Spötterdämmerung

04.04.2002
Eine Stilblüte im zweiten Branchenfrühling

So regelmäßig wie die Fußballweltmeisterschaft sind auch alle vier Jahre die Aufschwungprognostiker unterwegs, um dem frisch begonnenen Wahlkampf die Hoffnungslosigkeit zu nehmen. Schon der Dicke hat diese Metapher aus der Turnersprache gequält, bis sie einem aus den Ohren heraushing, und nun tritt der noch nicht ganz so Füllige in die gleiche Magengrube. Und man solle das Land nicht schlechter reden, als es ist. Ich sag mal, das Land ist ganz ok so, nur seine Politiker und die Wirtschaft passen nicht hierher. Actebis und Peacock geben die PC-Produktion auf, verscherbeln die Restbestände über Lidl, und der Markt atmet auf. Zwar nicht statistisch, dafür bei den vielen kleinen Assemblierern um die Ecke und den wenigen qualitätsbewussten B-Brands, die nicht über den Preis, sondern über die Zufriedenheit verkaufen.

Mit Ehrenwort und Garantien zu hantieren hat auch ein Hersteller aus dem ehemaligen Lügenzentrum der Republik super drauf. Mit persönlich wirkendem Anschreiben verspricht Diplomschrauber Stresow von den Grey Computern der ehemaligen Pfau- und Targa-Klientel einen Fünfprozentrabatt im April. Dass er dafür Rechnungsbelege sehen will, die bestimmt jeder Händler freigiebig mit seinen Bestellangaben in der Gegend herumzeigt, wird erst einmal verschwiegen. Auch warum ausgerechnet diese Kunden Rabatt bekommen und die bereits vorhandenen oder ganz andere nicht, bleibt geheim, ist ein Geschäftsgebaren der besonderen Art. Nun muss ja keiner die Rechner aus Bonn kaufen, die grundsätzlich ohne Maus, Tastatur und Betriebssystem angeboten werden und dadurch recht günstig erscheinen, aber einen seltsamen Beigeschmack hat die Aktion schon. Mag sein, dass die Nähe zu Köln oder die alte Verbundenheit zu Bonn an regionale Traditionen verknüpft ist, in der Schmiergeldrepublik geht anscheinend nichts mehr ohne.

Wer bietet mir fünf Prozent, wenn ich bei XY nichts mehr kaufe? Sieht so der Handel der Zukunft aus? Müssen wir Händler uns darauf einstellen, dass Konkurrenten mit überzogenen und moralisch bedenklichen Methoden in unserem Kundenstamm wildern? Derzeit scheint die Mehrheit der Gesellschaft noch sensibel genug, um nicht alle Werte den Rhein hinunterlaufen zu lassen, um gegen dicke Eier, dreifache Brüste und durch die Luft geschossene Säuglinge etwas wie Unmut zu empfinden. Intellektuell bewegen wir uns längst dorthin, wo wir als ordentliche Kaufleute nie landen sollten. PISA ist überall.

Mein Fazit: Je mehr Große die Produktion von PCs einstellen, umso besser ist es für die lokalen und regionalen Unternehmen. Zukunft gibt es nur mit dem örtlichen Handel!

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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