Kaack. Für ihn ist die Spieleszene ein Wachstumsmarkt, den der Broadliner zwar noch nicht kennt, in dem seiner Meinung nach aber ein großes Potenzial steckt. "Wir sind im Moment dabei, viel versprechende Märkte zu finden", erklärt Kaack. "In Deutschland sind wir um 20 bis 30 Prozent größer als der nächste Mitbewerber, aber auch wir müssen unsere Kosten reduzieren. Und Wachstum ist der wichtigste Faktor für eine Kostenreduzierung."

Der Mitbewerb nimmt es gelassen

Ingram Micro tritt damit gegen alteingesessene Spiele-Distis wie Vit-rex, NBG oder Flashpoint an. Dort hat man den Einstieg Ingrams zwar wahrgenommen, Panik breitet sich aber deswegen noch lange nicht aus. Der Markt sei eigentlich ja schon verteilt, heißt es aus den Reihen der Mitbewerber. Und die Gefahr, dass bestehende Kunden zu Ingram Micro wechseln könnten, sieht man dort eigentlich nicht. "Wenn unsere Kunden mit uns zufrieden sind, warum sollten sie dann wechseln?", fragt Jens Hildebrandt, Vertriebsleiter bei Vit-rex.

IMG-Chef Kranz ist guten Mutes. Er will "eine neue Qualität" in den Spielebereich bringen, unter anderem durch Marketingunterstützung. Wie die allerdings genau aussehen soll, weiß er noch nicht. Man sei ja noch ganz am Anfang. Aber: "Wir werden unseren Kunden beim Einschätzen der Games helfen." Es gebe so viele Spiele, und alles ändere sich so schnell, dass es sehr schwierig sei, die Spreu vom Weizen zu trennen. Zu diesem Zweck plant Kranz einen täglichen Infoservice über neue Spiele für die Kunden. "Das ist nichts Neues. Wir betreuen unsere Kunden ja auch. Info-Services haben wir schon lange", winkt Hildebrandt ab. Das Einzige, was die Kunden laut Meinung der Konkurrenz dazu bewegen könnte zu wechseln, ist, wäre, dass IMG den Kampf über die Preisschiene führt. Die Margen seien nicht besonders gut.

Ingram-Micro-Chef Kaack sieht allerdings genau hier kein Problem. "Der Spielemarkt ist nicht unter stärkerem Margendruck als der IT-Markt, und gerade bei den Konsolen sind noch gute Margen drin", so Kaack. Neben der Konkurrenz im Spielebereich sind Ingram Micros Schritte auch von Mitbewerber Tech Data bemerkt worden. Der stieg ja schon im vergangenen Jahr in den DVD-Vertrieb ein und beobachtet die Aktivitäten von Ingram Micro aufmerksam. "Ich möchte nicht ausschließen, dass wir uns auf mittlere Sicht mit diesem Thema beschäftigen", verriet Tech-Data-Chef Martin Furuseth im Gespräch mit ComputerPartner.

Michael Kaack ist indessen schon auf der Suche nach weiteren Wachstumsfeldern. "Es gibt auch noch andere Märkte, die interessant sind, zum Beispiel der Telco- und der Consumer-Markt. Was als Nächstes kommt, kann man nicht wissen", erklärt er und nennt ein Beispiel: Die zurzeit stärkste Produktgruppe seien Kameras, und die habe man vor vier Jahren noch gar nicht verkauft.

www.ingram-macrotron.de

www.vitrex.de

www.flashpoint.de

ComputerPartner-Meinung:

Ingram Micro fischt in unbekannten Gewässern. Theo Kranz ist zwar ein alter Hase im Spielegeschäft, muss sich aber dafür erst in die Gepflogenheiten der Broadline-Distribution einfinden. Was IMG zugute kommen könnte, ist die weltweite, relativ gut funktionierende Infrastruktur der Muttergesellschaft. (gn)

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