Still ruht der See:

06.02.2000

Seitdem die Preise im Speicherchipmarkt Mitte März zu steigen begannen, war immer wieder gemutmaßt worden, dass die Hersteller in Fernost ein Preisniveau um 6,5 Dollar für ihre Chips (64 Mbit 8x8 SDRAM) anstreben. Das sei die Schwelle, oberhalb derer sie wieder mit Profit produzieren könnten. Nachdem die Chippreise Anfang Mai diese Schwelle überschritten haben, ist der langsame, aber kontinuierliche Preisauftrieb tatsächlich zum Stillstand gekommen. Auf vergleichsweise hohem Niveau eingependelt haben sich auch die End-of-Live-Technologien EDO und FPM. In Deutschland war allerdings eine gegenläufige Bewegung zu beobachten. Völlig überraschend wurden in der 19. KW Speichermodule zu deutlich gesenkten Preisen angeboten. Manche Beobachter rechnen mit noch weiter sinkenden Preisen. Es ist aber klar, dass diese Entwicklung sich völlig von den internationalen Spotmärkten abgekoppelt hat. Vermutet wird, dass sie auf den Versuch des Großhandels hierzulande zurückzuführen ist, zeitweilig günstigere Dollarkurse auszunutzen, um (zu) hohe Lagerbestände abzubauen.

Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass diese im internationalen Vergleich günstige Situation von Dauer sein wird. Die Stimmen mehren sich, die vor drohender Allokation und stark steigenden Preisen im 3. und 4. Quartal warnen. Nach Meinung von Analysten sind die Produktionskapazitäten der Hersteller in Asien derzeit gut ausgelastet, obwohl die Nachfrage an den Spotmärkten sehr verhalten ist. Die großen Chiphersteller sind mitten in der Umstellung von 64-Mbit- auf 128-Mbit-Chips und von der 0.21-Micron- zur 0.18-und 0.175-Micron-Technologie. Diese dauert mehrere Monate und führt vor allem in der Anlaufphase zu einer deutlich höheren Ausschussrate. In den vergangenen Jahren zog die Speichernachfrage im 3. und 4. Quartal gegenüber der ersten Jahreshälfte stets stark an. Wiederholt sich dieses Muster in diesem Jahr, dürfte es zu Engpässen kommen. Genau damit ist aber zu rechnen, unter anderem auch, weil in der zweiten Jahreshälfte wieder eine bessere Verfügbarkeit von Intel-Pentium-Prozessoren erwartet wird. "In diesem Fall werden sich Spot- und Kontraktpreise wohl deutlich unterschiedlich entwickeln", glaubt Brigitte Haas, Unternehmenssprecherin von Kingston Technology Europe. "Während auf den Spotmärkten Knappheit und wahrscheinlich stark steigende Preise vorherrschen werden, sind Modulhersteller, die wie Kingston langfristige Kontrakte mit Chipproduzenten haben, auf der sicheren Seite." Jörg Bachmann

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