Studie: Microsoft als Wohltäter der deutschen Wirtschaft

31.08.2000
Frei nach dem Motto "Glaube nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" hat Microsoft eine wohlgefällige Studie finanziert, die nachweisen will, dass zu viele Standards der Volkswirtschaft nur schaden.

Jeder Student kann ein Lied davon singen: Kurz vor dem Semesterende sind viele Professoren nicht mehr greifbar, weil sie sich angeblich wichtigen Forschungsprojekten widmen. Wie sehr die Unabhängigkeit in Forschung und Lehre angesichts immer knapper werdender Lehrmittel dabei in Frage gestellt wird, das zeigt eine gemeinsam mit der Universität Mannheim und der Universität Heidelberg entstandenen Studie der Unternehmensberatung M2c Prof. Perlitz & Partner. Auftraggeber war offiziell die Hunzinger Information AG, und bezahlt wurde sie von keinem anderen als von dem, den es betrifft, nämlich von Microsoft. Angesichts eines so prominenten Deckmantels wie Hunzinger, in dessen Aufsichtsrat sich gleich mehrere Staatssekretäre und zwei ehemalige Verfassungsschutzpräsidenten befinden, fragt sich natürlich: Hat Microsoft etwas zu verbergen?

Denn der Studie zufolge erscheint die Monopolstellung des Software-Riesen in einem viel freundlicheren Licht, wenn behauptet wird, dass ein völlig heterogener Software-Markt die Unternehmensgewinne schrumpfen und die Preise steigen lassen würde. Das musste ja mal gesagt werden, nachdem nun auch die Bundesregierung mit Open-Source-Software liebäugelt (siehe ComputerPartner 22/00, Seite 28).

Mit der US-Klage gegen Microsoft als Ausgangspunkt und der Frage, ob wirtschaftliche Tatbestände in der Diskussion genügend berücksichtigt wurden, stützt sich die Studie laut eigenen Angaben auf Aussagen von 876 Betrieben, wovon 461 nicht vertraglich an Microsoft gebunden sein sollen.

BIP würde schrumpfen

Anhand der Umfrageergebnisse wurde ein Simulationsmodell erstellt, das einem Schreckensszenarium gleichkommt. Denn demnach würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ohne die Existenz von Microsoft und den von dem Software-Riesen gesetzten Standards allein im ersten Jahr um 30 Milliarden Euro oder 1,5 Prozent wegbrechen. Ausgehend von diesem Jahr beliefe sich der volkswirtschaftliche Schaden laut der Studie bis 2007 sogar auf über 60 Milliarden Euro. Begründet wird das damit, dass Kenntnisse über Microsoft-Produkte nicht nur die Chancen am Arbeitsmarkt erhöhen, sondern auch einen wichtigen Anteil an der deutschen Arbeitsproduktivität hätten. Hinzu käme, dass die Stückkosten ohne Microsoft-Produkte anfänglich um 2,7 Prozent steigen würden, was die Unternehmensgewinne beträchtlich schmälern würde.

Standards und Überschaubarkeit

Obwohl die Monopolstellung eines Anbieters von der Mehrheit der befragten Unternehmen abgelehnt wird, sprachen sich nur zehn Prozent für eine völlig heterogene Software-Welt aus. Rund die Hälfte der Interviewten plädiert laut M2c für eine Handvoll von marktbeherrschenden Anbietern. Fazit der Studie ist also, dass sich die IT-Verantwortlichen in Deutschland mehr, aber nicht zuviel Wettbewerb im Software-Bereich wünschen. Forschungsleiter Manfred Perlitz fasst die Ergebnisse der Studie folgendermaßen zusammen: "Wie keine andere Branche ist die Software-Industrie mit allen anderen Bereichen der Wirtschaft vernetzt. Niemand darf glauben, man könne hier künstlich den Wettbewerb regulieren, ohne dass dies Auswirkungen auf die gesamte Volkswirschaft habe." Und als Seitenhieb gegen Berlin und Washington fügt er hinzu: "Ein völlig heterogener Markt mit einer Vielzahl von Anbietern, von dem manche Politiker träumen, ist für die Experten an der Front eher ein Albtraum, der zu höheren Kosten und sinkender Produktivität führen würde."

Angemerkt sei allerdings, dass auf eine Gegenrechnung über die Höhe des volkswirtschaftlichen Schadens durch unausgereifte oder instabile Microsoft-Produkte - abschmierende NT-Server etwa - bewusst verzichtet wurde. (kh)

www.m2c.de

www.hunzinger.de

www.microsoft.de

www.uni-mannheim.de

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