Steigendes Sicherheitsbewusstsein schützt nicht vor Datenverlust

17.09.1998

MÜNCHEN: In Zeiten explosionsartig wachsender Datenbestände ist bei den meisten Anwendern die Notwendigkeit einer regelmäßigen Datensicherung mittlerweile unumstritten. Gedacht als Versicherung gegen Datenverluste beispielsweise durch Hardware- und Softwarefehler, Computerviren oder Naturkatastrophen sind in zunehmendem Maße falsch durchgeführte Datensicherungen der Auslöser für den Datencrash. ComputerPartner-Mitarbeiter Siegfried Dannehl sprach mit Frans Laverman, Managing Director European Operations beim Böblinger Datenrettungsunternehmen Ontrack GmbH, über überforderte Anwender und neue Verfahren bei der Datenrettung.Wenn alle Anwender korrekt und regelmäßig Datensicherung betreiben würden, wären professionelle Datenretter wie Sie dann arbeitslos?

Laverman: Diese Frage stellt sich nur theoretisch. Welche Kriterien charakterisieren eine Datensicherung als korrekt und regelmäßig? Das hängt sehr stark von der Anwendung und der Nutzung des Systems, aber auch vom subjektiven Eindruck des Anwenders ab. Professionelle Datenretter wird es daher immer geben. Die statistische Auswertung unseres weltweiten Datenrettungsvolumens innerhalb der letzten zwölf Monate belegt, daß trotz Aufklärungskampagnen zum Thema "richtige Datensicherung" und trotz Artikeln in einschlägigen Fachmagazinen die Zahl der Datenrettungsaufträge, die auf Fehler bei der Datensicherung basieren, weiter anstieg.

Das bedeutet, trotz immer besserer Technik bleibt der Mensch ein konstanter Risikofaktor?

Laverman: Anwendern fehlt immer häufiger das Grundlagenwissen, beispielsweise wie Daten abgespeichert und verwaltet werden. Fehlermeldungen werden ignoriert, oder man versucht, Fehler durch mehrmaliges Aus- und Einschalten zu "beheben". Gelegentlich werden Soft-waretools eingesetzt, um Fehler zu beseitigen. Diese "Utilities" sind zwar in manchen Fällen hilfreich und gut, wenn der Anwender allerdings nicht über ausreichende Erfahrung mit Speichersystemen verfügt und es um wertvolle Daten geht, ist es effektiver, einen professionellen Datenrettungsservice zu kontaktieren.

Welche Szenarien führen dazu, daß Anwender die Leistung einer professionellen Datenrettung in Anspruch nehmen?

Laverman: Die Zahl der durch Hardwarefehler verursachten Datenverluste liegt derzeit bei 44 Prozent, und sie steigt stetig. Kein Wunder, denn derzeit drehen sich täglich allein in Deutschland mehr als 40 Millionen Festplatten. Mit zunehmender Plattenkapazität erhöht sich die Datendichte, und die Magnetspuren rücken enger zusammen. Berühren die Schreib-/Leseköpfe bei einem Head-Crash die Plattenoberfläche, sind die Folgen immer gravierender.

Wie sieht die organisatorische Abwicklung bei einer Datenrettung aus, und mit welchen Kosten muß ein Anwender

rechnen?

Laverman: Bereits für 220 Mark diagnostizieren unsere Experten in Böblingen bei DOS- und Windows-basierten Systemen das Ausmaß des Schadens und erstellen ein verbindliches Angebot für die Datenrettung. Bei Windows-NT- und Unix-Systemen kostet diese Diagnose 450 Mark. Mit der Diagnose liefern wir eine Liste der Dateien und Programme, die gerettet werden können. Der Kunde entscheidet dann, ob ihm diese Daten eine Datenrettung wert sind oder nicht. Dabei kann der Kunde sich, falls die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, für eine Remote-Datenrettung übers Modem direkt an seinem System entscheiden oder zwischen einem 24-Stunden-Notfallservice, Wochenend-, Eil- oder Standardservice im Datenrettungslabor wählen. Der Preis für die eigentliche Datenrettung wird im Rahmen der Diagnose entsprechend dem Aufwand festgesetzt und dem Kunden als Festpreis angeboten. Eine Remote-Datenrettung via Modem kostet ab 1.500 Mark, eine Datenrettung im Labor durchschnittlich 3.800 Mark.

Wie ist die Resonanz auf das Angebot, eine Datenrettung über Modem oder Telefonleitung durchzuführen?

Laverman: Es gibt Situationen, wo sensible Datenbestände eine Datenrettung außer Haus verbieten. In diesen Fällen bestand bisher nur die Möglichkeit der Datenrettung vor Ort, das heißt, der Spezialist kam zum Kunden und versuchte dort, verlorengegangene Daten wieder herzustellen. Zur Cebit '98 haben wir einen neuen Service vorgestellt, den "Ontrack Remote Data Recovery Service (RDR)". Auf der Basis der Fehler- und Testprotokolle schalten sich dabei Experten in das System des Kunden ein und beginnen online mit der Analyse und Wiederherstellung der Daten. Die Erfahrungen in den USA, wo dieser Service bereits seit Beginn dieses Jahres angeboten wird, und der Zuwachs der Anfragen bei uns in Deutschland zeigen, daß wir in den nächsten Monaten enorme Steigerungsraten bei dieser Art der Datenrettung erwarten können. Speziell deshalb, weil immer mehr Personen heutzutage mit einem Notebook unterwegs sind und auf die schnelle Wiederverfügbarkeit ihrer Daten angewiesen sind.

Frans Laverman, Managing Director European Operation bei der Ontrack GmbH. Nach Lavermans Ansicht ist das mangelnde Grundlagenwissen von PC-Benutzern für viele Crashs verantwortlich.

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