Alternative zur betriebsbedingten Kündigung?

"Steckt den Mayer doch in den Vertrieb!"

24.07.2009
Warum manche Umstrukturierungen nichts gegen die Krise ausrichten, beschreibt Klaus Kissel.

"Wenn wir unsere Mitarbeiter auf zwei, drei Seminare schicken, dann sind sie im Vertrieb fit." Diesem Irrglauben erliegen viele Unternehmen. Ähnlich agieren Betriebe oft, wenn sie ihre Führungskräfte im Vertrieb zu Coachs ihrer Mitarbeiter qualifizieren möchten. Auch dann denken sie vielfach: Ein Seminarbesuch genügt. Die Praxis zeigt aber: Das ist nicht genug! Denn das Coachen der Mitarbeiter ist ein ähnlich komplexer Prozess wie der Verkauf von Investitionsgütern und Industriedienstleistungen.

Es ist eine Tatsache: Das Credo "Verkaufen kann jeder, wenn man ihm das kleine Einmaleins des Verkaufens vermittelt" steckt unausgesprochen in den Köpfen vieler Entscheider von Unternehmen. Entsprechend verfahren sie häufig bei der Auswahl ihrer Vertriebsmitarbeiter. Wird zum Beispiel ein Mitarbeiter in der Produktion oder im Innendienst nicht mehr benötigt, entscheiden sie: Ab dem nächsten Monat arbeitet "der Mayer" oder "die Müller" im Vertrieb. Hurtig wird der Mitarbeiter dann noch auf zwei, drei Verkaufsseminare geschickt. Danach kann er sicher verkaufen.

Dieses Verfahren kann man aktuell auch beim Umstrukturieren vieler Unternehmen aufgrund der Finanzkrise beobachten - nicht nur bei Banken und Versicherungen, sondern auch bei Herstellern von Investitionsgütern und auch in der IT-Branche. Getreu der Maxime: Bevor wir zum Mittel "betriebsbedingte Kündigung" greifen oder dem Mitarbeiter eine hohe Abfindung bezahlen müssen, stecken wir ihn doch besser in den Vertrieb.

Bestärkt wurden die Personalverantwortlichen der Unternehmen in den zurückliegenden Jahren in diesem Vorgehen vielfach dadurch, dass es (scheinbar) funktionierte. Da die Wirtschaft boomte, stimmten auch die Zahlen. Also Bestand kein Anlass nachzufragen: Schöpfen unsere Verkäufer die Markt- und Kundenpotenziale aus? Und: Inwieweit entspricht die Ausbildung unserer Verkäufer und die Unterstützung, die wir ihnen im Vertriebsalltag gewähren, den Erfordernissen des Marktes? Schließlich stimmten ja die Zahlen - auch wenn manch Mitbewerber besser war.

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