Die Stadt Wien wird 720 Rechner, die derzeit mit der eigens entwickelten Linux-Variante "Wienux" betrieben werden, zurück auf das Microsoft-Betriebssystem Windows Vista migrieren. Wie bereits im Vorfeld bekannt geworden ist , hat der Wiener Gemeinderat einen entsprechenden Beschluss gefasst. Von den seit 2005 auf Open-Source-Software umgestellten 1.000 Computern bleiben demnach nur mehr 280 PCs auf Linux-Basis über. Das Projekt an sich sieht man im Wiener Rathaus indes nicht als gescheitert an. Wienux werde weiterentwickelt, heißt es aus der zuständigen Magistratsabteilung 14 (MA 14)
Die Entscheidung, die Kindergartenrechner wieder auf Microsoft umzurüsten, ist aufgrund von Problemen der benötigten Software mit dem Linux-System gefallen, erläutert MA 14-Leiter Erwin Gillich. "Notwendig wurde diese Maßnahme, da auf den Geräten unter hohem Zeitdruck eine 'Sprachförderlösung' eingesetzt werden musste, die - zumindest derzeit - nur unter Windows lauffähig ist. Unterstützt wurde diese Entscheidung durch beträchtliche Probleme beim Einsatz von pädagogischer Software unter Wienux", berichtet Gillich. Dabei handelt es sich um Windows-Software-Produkte, die oft unter dem Windows-Emulator Wine gar nicht oder nur instabil betrieben werden konnten, begründet Gillich die Entscheidung zur Investition von 125.000 Euro in Windows-Systeme.
Marie Ringler von den Wiener Grünen sieht in der Remigration einen schweren Rückschlag für Open-Source-Software in Wien. Als Grund für den Rückschritt zum Microsoft-System ortet sie "mangelnden Gestaltungswillen" seitens der mit absoluter Mehrheit regierenden SPÖ. Ringler warnte bei der Sitzung vor dem "möglichen Todesstoß" für die Open-Source- Strategie der Stadt Wien. Bei all dem handle es sich nicht nur um eine Software-Frage, sondern um eine relevante wirtschaftspolitische Agenda. "Viele heimische IKT-Unternehmen arbeiten im Umfeld von Open-Source-Software und diese könnten mit dem Linux-Projekt gefördert werden", so Ringler. Die Linux-Strategie der Stadt sei inkonsequent und vernachlässige die Förderung heimischer Firmen, die Open-Source-Software anbieten. Von den über 8.000 IKT-Unternehmen in der Region stellen über 1.000 selber Open Source-Software her, so die Technologiesprecherin der Wiener Grünen.
Bei der Wahl zwischen Linux und Windows gilt in Wien das Gebot der Freiwilligkeit. Jede Dienststelle kann über den Einsatz von Wienux als Ersatz für die Produkte von Microsoft selbst entscheiden. Diese Strategie sei allerdings gescheitert, meinen Kritiker. Dagegen sieht die Stadtverwaltung keinen Bruch mit der bisherigen Strategie, zumal Wienux weiterhin angeboten werde. Für Ringler ist das freiwillige Angebot jedoch zuwenig. "Man muss aktiv Anreize für einen Umstieg schaffen. Beispielsweise indem die Arbeitsplätze softwaremäßig derart gestaltet werden, dass sich die Arbeitsweise der Mitarbeiter nicht viel ändert. Dafür soll auch Geld in die Hand genommen werden", so Ringler.
Aus der MA 14 heißt es jedenfalls, dass man an der Linux-Entwicklung und -Umstellung festhalten will. "Derzeit wird eine Folgestudie 'Open-Source-Software am Arbeitsplatz im Magistrat Wien II' durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie werden voraussichtlich im Sommer 2008 vorliegen. Sie werden die Basis bilden für die Entscheidung über das weitere Vorgehen in der Frage des Open-Source-Software-Einsatzes am Arbeitsplatz", so Gillich. Bei jenen Windows-Rechnern, die nicht auf Linux umgestellt werden und derzeit unter Windows 2000 laufen, muss jedoch ein Nachfolgesystem angeschafft werden. Hierbei hat man sich für Vista entschieden, wobei ein Downgrade auf XP durchgeführt wird. "Derzeit wird Vista im Magistrat mit Ausnahme des Gesundheitswesens nicht eingesetzt. Der Einsatz von XP berechtigt uns aber trotzdem, jederzeit auf Vista umzusteigen", so Gillich abschließend. (pte/rw)