Steuerung von Datenverkehr allein ist als Geschäftsmodell zu wenig

21.03.2002
Vor genau einem Jahr haben wir an dieser Stelle den Caching- und Content-Delivery-Markt genauer unter die Lupe genommen. Doch die damals geäußerten optimistischen Prognosen haben sich nicht erfüllt. Hersteller von entsprechenden Appliances sehen sich nach Alternativen um.

Spät, aber wohl noch nicht zu spät hat das kalifornische Unternehmen Cache Flow begriffen, dass mit Produkten zur schnelleren Zustellung von Online-Inhalten (Content Delivery) allein kein Geschäft zu machen ist. Auch wenn Marktauguren breitbandigen Webanwendungen wie Audio- und Video-Streaming eine glänzende Zukunft vorhersagen, derzeit sieht es in diesem Segment noch mau aus.

Wohl nicht zuletzt deshalb entschloss sich Cache Flow, die eigene Produktstrategie völlig umzukrempeln: Nicht mehr das Caching, also die Zwischenspeicherung von oft abgerufenen Webinhalten, steht nun im Vordergrund, sondern plötzlich die Sicherheit. Genauer genommen geht es bei den neuen von Cache Flow angebotenen Funktionen um "Content Security", also um die Überprüfung der ankommenden Daten auf Viren.

Die neu ins Programm aufgenommenen "Security Gateways" sind dabei mit der Antivirensoftware von Symantec beziehungsweise Trend Micro bestückt. Ferner vermögen Zusatzmodule den Zugriff der Mitarbeiter auf Intranet- und Internet-Inhalte zu regeln. In Übereinstimmung mit bestehenden Einträgen in Verzeichnisdiensten erhalten so Anwender nur die Daten zugestellt, die tatsächlich für sie bestimmt sind.

Damit lässt sich auch Surfen auf nicht arbeitsrelevanten Websites begrenzen. Gefährliche Inhalte, wie herunterladbare Excel-Dateien, kommen somit gar nicht erst auf den Client-Rechnern an. Selbstverständlich leisten die Cache-Flow-Appliances weiterhin die Aufgabe eines Cache-Zwischenspeichers und dirigieren den Datenverkehr anhand der vorgegeben Regeln.

Network Appliance speichert auch

Im Klartext bedeutet dies, dass die SAP-Anfrage Vorrang vor einer E-Mail erhält, oder dass der Eintrag von Kundendaten dem Abruf von Webseiten vorgezogen wird. Zu diesem Zweck kooperiert Cache Flow auch eng mit Allot, einem Hersteller von derartigen Quality-of-Service-Produkten.

Schon immer zweigleisig ist hingegen Network Appliance gefahren. Außer den Caching-Produkten der Netcache-Reihe bietet der kalifornische Hersteller auch Netzspeicherlösungen aus der Net-App-Filer-Reihe an. Zwar hat man auch mit diesem Produktmix den Umsatz des Vorjahres nicht ganz halten können - in den ersten neun Monaten 593,5 statt 780,3 Millionen Dollar -, und es fiel auch ein Verlust von 4,7 Millionen Dollar an, im Vergleich zu 74,4 Millionen Dollar Gewinn im Vorjahr, aber dennoch steht die Company weitaus besser da als Cache Flow. Hier fiel das Ende Januar abgeschlossene Quartal weitaus verheerender aus: 12,2 Millionen Dollar Verlust bei 10,9 Millionen Dollar Umsatz.

Network Appliance hingegen kann mit seinen NAS-Produkten (Network Attached Storage) die Flaute im Content-Delivery-Bereich überbrücken. Außerdem offeriert der Hersteller auch eine Software namens "Snap Drive", die einer Input-Untersuchung zufolge die Unterhaltskosten einer vergleichbaren Compag-Speicherlösung um 75 Prozent senkt.

Volera setzt auf eigeneSoftware

Ganz ohne doppelten Boden, sprich, ohne die Möglichkeit, auf ein weiteres Geschäftsfeld auszuweichen, agiert hingegen Volera. Die Novell-Tochter setzt ganz auf ihre eigenentwickelte "Velocity CDN"-Software (Content Delivery Networking).

Diese Lösung hilft Unternehmen und Service-Providern, ihre Inhalte schneller und zielgerichtet an Anwender zu verteilen. Dabei handelt es sich um eine reine Softwarelösung, die prinzipiell ohne zusätzliche Investitionen in Hardware und Netzwerk-Infrastruktur auskommt. Das Ganze setzt sich aus vier einzelnen Bausteinen zusammen:

Der "Volera Excelerator" verteilt speicherintensive Multimedia-Inhalte gleichzeitig an mehrere Empfänger. Auf welche Weise dies geschehen soll, kontrolliert der Netzwerkadministrator mittels des "System Controllers". Der "Content Controller" benachrichtigt ihn hingegen ständig über die Auslastung im Netzwerk.

Speziell für Service-Provider, aber auch für unternehmensinterne Dienstleister ist der "Content Accountant" gedacht. Damit lassen sich die übertragenen Daten in Euro und Cent abrechnen, was auch in Unternehmen für zusätzliche Transparenz sorgt. Diejenige Abteilung, die das Web stark frequentiert und sich häufig Streaming-Inhalte downloadet, wird dann eben stärker zur Kasse gebeten als etwa diejenigen Anwender, die nur sporadisch in Web surfen und dort lediglich "nackte" HTML-Seiten betrachten.

Auch für kleinere Firmen interessant

Voleras Software kann sich aber auch schon für kleinere Unternehmen lohnen. Eine Single-Server-Version von Velocity CDN gibt es bereits ab 2.900 Euro aufwärts. Dass die Novell-Tochter es ernst meint, beweist die Tatsache, dass es seit zwei Wochen auch eine Deutschland-Niederlassung in München gibt. Von dort leitet Stefan Pickert die Aktivitäten des Herstellers in Zentral- und Osteuropa.

Um diese Region zu erobern und sie mit Content-Delivery-Lösungen zu versorgen, setzt Pickert auf den Vertrieb durch autorisierte Partner. Auch der erste große Referenzkunde kann benannt werden. BASF, das sich in seiner Ludwigshafener Zentrale von Netscape-Cache endgültig verabschiedete und nun auf Voleras Lösung setzt. Zwar wird der Chemiekonzern direkt vom Hersteller betreut, doch dies soll in Zukunft anders werden.

Auch länderübergreifende Unternehmen und Netzbetreiber sollen ausschließlich mithilfe so genannter Consulting-Partner als Kunden gewonnen werden. Hierbei hat Pickert IBMs Global-Service-Abteilung im Sinn, aber auch Netzwerkhersteller wie Nortel oder die großen Systemintegratoren Accenture und Konsortien. Selbstverständlich ist hier die Novell-eigene Consulting-Division Cambridge Technologies mit von der Partie.

Etwas kleiner dürfen die Channel-Partner bei mittelständischen Kunden ausfallen. Überregionale, gerne auch länderübegreifende Systemintegratoren, sollen nach Ansicht von Pickert diese Klientel betreuen. Immerhin handelt es sich dabei um ein sehr breites Spektrum: Die Zahl der Anwender variiert bei diesen Kunden zwischen 500 und 10.000.

Alles, was darunter liegt, bezeichnet Volera als "Small Business"; hier sind regionale OEMs (Original Equipment Manufacturers) und VARs (Value Added Resellers) gefragt. Was die größeren überregionalen Partner betrifft, wäre Pickert mit deren fünf bis Ende des Jahres hoch zufrieden.

www.cacheflow.com

www-de.netapp.com

www.volera.com

ComputerPartner-Meinung:

Vor knapp einem Jahr schien der Markt für Caching- und Content-Delivery-Lösungen noch äußerst viel versprechend zu sein. Doch nun kehrt Ernüchterung ein. Offenbar sind die Internetstruktur und vor allem die "letzte Meile" noch nicht so weit, dass die Konsumenten sich ständig Real-Videos aus dem Web herunterladen. Auch in den Unternehmen ist die Nachfrage nach Multimedia-Anwendungen nicht so hoch, wie das viele Marktauguren prophezeit haben. Die viel beschworene Videobotschaft des CEO an alle Mitarbeiter taugt nicht als Verkaufsargument. Erst mit höherer Akzeptanz von Konzepten wie beispielsweise E-Learning oder Web-based- Training wird der Bedarf nach intelligenten Caching-Lösungen steigen. (rw)

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