Sturmangriff auf den Spiele-PC: Playstation & Co rüsten auf

06.02.2000
Hat das letzte Stündlein für den Spiele-PC geschlagen? Die Konsolenanbieter rüsten ihre Produkte zu echten Multimedia-Alleskönnern auf.

Video- oder Computerspiele sind schon längst nicht mehr die Domäne von Kindern und Jugendlichen. Diese Art von Unterhaltung ist zu einem bestimmenden Wirtschaftsfaktor geworden. Ein Beispiel: Die nach Angaben des Branchenverbandes Interactive Digital Software Association (IDSA) 1999 mit Spiele-Software umgesetzten 6,1 Milliarden Dollar in den USA haben als Summe noch nicht ganz die Höhe aller verkauften Kinotickets in den Staaten erreicht. Spätestens aber in der kommenden Weihnachtssaison wird die Sucht nach den Games den Kinogängen den Rang abgelaufen haben. Satte 2.400 neue Spiele werden innerhalb der nächsten zwölf Monate das Licht der Verkaufsregale erblicken.

Auf der Electronic Entertainment Expo (E3) haben die großen Spielekonsolenanbieter nun endgültig zum Sturmangriff auf die Bastion PC geblasen.

Die Verkörperung des drohenden Unheils, dass noch im Verlauf dieses Jahres auf die PC-Spieleallianz hereinbrechen wird, heißt Playsta-tion 2. Mit Internet-Zugang, E-Mail-Funktion, DVD-Abspielmöglichkeit und nicht zuletzt ausgezeichneter Grafikqualität ist die ab dem 27. Oktober auch in Deutschland verfügbare Sony-Konsole ein wahres Multimedia-Allroundtalent und könnte schon bald in vielen Wohnzimmern ein Zuhause finden.

Telefonieren per Konsole

Der Talente im Konsolenfeld noch nicht genug, steht nun auch den Telekommunikationsgesellschaften neue Konkurrenz ins Haus. Sega stattet die Dreamcast mit der Möglichkeit für Internet-Telefonie aus. So sollen Benutzer in den USA und Asien ab August kostenlos über das Internet miteinander kommunizieren können.

Woher kommt der Boom? Die neu-en Konsolen sind PCs inzwischen ebenbürtig, und vor allem fällt das leidige Installationsthema weg. CD einlegen und loslegen, heißt hier die Devise. Neue Breitband-Internet-Anschlüsse werden Spielekonsolen zum Alltagsgerät wie Telefon, Fernseher oder Hifi-Gerät aufwerten. Das scheint auch der Grund zu sein, warum Microsoft anscheinend die Hand beißt, die es füttert, und mit der "X-Box" im nächsten Jahr eine eigene Spielekonsole auf den Markt bringt. Windows soll so auch als Plattform in den Wohnzimmern etabliert werden. Zudem ist sich die Gates-Company augenscheinlich bewusst, welches Risiko sie eingehen würde, wenn sie in diesem zukunftsträchtigen Umfeld nicht mitmischen würde.

Während die Hardware-Hersteller um die Gunst der Endkunden werben, haben sich die Spieleentwickler und -publisher hinter den Kulissen meist schon entschieden, auf welches Pferd sie in Zukunft setzen wollen. Keine leichte Entscheidung, denn sollte tatsächlich bald das Ende des Spiele-PCs eingeläutet werden und man hat als Software-Anbieter dann keine zugkräftigen Titel für die Konsolen im Sortiment, kann das böse ausgehen. Hochwertige Spiele benötigen heute eine Entwicklungszeit von etwa zwei Jahren, und nur die ganz großen Anbieter wie Electronic Arts, Eidos oder THQ können es sich leisten, auf allen wichtigen Plattformen parallel zu entwicklen. Speziell kleine Anbieter können Fehlschläge mit Millioneninvestitionen meist nicht verkraften. Dazu kommt, dass eine kleinere Gruppe von Top-Titeln, wie etwa "Command & Conquer", "Age of Empires", "Gran Turismo" oder "Pokémon", immer mehr Umsatz auf sich vereint. Für den Rest wird es enger. Hier zeichnet sich eine Konsolidierung der Anbieter ab. Neben den großen Software-Konzernen wird es nur noch für wenige Nischenanbieter Platz geben. (akl)

www.playstation.de

www.dreamcast.de

www.e3expo.com

www.xbox.com

www.idsa.com

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