Strategie deutscher IT-Dienstleister: Qualität optimieren, Kosten senken

25.09.2003
Katerstimmung im deutschen IT-Service-Sektor: Das Ende der Internet-Euphorie und die schwache Konjunktur sorgten für erhöhten Wettbewerbsdruck und fallende Preise. Wie sich die aktuelle Situation darstellt und welche Strategien die Dienstleister in diesem Jahr einschlagen, zeigt die aktuelle Studie von Berlecon Research.

Das Jahr 2002 verschaffte den meisten IT-Dienstleistern in Deutschland mehr Konkurrenzdruck bei gleichzeitig fallenden Preisen. Berlecon Research befragte nun 206 deutsche Anbieter von IT-Dienstleistungen nach ihrer aktuellen Situation und ihren Strategien für das laufende Jahr.

Dabei zeigte sich bei der Gesamteinschätzung für 2003 ein relativ heterogenes Bild, wobei die Optimisten leicht in der Überzahl sind. So erwarten immerhin jeweils 39 Prozent der Befragten für dieses Jahr eine Zunahme des Umsatzes und des Ertrages. Als Wermutstropfen muss man jedoch die vorsichtige Einschätzung von gerade mal ein bis fünf Prozent Plus werten. Dem stehen die Pessimisten mit 31 respektive 30 Prozent gegenüber. "Am ungünstigs-ten wird die Umsatzentwicklung von Unternehmen eingeschätzt, die auf IT-Consulting spezialisiert sind, wohingegen insbesondere Spezialisten im Bereich Softwareentwicklung und -integration die Situation im Schnitt positiv beurteilen", erläutert Thorsten Wichmann, Geschäftsführer von Berlecon Research. Er sieht in den Ergebnissen den Hinweis darauf, dass die Kunden jetzt an der konkreten Umsetzung und nicht am Entwurf großer Konzepte interessiert seien.

Die Frage nach dem erwarteten Auftragsbestand bis zum Jahresende beantworteten über alle Segmente hinweg Optimisten wie Pessimisten fast gleich verteilt: 36 Prozent erwarten ein Plus, 35 Prozent ein Minus. Allein beim Personalstand und bei der Preisentwicklung zeigt sich ein deutlicher Trend zu vorsichtigen Schätzungen. Die deutliche Mehrheit von 42 Prozent (gegenüber 20 Prozent) befürchtet einen weiteren Rückgang der Mitarbeiterzahl. Und bei der Preisentwicklung hoffen nur noch sechs Prozent auf ein Wachstum, während 36 Prozent einen weiteren Preisverfall auf sich zukommen sehen.

Aktuell werden im Durchschnitt folgende Tagessätze verlangt: Für Management-Consulting muss der Kunde im Schnitt zirka 1.088 Euro zahlen. Die Preise für Implementierungsunterstützung liegen mit durchschnittlich 789 Euro pro Mann und Tag rund ein Drittel darunter.

Wie die Analysten betonten, sei in beiden Segmenten aber auch eine sehr breite Preisstreuung sichtbar. So gab die Hälfte der Befragten für Implementierungsunterstützung Sätze zwischen 640 und 950 Euro an, die anderen lagen entweder deutlich darunter oder darüber. Beim Management-Consulting ergab sich ein Preisschwerpunkt in der Spanne von 920 bis 1.200 Euro, der ebenfalls von einigen deutlich unter- beziehungsweise überboten wurde.

Da viele befürchten, die schlechte Entwicklung des IT-Services-Marktes werde sich fortsetzen, haben zahlreiche Anbieter ihre Strategie überdacht. Um sich besser positionieren zu können, wollen satte 90 Prozent die Qualität ihrer Angebote verbessern und diese als wichtigstes Positionierungsmerkmal nutzen. Hier liegt die Vermutung nahe, dass das nicht nur genau die Kundenanforderung ist, sondern auch als Chance gesehen wird, weiterhin vergleichsweise hohe Preise durch-setzen zu können. Laut Berlecon tut sich somit eine Marktlücke im Niedrigpreissegment auf. Denn nur knapp ein Drittel der Anbieter fokussiert auf Kostenführerschaft.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Spezialisierung. Dabei überwiegt jedoch der Branchenfokus (58 Prozent) gegenüber der anvisierten Größenklasse. So ist nur noch für jeden Vierten beispielsweise der Mittelstand ein strategisches Marktziel. Das relative Desinteresse am bislang von so vielen umworbenen Mittelstand zeigt sich auch bei der Frage nach der Bedeutung der diversen Zielgruppen. So bescheinigen nur noch die großen Serviceanbieter dem Mittelstand und dem Staat eine gewisse Umsatzbedeutung. Die kleinen und mittleren Dienstleister geben sich hier eher pessimistisch.

Überraschend ist auch der Drang der Befragten, verstärkt auf Neukundenfang zu gehen, obwohl es doch immer heißt, es sei einfacher, beim langjährigen Kunden mehr Umsatz zu generieren als bei völlig neuen. Rund die Hälfte der IT-Dienstleister erwartet dennoch bereits für dieses Jahr einen Bedeutungszuwachs dieser Kundengruppe, nur ein Viertel einen Schwund. Von den Bestandskunden hingegen werden deutlich seltener positive Impulse erwartet.

Eine eventuelle Umsatzsteigerung genügt den meisten nicht. Parallel wollen die Anbieter ihre Kosten senken. Zwei Drittel sehen in der Verschlankung der internen Prozesse die beste Lösung. Die Anpassung der Personalstruktur und die Standardisierung der Leis-tungsangebote sind die nächstwichtigen Maßnahmen. Outsour-cing hingegen wird von gerade mal 15 Prozent als eine Sparoption betrachtet, und das auch hauptsächlich nur von Spezialisten für Softwareentwicklung und -integration.

www.berlecon.de

ComputerPartner-Meinung

Wie viel verbrannte Erde haben die IT-Dienstleister in der goldenen Vergangenheit bei ihren Kunden hinterlassen, dass so viele jetzt ihr Umsatzheil bei neuen suchen? Vielleicht hätte mancher schon früher auf ordentliche Servicequalität und weniger auf einen horrenden Tagessatz achten sollen. Und wo kommen diese interessanten (finanzstarken) Klienten her? Die meisten werden ja wohl auch schon in fester Dienstleister-Hand sein. Das bedeutet also: Der Wettbewerb wird noch härter, und letztendlich teilen sich einige große Anbieter den Markt. (go)

Definition ist alles

Bei der Berlecon-Research-Umfrage wurden die IT-Service-Unternehmen nicht nur nach ihrer Größe unterschieden, sondern auch nach ihrer Ausrichtung. Laut Definition gehört ein Unternehmen in die Gruppe der "diversivizierten IT-Service-Anbieter", wenn der Umsatzanteil für mindestens einen Teilbereich mehr als zehn Prozent beträgt, aber kein Segment mehr als 50 Prozent ausmacht. Im letzteren Fall gilt man in diesem Bereich nämlich als "Spezialist". Und dann gibt es noch die Gruppe "IT-Services im Nebengeschäft". Bei dieser liegen die Umsätze aller Bereiche unter zehn Prozent des Gesamtumsatzes. (go)

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