Sturm im Wasserglas

31.07.2003

Einen preiswerten Tintenstrahler bekommt man für rund 60 Euro. Die Freude über das vermeintliche Schnäppchen wird schnell getrübt, wenn neue Patronen fällig werden. Ein kompletter Satz Tintenpatronen kostet leicht 40 bis 50 Euro. Kein Wunder also, wenn der Verbraucher sich abgezockt fühlt. Und nicht nur der Verbraucher: Europas oberster Wettbewerbshüter Mario Monti vermutet Preisabsprachen der Druckerhersteller und kündigte bereits vor einiger Zeit an, deren Praktiken genauer unter die Lupe zu nehmen.

In die gleiche Kerbe schlug die niederländische Organisation Consumentenbond, vergleichbar mit der deutschen Stiftung Warentest. Bei einem großen Test hatten die Verbraucherschützer festgestellt, dass ein Chip in den Tintenpatronen von Epson weiteres Drucken unterband, obwohl die Patronen augenscheinlich noch zu einem Drittel gefüllt waren. (Lesen Sie dazu auch den Artikel "Intelligence Chip: der elektronische Druckkopfschoner" auf Seite 13).

Preisvergleiche der einschlägigen Testzeitschriften tragen weiterhin dazu bei, Verbraucher zu verunsichern. Da werden Füllmengen von Tintenpatronen verschiedenster Hersteller miteinander verglichen und anschließend ein Testsieger gekürt. Dass dabei manchmal Äpfel mit Birnen verglichen werden, fällt nicht weiter auf, Hauptsache die Überschrift ist reißerisch.

Seien wir doch einmal ehrlich: Dem Anwender kann es herzlich egal sein, ob 20 oder 40 Milliliter Tinte in der Patrone sind. Pigmentierte Tinte hat beispielsweise ein größeres Volumen als dünnflüssige. Obwohl in solchen Patronen objektiv gesehen mehr Tinte enthalten ist als in anderen, kann man jedoch nicht mehr Seiten bedrucken. Alles eine Frage der Technik. Vom Hersteller wird pro Patrone eine gewisse Anzahl an Seiten garantiert. Dafür zahlt der Kunde. Ob hinterher noch ein Rest Tinte in der Patrone verbleibt, ist dabei zweitrangig. Für den gezahlten Preis bekommt der Anwender seine garantierte Zahl an Ausdrucken.

Beim Auto ist es auch selbstverständlich zu tanken, bevor der Wagen wegen Spritmangels stehen bleibt.

Zugegeben: Tintenpatronen, egal welchen Fabrikats, sind vergleichsweise teuer. Dass der Hersteller eine Mischkalkulation aufstellt und den Druckerpreis über die Patronen subventioniert, wird immer wieder behauptet, konnte bislang aber nicht nachgewiesen werden. Würde der Kunde jedoch einen höheren Druckerpreis überhaupt akzeptieren oder lieber ein preiswertes Modell der Konkurrenz kaufen?

So oder so, die Lage ist verfahren. Kunden sind es gewohnt, billige Drucker zu kaufen und teure Verbrauchsmaterialien einzukalkulieren. Kein Hersteller kann es sich leisten, im unteren Segment keinen Drucker anzubieten. Alle Hersteller haben solche Produkte im Portfolio. Dass hierbei die Entwicklungskosten über die Verbrauchsmaterialien wieder reinkommen müssen, dürfte jedem klar sein. Vom Vorstoß der niederländischen Verbraucherschutzorganisation Consumentenbond ist nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas übrig geblieben.

Hans-Jürgen Humbert

hhumbert@computerpartner.de

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