Steuerberater: eine vernachlässigte Zielgruppe

09.01.2003

Die etwa 45.000 niedergelassenen Steuerberater kommen am Thema EDV nicht mehr vorbei. Das von den Mandanten geforderte Leistungsspektrum, Kosten- und Konkurrenzdruck, sowie die neuen gesetzlichen Regelungen zwingen die Steuerberater, binnen kürzester Zeit den Sprung in die Neuzeit zu wagen. Mehrere Trends prägen die Branche und bieten entsprechende Chancen für die Systemhäuser.

Immer mehr Sozietäten bündeln Leistungen aus den Bereichen Steuer-, Rechts-, Wirtschafts- und Finanzberatung, um Kosten zu reduzieren. Dieser Konzentrationsprozess wird in den kommenden Jahren das Bild der Branche prägen. Die Basis für die Arbeit in den Sozietäten ist eine leistungsfähige EDV-Infrastruktur, die nur im Zusammenhang mit einem kompetenten Systempartner entwickelt werden kann. Dabei fordern vor allem die größeren Kanzleien von Systemhäusern Kompetenz auf den Gebieten WAN-LAN-Kopplung, Kommunikationsservices, Sicherheit der Datenkommunikation sowie Internetdienste.

Die für die Aufnahme günstiger Bankkredite unerlässliche Rating-Beratung wird von immer mehr Steuerberatern als lukratives und zukunftsweisendes Leistungsangebot erkannt. Die Umsetzung scheitert jedoch oft an fehlenden themenspezifischen Qualifikationen der Berater und deren Unterstützung durch eine Softwarelösung, die alle relevanten Unternehmensdaten integriert und eine zeitnahe Bearbeitung und Kommunikation ermöglicht. Die meisten Anbieter verfügen derzeit weder über eine ausgereifte und günstige Lösung noch über ein Konzept zur Integration in die bestehende Systemarchitektur. Ein Aufbau von Know-how in puncto Rating erscheint für Systemhäuser ratsam, da auch kleinere Steuerberaterkanzleien mit Schwerpunkt auf Mandanten und Privatpersonen nicht an einem Angebot dieser Leitung vorbeikommen werden, wollen sie ihre lukrativen Mandate nicht verlieren.

Von kaum einem Steuerberater beachtet, traten zum 1. Januar 2002 die GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfung digitaler Unterlagen) und die AO (Abgabenordnung) in neuer Form in Kraft. Betriebsprüfer rücken mit Laptops und elektronischer Prüfsoftware in Unternehmen an, um digital erstellte Unterlagen digital zu prüfen. Ausdrucke auf Papier sind passé. Dazu kommt noch die Forderung der revisionssicheren Archivierung aller steuerrelevanten Unterlagen für einen Zeitraum von zehn Jahren, für die heute bisher nur wenige vom Betriebssystem unabhängige Lösungen existieren. Viele Steuerberater sind heute nicht in der Lage, ihre Mandanten bei dieser neuen Form der Betriebsprüfung sachkundig und kompetent zu unterstützen.

Die Kanzleien können auch die Revisionssicherheit nicht gewährleisten. Individuelle Lösungen sind hier gefragt. Mit dem Ende der Schonfrist am 1. Januar 2003 müssen alle Dateien und Daten revisionssicher und maschinell auswertbar aufbereitet sein; die DV-Systeme der Mandanten müssen aufgerüstet werden. Das eröffnet großen und kleinen Systemhäusern große Potenziale. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des revisionssicheren Datenaustauschs zwischen Steuerberater und Mandanten erhalten auch kleine Systemhäuser Zugang zu Mandanten der Steuerberater.

Optimierte Geschäftsprozesse in den Kanzleien müssen auf ein tragfähiges IT-Konzept aufsetzen. Eine einfache Branchensoftware reicht hier nicht aus. Die Explosion der IT- und Telekommunikationskosten in den Kanzleien führt in zunehmendem Maße zu einer Sensibilisierung der Steuerberater gegenüber den Lösungen der Software- und TK-Anbieter. Die Kanzleien sind nicht mehr bereit, Angebote etablierter Hersteller hinzunehmen, ohne sie genauestens zu prüfen. Durch langfristige Verträge an bestimmte Anbieter gebundene Systemhäuser sind gefordert, die Steuerberater im Auswahlprozess zu unterstützen und eine neutrale Evaluation aller marktgängigen Angebote zu ermöglichen.

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind eine Zielgruppe für Systemhäuser, da für deren besondere Bedürfnisse und Anforderungen bisher kaum Angebote bestehen. Es erscheint durchaus konsequent und lohnend, sich eingehend mit dieser Kundengruppe zu beschäftigen - permanent aufgestockte EDV-Budgets, Kostendruck, neue Gesetze und Verordnungen, hohe Bonität sowie enormer Nachhol- und Beratungsbedarf - unter diesen Aspekten ist es doch erstaunlich, dass die meisten Systemhäuser die Steuerberater mit ihren Problemen bis heute allein gelassen haben.

Zur Startseite