Storage-Service-Providing gewinnt an Akzeptanz

08.02.2001
Ausbau und Verwaltung ihrer EDV-Speicherressourcen zwingen Unternehmen zu beträchtlichen Investitionen - und das bei massivem Personalnotstand. Mit "Storage-on-Demand"-Konzepten versprechen sogenannte Storage-ServiceProvider (SSP) gestressten EDV-Verantwortlichen Abhilfe.

Die Kosten für stetig steigende Datenkapazitäten explodieren, andererseits sieht es nicht so aus, als ob der eklatante Mangel an qualifiziertem EDV-Personal bald behoben würde. Kein Wunder also, wenn Unternehmen ihre EDV und damit zusammenhängende Dienstleistungen immer öfter auslagern.

"In unserem Geschäft ist Wandel die einzig Konstante", verdeutlicht Martin Voegli von Credit Suisse sein Dilemma. "Einerseits wissen wir, dass der Speicherbedarf ansteigen wird, andererseits können wir nicht vorhersehen, um wie viel und in welchen Abständen wir zusätzliche Kapazitäten und Leistungen benötigen." Die Credit Suisse hat sich daher als einer der ersten europäischen Großkonzerne für das Storage-on-Demand-Angebot von Hitachi Data Systems entschieden.

Privat oder öffentlich?

Unabhängig von Branche und Größe denken immer mehr Unternehmen darüber nach, die Organisation und Pflege ihrer Datenbestände Experten zu überlassen und sich statt dessen konsequent auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Nach Erfahrung von Benoit Panier, dem zuständigen Manager bei IBM Global Services EMEA, haben potenzielle Abnehmer von SSP-Dienstleistungen einen klaren Anforderungskatalog: "Zu den ausschlaggebenden Faktoren zählen hohe Verfügbarkeit, stabile Performance, der Wunsch nach einem überschaubaren Investitionsrahmen sowie, last but not least, eine spürbare Entlastung bei Verwaltungs- und Personalkosten."

Das Spektrum der immer stärker wachsenden Storage-on-demand-Angebote ist vielfältig, lässt sich aber im Wesentlichen in drei Modelle unterteilen:

- "Capacity on demand"

Hierbei erwirbt der Kunde einen komplett mit Speicherkomponenten bestückten Storage-Server. Er zahlt allerdings nur für die Untermenge an Speicherkapazität, die das Unternehmen aktuell benötigt. Steigt sein Speicherbedarf, wird die zusätzlich notwendige Speichermenge ohne Unterbrechung des Rechenzentrumsbetriebs vom Hersteller freigeschaltet und erst dann dem Kunden in Rechnung gestellt.

- "Private Services"

Auch in diesem Fall befinden sich die Speicherressourcen im Hause des Kunden. Der Storage gehört allerdings dem SSP und wird auch von diesem entweder remote, das heißt von einem externen Rechenzentrum aus, oder über einen vor Ort beschäftigten Mitarbeiter des SSPs verwaltet. Bei steigendem Kapazitätsbedarf kann der Kunde wie bei der vorherigen Variante, schrittweise auf die bereits vorinstallierten Speicherressourcen zugreifen.

- "Public Services"

Bei diesem auch als "Storage aus der Steckdose" bezeichneten Modell stehen die Speicherressourcen in einem zentralen Rechenzentrum des SSPs. Hier ist ebenfalls der SSP Besitzer der benötigten Storage-Hard- und -Software. Der Kunde ist über breitbandige Datendirektleitungen mit dem jeweiligen Host-Rechenzentrum verbunden und kann quasi stufenlos auf den dortigen Speicher-Pool zugreifen.

Während es sich bei der ersten Variante letztendlich nur um ein Finanzierungsmodell handelt, mietet der Kunde bei den Modellen Private und Public Services den Speicherplatz und zahlt ausschließlich für die in Anspruch genommene Speicherkapazität. Auch Misch-Varianten, bei denen beispielsweise extrem kritische oder sicherheitsrelevante Daten im Hause des Kunden verbleiben, während andere in ein externes Rechenzentrum ausgelagert werden, sind möglich.

Konkrete Partnerkonzepte fehlen

Der Run auf die vermeintliche Goldgrube "Speicherdienstleistungen" hat begonnen. Neben dedizierten Speicherunternehmen wie Storage Networks, Managed Storage International (MSI) oder Storage Way zählen die IT-Schwergewichte IBM, Compaq, Hitachi oder Storage Tek zu den Storage-Service-Providern (SSPs) der ersten Stunde. Traditionelle IT-Spezialis-ten mit Outsourcing-Erfahrung wie EDS, CSC Ploenzke oder Hewlett-Packard, aber auch eine Reihe von Application Infrastructure Providern (AIPs), Application-Service-Providern (ASPs) sowie Network- und Internet-Service-Providern (NSPs beziehunsweise ISPs) steht bereits in den Startlöchern.

Nur mit einer Nebenrolle beim Geschäft mit dem Speicher-Leasing müssen sich derzeit VARs und Systemhäuser zufrieden geben. "Prinzipiell ist alles möglich, praktisch ist der Spielraum für Kooperationen derzeit eher gering", lauten, auf einen Nenner gebracht, die Stellungnahmen der SSPs, wenn es um Kooperationen mit VARs und Systemhäusern geht.

"Die Einbeziehung von Vertriebspartnern in unser Private-Storage-Utility-Programm ist der zweite Schritt", vertröstet Bernhard Hinderer, Manager Storage Poducts Division bei Compaq. Unverbindlich zeigt sich Ulrich Plechschmidt, Vertriebsleiter Enterprise Storage Sales bei IBM: "Alle unsere Storage-Konzepte sind generell auch über den Partnerkanal realisierbar."

Konkrete Pläne, auf welche Weise der indirekte Kanal ins SSP-Konzept integriert werden kann, liegen bei IBM noch nicht auf dem Tisch: "Storage-on-demand-Lösungen sind immer Projekte, die für den jeweiligen Anwendungsfall entwickelt und angepasst werden müssen. Es gibt nichts von der Stange", begründet Plechschmidt das Fehlen greifbarer SSP-Kooperationsprogramme.

Chancen steigen

Nach Ansicht von Branchenkennern behindern zwei Aspekte die schnelle Integration von VARs und Systemhäusern in das SSP-Geschäft:

- Erste Erfahrungen zeigen, dass Kunden - speziell wenn es um das Outsourcing kritischer Daten geht - den direkten Kontakt zum Hersteller bevorzugen.

- Auf VARs und Systemhäuser, die sich als SSPs verdingen möchten, kommen hohe Anfangsinvestitionen in Hard- und Software-Infrastrukturen zu.

Dennoch, Herman van der Veen, Business-Development-Manager bei Hitachi Data Systems, sieht Anzeichen für eine Trendwende. Die Anforderungen des Speichermarktes haben sich seinen Worten nach in den letzten anderthalb Jahren spürbar verändert: "Storage-Lösungen haben sich heute zu komplexen heterogenen SAN-Umgebungen entwickelt - inklusive Storage-Management-Software, Switches und so weiter. Obwohl uns als Hersteller hier viel Know-how zur Verfügung steht, ist aufgrund der immer spezielleren Anforderungen der Systemintegrator für den Kunden häufig der bessere Partner", schlägt Hitachi-Manager van der Veen eine Bresche für den qualifizierten Fachhandel.

Was das bedeutet, ist klar: Die Storage-Hersteller unter den SSPs reduzieren den Begriff "Storage on demand" ausschließlich auf die Speicheraufstockung mit eigenen unabhängigen Storage-Lösungen. Kompetente Systemintegratoren hingegen sind in der Lage, dem Kunden tatsächliche Storage-on-demand-Lösungen anzubieten, die beim Kunden beim vorhandene, vielfach heterogene Speicherinfrastruktur in ein Gesamtkonzept zur Speicherverwaltung integriert.

Eine Entwicklung, der Hitachi Data Systems nach Aussage ihres Marketiers van der Veen jetzt Rechnung trägt. Erste Verträge mit VARs wurden demnach bereits unterzeichnet, Kooperationen mit Systemintegratoren sind in Vorbereitung.

Markterschließung Schritt für Schritt

Typische Dot-com-Unternehmen, aber auch ISPs und ASPs, zählen derzeit zu den "Early Adoptern" in Sachen Storage-Service-Providing. Wie eine aktuelle IDC-Umfrage unter 31 industriellen amerikanischen Großunternehmen zeigt, herrscht bei diesen vielfach noch eine Kombination aus Informationsdefizit und Skepsis. 84 Prozent der befragten Unternehmen wären trotzdem bereit, auf Storage-Service-Providing zurückzugreifen, vorausgesetzt, die Kosten stimmen, die Datensicherheit und -verfügbarkeit sind gewährleistet, und die Speicherressourcen verbleiben im Hause des Kunden (Private Services). Denn noch wollen die potenziellen Kunden ihre essenziellen Geschäftsdaten nicht außer Haus lagern.

Hier liegt das Hauptproblem der SSPs: Die Implementierung von Private Services bei durchschnittlichen Kosten von etwa 30 Dollar pro Gigabyte pro Monat (Quelle: Compaq), ist sicher noch nicht das Nonplusultra in Sachen Kostenkontrolle. Andererseits ist es jedoch notwendig, über dieses Konzept das Vertrauen der Kunden für eine spätere Nutzung der weitaus effizienteren Public Services zu gewinnen.

Zwölf bis 18 Monate - in Europa sogar etwas länger - wird diese Anlaufphase nach Meinung von Doug Chandler, dem Speicherexperten bei IDC, dauern. Er zeigt sich dennoch optimistisch: "Es wird zwar eine Konsolidierung stattfinden, die zur Folge hat, dass einige schwächere SSPs wieder vom Markt verschwinden, gleichzeitig wird die Akzeptanz seitens der Kunden kontinuierlich anwachsen."(sd)

www.hds.com

www.ibm.com/de/services

www.compaq.com/storage

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