SQLX und X-Query spalten die Datenbankgemeinde

22.08.2002
Datenbankhersteller akzeptieren die Seitenbeschreibungssprache Extended Markup Language (XML) als Standard. Wie die Daten am besten gespeichert und abgefragt werden, ist dagegen umstritten. ComputerPartner zeigt, welche Strategien die Anbieter verfolgen.

Mit einem Volumen von 8,8 Milliarden Dollar im Jahr 2001 zählt der Datenbankmarkt nach wie vor zu den attraktivsten der IT-Branche. Kein Wunder, dass der Verdrängungswettbewerb unter den Anbietern brutal tobt: IBM kauft Informix, Microsoft versucht, über niedrige Preise und Produkt-Bundles seinen SQL-Server in den Markt zu drücken. Die Anteile der einst starken Hersteller Sybase und Software AG am Geschäft mit neuen Lizenzen verringern sich, und selbst der Thron des Datenbankkönigs Oracle wackelt.

Native-XML ist eine harte Nuss für SQL-Spezialisten

Mit dem neuen Release 2 der Oracle-Datenbank "9i" könnten die Kalifornier diesen wieder stabilisieren. Erstmals hat das von Larry Ellison, CEO bei Oracle, gegründete Unternehmen eine relationale Datenbank mit XML-Unterstützung auf den Markt gebracht. "Wir unterstützen XML nicht nur, sondern haben es tatsächlich in die relationale Datenbank integriert", betont Kenneth Jacobs, Vice President Product Strategy bei Oracle. Die Kalifornier setzen derzeit auf den SQLX-Standard (siehe Beschreibung auf Seite 35) als Datenbank-Abfragesprache. Das verwundert nicht, denn der Spezialist für relationale Datenbanken ist Gründungsmitglied der SQLX-Group, die den Standard vorantreibt. SQLX definiert die Art und Weise, wie die Datenbanksprache SQL in Verbindung mit XML genutzt werden kann. Oracle engagiert sich aber auch aktiv für den Konkurrenz-Standard X-Query (siehe Beschreibung auf Seite 35) der W3C XML Query Working Group. Einen X-Query-Prototyp hat die Ellison-Company bereits entwickelt.

IBMs DB2 soll SQLX und X-Query unterstützen

Oracles schärfster Wettbewerber IBM hinkt da noch hinterher: "DB2" unterstützt noch keinen der beiden Standards X-Query und SQLX. "Das werden wir aber", betont Wolfgang Müschenborn, Marketing-Manager Data Management Solutions bei IBM Deutschland. Nur wann, das kann er heute noch nicht sagen. Nach heutigem Stand könnten Anwender mit IBM aber alle Arten von Daten (relationale, XML und objektrelationale) speichern und über SQL abfragen.

Die Verwaltung der XML-Daten übernehme der "DB2 XML Extender". Dabei wird entweder das XML-Dokument als Ganzes in einer Spalte (objektrelational) gespeichert, oder das XML-Dokument wird zerlegt und seine Komponenten in entsprechenden (objekt)relationalen Tabellenspalten gespeichert. Eine dritte Speichermöglichkeit besteht laut dem IBM-Manager, wenn "DB2 Datalinks Manager" eingesetzt wird. Dann können XML-Dokumente außerhalb der Datenbank im FileSystem abgelegt, aber über DB2 verwaltet werden. In der Datenbank steht dann ein URL-Link auf das entsprechende XML-Dokument.

Möchte der Anwender über SQL auf native XML-Daten zugreifen, werden Queries und Daten über Wrapper in das entsprechende Format umgesetzt. Ähnlich verhält es sich, wenn XML-Queries auf relationale Daten erfolgen oder über Web-Services auf relationale oder XML-Daten zugegriffen wird. Abfragen per X-Query auf XML-Daten oder per SQL auf (objekt)relationale Daten sollen direkt möglich sein. Im Juli hatte Big Blue das Open Beta für "DB2 V8.1" angekündigt. Mit V8 werde die XML-Integration weiter vorangetrieben. "Eine volle Umsetzung der Strategie wird mit DB2 V8.1 jedoch noch nicht gegeben sein", räumt Müschenborn ein.

Microsofts XML-Strategie liegt noch im Dunkeln

Im niedrigpreisigen Datenbankmarkt auf Windows-basierten Betriebssystemen liefert Microsoft der Ellison-Company einen harten Fight: Mit 39,9 Prozent verwies Bill Gates seinen Kontrahenten Larry Ellison mit 34 Prozent auf die Plätze.

Soll das auch so bleiben, muss der Softwareriese seinen Datenbank-Server "Microsoft SQL" auf Vordermann bringen: Bislang kann die Gates-Company Native-XML nicht abspeichern. Aber hinter geschlossenen Türen arbeitet Microsoft daran. Unter dem Codenamen "Yukon" werkeln die Redmonder an einer entsprechenden Version, die im Jahr 2003 aus dem Dunkel treten soll. Mehr gab die Gates-Company über Yukon nicht preis. Auch nicht, ob SQL-X oder X-Query oder beide Standards unterstützt werden sollen.

Der deutsche Datenbankhersteller Software AG hat dagegen eine klare Antwort auf diese Frage. "Als Abfragesprache nutzt der deutsche Softwarehersteller XQL, ab Dezember dieses Jahres soll zusätzlich X-Query möglich sein. "SQLX ist nicht geplant. Wir sehen SQLX als einen Ansatz, SQL mit XML-Funktionalität anzureichern, der für XML-Anwendungen untauglich ist", erklärt Timm Bohlmann, Product-Marketing-Manager bei der Software AG.

Software AG setzt auf X-Query

Die Darmstädter betonen aber, keinen getrennten Ansatz für relationale und XML-Daten zu verfolgen. "Tamino enthält auch einen Speicher für relationale Daten", stellt Bohlmann heraus. Im Gegensatz zu "Adabas Classic" für postrelationale Daten wird aber die relationale Datenbank "Adabas D" nicht weiterentwickelt: "Dieser Markt ist bereits gefestigt. Adabas D wird aber weiterhin gewartet und auch verfügbar sein", erklärt Bohlmann. SQL-Datenbanken anderer Hersteller könnten an Tamino angebunden werden.

Sybase baut auf integrierten Ansatz

Nach Einschätzung von Sybase werden die Datenstrukturen und relationale Systeme nicht an Bedeutung verlieren. "Wir sehen die Notwendigkeit einer engeren Verknüpfung der erforderlichen Funktionalitäten innerhalb eines Datenbank-Servers. Aus unserer Sicht wird es eine engere Verflechtung relationaler Daten und nichtrelationaler Daten wie XML innerhalb von Business-Transaktionen geben", betont Detlef Neumerkl, Pre-Sales-Manager bei Sybase.

Die Kalifornier bieten dafür zwei Möglichkeiten an. Sybase stellt dazu Datentypen als so genannte Blobs (Binary Large Object) in zwei Ausprägungen zur Verfügung. Eine heißt Image. Dort können Anwender laut Neumerkl in einem Feld einer Tabelle bis zu zwei Gigabyte abspeichern. Die andere Ausprägung lautet Text mit ebenfalls zwei Gigabyte Speicherkapazität pro Feldeintrag, in der sich Zeichensätze wie Ascii speichern lassen.

Das XML-Dokument kann beispielsweise als Rohdokument im Datentyp Text hinterlegt werden. Während dieses Vorgangs wird nach Angaben des Unternehmens mit einer zur Patentierung angemeldeten Technologie das XML-Dokument übersetzt und dann in einem Image abgelegt. Als Zugriffssprache verwendet Sybase derzeit XQL.

Die Kalifornier sind aber sowohl Mitglied in der W3C-Gruppe für X-Query als auch in der informellen Gruppe der ISO-SQL-Standardisierung für SQLX. "Wir betrachten zunächst jedes dieser Gremien als gleichwertig. Für uns ist relevant, wie sich der Markt entwickeln wird", erklärt Neumerkl.

www.ibm.de

www.microsoft.de

www.oracle.de

www.softwareag.de

www.sybase.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Gretchenfrage nach dem geeigneten Standard für XMLDokumente entscheidet bislang jeder Hersteller nach seiner eigenen Interessenlage. Während die Spezialisten für relationale Datenbanken natürlich SQLX favorisieren, setzt der XML-Spezialist Software AG auf X-Query. Alle zusammen halten sich aber eine Hintertür zum jeweiligen anderen Standard offen, da in einer vernetzten Welt der Datenaustausch unter den verschiedenen Lösungen gewährleistet sein muss.

Wer die größten Marktanteile erzielen kann, hängt aber nicht alleine von den Standards ab. Oracle hält zwar technologisch eine Reihe von Trümpfen in der Hand, aber auch beim Skat entscheidet häufig das bessere Beiblatt über Sieg oder Niederlage. Während Microsoft sein Quasi-Monopol bei Windows-Betriebssystemen nutzen kann, um Marktanteile im Datenbankmarkt zu gewinnen, und IBM Soft- und Hardware-Bundles offeriert, hat Larry Ellison mit seiner ERP-Suite 11i kein wirkliches Ass im Ärmel. Und Kunden, die größtenteils XML-Daten speichern und abfragen, sind mit Tamino von der Software AG gut bedient. Wollen die Kalifornier ihren Platz an der Sonne verteidigen, müssen sie neben ausgefeilter Datenbanktechnologie auch eine intelligente Preis- und Vermarktungsstrategie entwickeln. (hei)

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