Aufbau, Installation und Bandbreite

Starlink im Praxistest



Carsten Mickeleit ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Cortado Holding AG mit seinen Unternehmen ThinPrint GmbH, Teamplace GmbH und Cortado Mobile Solutions GmbH. Seit Gründung seines ersten Unternehmens 1990 - der Carano GmbH - ist er am IT-Markt aktiv, seit 1996 insbesondere im Virtualisierungs/Cloud Computing und seit 2001 im Enterprise Mobility Bereich.
Breitband-Internet in der entlegensten Region? Ab sofort? Das von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX betriebene Satellitennetzwerk Starlink will genau das bieten - und liefert schon in der Betaphase gute Ergebnisse.
Die Starlink-Schüssel braucht nicht viel Platz, lässt sich aber auch von Metallgeländern nicht stören.
Die Starlink-Schüssel braucht nicht viel Platz, lässt sich aber auch von Metallgeländern nicht stören.
Foto: Carsten Mickeleit

Wir haben nicht lange überlegt: Als Softwarehersteller von Remote-Office-Lösungen wollten wir prüfen, ob Starlink eine Lösung für unsere Kunden sein könnte. Denn nicht nur Regionen mit schlechtem Glasfaserausbau kann Starlink mit Breitband versorgen, sondern auch Baustellen, Festivals und mehr. Schon jetzt ist angekündigt, dass Starlink auch mobile Anwendungen unterstützt. So könnte die Breitbandanbindung von Schiffen, Zügen und Flugzeugen bald Realität sein. Also haben wir kurzerhand den Betaantrag gestellt, und ein paar Wochen später landete das Space X Paket im Büro.

Aufbau und Installation von Starlink

Wer schon einmal eine Fernsehsatellitenschüssel eingestellt hat, befürchtet auch bei Starlink eine langwierige Einstellung auf den Satelliten und fragt sich, ob er eventuell noch entsprechende Messgeräte haben oder vielleicht das Ganze doch an einen Installateur übergeben sollte.

Das Starlink-Equipment ist so einfach zu installieren wie es aussieht.
Das Starlink-Equipment ist so einfach zu installieren wie es aussieht.
Foto: Carsten Mickeleit

Doch so wie man sich bei der Fahrt mit einem Tesla fragt, wozu man eigentlich einen Führerschein gemacht hat, so gestaltet sich auch die Installation der Starlink-Schüssel relativ einfach: Die Schüssel in den Ständer einklicken, auf einen Platz unter freiem Himmel stellen, alle Kabel verbinden, und schon surrt die Schüssel und stellt sich wie von Geisterhand selbst auf den besten Empfang ein. Tatsächlich ist die Installation von der Aufbaugeschwindigkeit her mit jedem DSL-Router konkurrenzfähig. Jeder beliebige Ort ist so innerhalb von Minuten mit einem Breitband-Internetzugang ausgestattet.

Sollte man den Aufstellort nicht optimal gewählt haben, so wird auch das automatisch erkannt, und der Starlink-Support sendet sofort eine Mail mit einer Beschreibung, wie man die Platzierung optimieren kann. Der auf dem Bild oben gezeigte Aufstellort auf der Terrasse unseres Berliner Headquarters ist aber auch der unserer Messungen. Er zeigt, dass Starlink nicht allzu viel Platz benötigt und sich auch von Metallgeländern nicht stören lässt.

Hervorragende Ergebnisse bei der Breitbandmessung

Jetzt aber zum eigentlichen Punkt: Wie gut ist denn das Starlink-Internet, gerade jetzt in der Betaphase, in der noch recht wenige Satelliten (Stand Juni 2021: 1.800 von ca. 42.000) installiert wurden? Das Ergebnis: Tatsächlich schwankt die Qualität der Verbindung nicht unerheblich - allerdings auf sehr hohem Niveau. Bei unseren Tests warenn es über den Tag verteilt zwischen 73 Mbit/s und 240 Mbit/s - wobei am häufigsten Werte um 150 Mbit/s gemessen wurden. Auch die Upload-Werte sind mit 10 bis 20 Mbit/s durchaus solide.

Für eine Satellitenverbindung sind die Messwerte hervorragend.
Für eine Satellitenverbindung sind die Messwerte hervorragend.
Foto: Carsten Mickeleit

Die Latenz lag regelmäßig zwischen 40 und 50 ms. Das ist zwar nicht vergleichbar mit der Glasfaseranbindung unseres Büros, für eine Satellitenverbindung sind das allerdings hervorragende Ergebnisse. Und man darf nicht vergessen: Der aktuelle Mittelwert für Internetverbindungen in Deutschland liegt bei 15 Mbit/s, also nur bei einem Zehntel der von Starlink gebotenen Bandbreite.

Starlink: nicht nur Schönwetter-Internet?

Doch welchen Einfluss hat das Wetter auf die Satellitenverbindung? Hier hatten wir durchaus eine Schwächung des Signals erwartet - und passend zu unserem Test zog dann auch ein ausgiebiges Regengebiet über unseren Standort. Doch hatte dies keinen messbaren negativen Effekt.

Der Berliner Regen hatte keinen messbaren Effekt auf die Satellitenverbindung.
Der Berliner Regen hatte keinen messbaren Effekt auf die Satellitenverbindung.

Nach diesen technischen Messungen machten wir uns an den Selbsttest. Azure Virtual Desktop, VPN und natürlich das derzeit allgegenwärtige Video-Meeting, sogar das Drucken über Satellit haben wir ausprobiert. Fazit: Alles funktionierte so, wie man es von einer sehr schnellen Internet-Verbindung erwartet. Tatsächlich gab es beim Videocall eine kurze Unterbrechung, wobei wir nicht erfassen konnten, ob dies wirklich an der Verbindung lag. Starlink selbst beschreibt ja, dass diese Abbrüche aktuell noch passieren können.

Sicherlich wird es spannend, ob sich bei dem weiteren Ausbau des Satellitennetzes tatsächlich die ohnehin schon sehr guten Leistungsdaten verbessern.

Starlink - Preis und Konditionen

Seit der Erstveröffentlichung dieses Artikels im Juli 2021 hat sich einiges getan. Damals kostete das Starllink-Paket 499,- Euro zuzüglich 61,- Euro Versand und 99,- Euro Servicegebühr im Monat. Jetzt beträgt der Preis initial 460,- Euro und auch der monatliche Preis wurde abgesenkt. Dabei scheint Starlink auf die regionale Kaufkraft zu reagieren. So liegt der monatliche Preis in Deutschland mittlerweile bei 80,- Euro, während er in Griechenland von 99,- auf 60,- Euro gesenkt wurde. Das wird einige Telekommunikationsanbieter bereits in Aufregung versetzt haben.

In Griechenland kostet Starlink nur noch 60,-- Euro im Monat.
In Griechenland kostet Starlink nur noch 60,-- Euro im Monat.
Foto: Carsten Mickeleit

Bei der Bestellung ist der Aufstellungsort anzugeben. Dieser konnte zu Beginn der Betaphase auch nicht geändert werden. Das stand dem spontanen Aufbau von Starlink an verschiedenen Orten im Wege. Mittlerweile hat sich auch dies geändert: Der Ort lässt sich ändern, und seit einigen Wochen ist auch die mobile Option verfügbar. Für einen Aufschlag auf den monatlichen Preis kann die Starlink-Schüssel jetzt auch ortunabhängig verwendet werden. Space X macht dabei klar, dass feste Nutzer eine höhere Priorität besitzen und so bessere Verbindungsqualität genießen. Dennoch ist das Angebot von den verfügbaren Download- und Uploadraten her für Digital Nomads, die die 100 Euro Monatsgebühr bei dieser Option sicherlich schnell herausholen, unschlagbar.

Für Orte, die keine sinnvolle Adresse haben, kann man den Plus Code verwenden, den Google jedem Ort der Welt zuordnet und der sich einfach auf Google Maps ermitteln lässt. So ist jetzt eine Breitbandanbindung auch auf der einsamsten Insel möglich. Veranstalter können beispielsweise relativ eine Internetanbindung für Festivals und ähnliche Veranstaltungen anbieten. Auch hier gibt es Neuerungen: eine Business-Version der Starlink-Schüssel bietet bis zu 350 Mbps an Bandbreite, und weil auch Kreuzfahrtschiffe zu den Zielkunden gehören, können diese durch die Kombination der Business-Version mit der mobilen Option ausgestattet werden. Zuletzt wurde die Business-Version auch für Privatkunden zur Bestellung und zum Betrieb freigegeben.

Trotz Begeisterung über die Betaversion musste Starlink dann aber nach dem Test doch wieder dem Glasfaseranschluss unseres Büros den Vortritt lassen. Mit der Verwendung des Google Codes schien mir aber Starlink perfekt für mein griechisches Ferienhaus geeignet zu sein. Mit Beginn der Sommerferien war der Transport nach Griechenland per Wohnmobil daher schnell organisiert.

Starlink, europäische Grenzen und Support vom anderen Stern

Doch hier stieß Starlink aktuell im wahrsten Sinne des Wortes an seine Grenzen. Denn Starlink konnte, anders als heute, noch nicht länderübergreifend eingesetzt werden. Dafür zeigte sich der Starlink-Support aber im positiven Sinne wie von einem anderen Stern. Ylenia aus Kalifornien meldete sich quasi direkt nach dem Absetzen meiner Chat-Nachricht am Telefon. Sie drückte ihr Bedauern aus und versprach mir, das Starlink-Kit tatsächlich auf der griechischen Insel abzuholen und den Preis zu erstatten.

Dazu muss man wissen, dass es dort weder sinnvolle Abholadressen noch die typischen Kurierdienste wie DHL gibt. Das war auch für Starlink ein Problem, aber nach 1 bis 2 Tagen Recherche hatte Ylenia das Problem gelöst, schickte das passende RMA-Label mit griechischer Adresse und die Telefonnummer eines Kurierdienstes, der das Paket an DHL liefert. Nun ist die Starlink-Schüssel wieder auf den Weg nach Kalifornien.

Jetzt viele Monate später und nach Freigabe von Griechenland für Starlink, unterstützte Ylenia mich dabei, eine neue Starlink-Schüssel nach Griechenland zu schaffen.
Wichtig: Vielen denken, Starlink würde gar keinen Support anbieten, doch muss man dazu lediglich eine FAQ-Antwort auswählen und am Ende angeben, dass diese Antwort nicht weiterhilft.

Starlink und der Stromverbrauch

Wie schon oben erwähnt, hat die Starlink-Schüssel nichts mit typischen Satellitenschüsseln zu tun. Sie ist eine Einheit die mit Technik vollgestopft ist. Hierzu gehören Antennen und natürlich auch Servomotoren, die immer wieder die Orientierung anpassen. Das schlägt durchaus auf den Stromverbrauch. So muss mit 900 Wh am Tag gerechnet werden. Zum Vergleich: ein kleiner, energiesparender Kühlschrank verbraucht ca. 93kWh im Jahr, die Starlink Schüssel also mehr als das Dreifache. Eine Sache, die durchaus berücksichtigt werden sollte.

Solide Lösung mit viel Potenzial

Starlink ist eine sehr solide Lösung. Einfache Installation, überzeugende Bandbreitenwerte und ein perfekter Support. Man darf gespannt sein, wie sich Starlink weiterentwickelt. Zu wünschen wäre eine Möglichkeit der Verwendung über EU-Grenzen hinweg, das Pausieren der Verträge sowie die Möglichkeit der mobilen Anwendung auf Bussen, Flugzeugen und Schiffen.

Zugegeben: Wenn der Service-Preis von Starlink nicht gesenkt oder vom Bund gefördert wird, dann wird es keine Alternative zu DSL. Das muss es aber auch nicht, denn Starlink ermöglicht einige völlig neue und zur Zeit konkurrenzlose Anwendungsszenarien. Dem Coworking Space in den sprichwörtlichen Pampas steht nichts mehr im Wege. (mb)

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