Steuerschulden sind nicht nur für Zumwinkel und Co. verhandelbar. In vielen Finanzbehörden wächst der Zeit- und Kostendruck. Übersteigt der Verwaltungsaufwand den zu erwartenden steuerlichen Ertrag, erhöht sich auch die Kompromissbereitschaft des Fiskus. Im Rahmen einer "tatsächlichen Verständigung" lassen sich außergerichtliche Einigungen erzielen. Was bislang vor allem großen Steuerverfahren vorbehalten war, kann nun in breiter Form Anwendung finden. Die Rahmenbedingungen regelt ein BMF-Schreiben vom 30. Juli 2008 (IV A 3 - S 0223/07/10002).
Schätzungen vermeiden
Im Mittelpunkt steht immer die Ermittlung eines steuerlichen Sachverhaltes. Dies sollte beim Vorliegen aller wichtigen Steuerunterlagen kein Problem sein. Fehlen diese jedoch, etwa durch einen Einbruch oder infolge eines Datencrashs, wird eine Einschätzung enorm schwierig. Sachverhalte lassen sich oft nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand rekonstruieren und beurteilen. Verhandelt in diesen Fällen der Steuerschuldner mit dem Finanzamt, sind vielfach Lösungen zu erzielen, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind. Der Steuerschuldner vermeidet dadurch eine Schätzung des Fiskus, die sich in der Regel als nachteilig erweist. Beiden Parteien bleiben zeit- und kostenintensive Auseinandersetzungen mit ungewissem Ausgang erspart. Selbst bei einem bereits eingeleiteten Steuerstrafverfahren ist noch eine einvernehmliche Einigung möglich.
Privatleute und Firmen gewinnen durch die sogenannte "tatsächliche Verständigung" eine attraktive Handlungsoption. Doch auch das Verhandeln mit dem Fiskus will gelernt sein. Aufseiten des Finanzamtes sitzt oft ein versierter Verhandlungspartner. Steuerschuldner sollten aber nie die Nerven verlieren. Von großer Bedeutung sind immer ein besonnenes Vorgehen und vor allem das richtige Timing. Nur wer systematisch und geschickt verhandelt, kann alle Potenziale ausschöpfen.