Summer in the City - wie Chefs ihre Mitarbeiter motivieren

27.06.2002
Die vorige Woche war schon sehr hart für viele Beschäftigte: Die WM-Spiele der überraschend erfolgreichen deutschen Nationalmannschaft wurden während der Arbeitszeit übertragen. Eine tropische Hitze legte sich über ganz Deutschland. Doppelter Grund für ComputerPartner, einmal in der IT-Branche zu recherchieren, wie die Geschäftsführer ihre Mitarbeiter trotz dieser beiden Großereignisse zur Arbeit motivieren oder diese gar erleichtern.

Bundesweit kletterte letzte Woche das Barometer über die magische 30-Grad-Grenze. Gefühlte Hitze in vielen Büros jenseits der 40 Grad. Denn nicht nur die sommerlichen Temperaturen, sondern auch die spannende WM in Japan/Korea ließ die Gemüter überkochen. ComputerPartner befragte deshalb Vorstände und Geschäftsführer aus Industrie, Distribution und Fachhandel, wie sie als Chefs ihren Mitarbeitern in dieser Zeit die Arbeit versüßen.

Die Lösung von Gerhard Schulz, Geschäftsführer von Ingram Macrotron, heißt knapp und pragmatisch: "Fenster aufmachen und die WM anschauen lassen." Auch Jürgen Rakow, Vorstandsvorsitzender der Vobis AG, hat sich der Fußballeuphorie gebeugt und erlaubt seinen Mitarbeitern, private Fernseher in den Büros aufzustellen. "Mitarbeiter mit internen Anweisungen von der WM abzuhalten, ist ein überflüssiger Machtkampf, den man schon vorab verloren hat", ist Sascha Hancke, Vorstand der Arxes AG, überzeugt. "Unproduktiv vor dem Fernseher ist das gleiche betriebliche Ergebnis wie unproduktiv im Internet, am Radio, am Telefon oder im Kollegenkreis. Deswegen haben wir einen Fernseher in der Kantine, und jeder darf schauen so viel er will, vorausgesetzt es werden keine Termine verpasst. Im Ergebnis haben wir zufriedene Mitarbeiter und hin und wieder ein schönes Gemeinschaftserlebnis."

Für Michael Cerny, Direktor PC-Geschäft bei IBM Deutschland, Österreich und Schweiz, sind da eher mobile Arbeitsbedingungen lohnend, "was sich gerade an wiederkehrenden Naturereignissen erkennen lässt. Dank des Notebook-Einsatzes können unsere Mitarbeiter auf die sommerliche Hitzewelle oder die terminliche Herausforderung der Fußballweltmeisterschaft flexibel reagieren. Wer also am Montag abend noch einen millionenschweren Auftrag gewinnt, der darf auch getrost am Dienstag mittag Feierabend machen, um im Biergarten das Halbfinalspiel zu schauen." Für die Wartezeit in der Halbzeitpause hat er aber auch einen kreativen Einfall: "Dann kann er ja noch ein paar Mails beantworten. Unsere jüngste Imagekampagne fragte: Wo haben Sie Ihre besten Ideen?" Vielleicht ist die Antwort ja: beim Golden Goal!"

Auch Martin Furu-seth, Geschäftsfüh-rer Tech Data Deutschland GmbH, zeigt deutsche Flag-ge: "Als Norweger nimmt man es mir bei dieser WM sogar ab, dass ich deutscher Lokalpatriot bin und meinen Mitarbeitern das Verfolgen der Deutschlandspiele auf Groß-leinwand ermögliche. Norwegen nimmt ja bekanntermaßen dieses Jahr nicht teil. Asien als Aus-tragungsort war uns Nordlichtern zu weit. Alles, was man noch mit Wikinger-Booten erreichen kann, ist für uns Nirwana..."

Selbst ein Fußballgegner wie Frank Roebers, Vorstandssprecher von PC-Spezialist, ergibt sich seinem Schicksal: "Wir haben wider unsere Überzeugung den armen Fußball-Junkies erlaubt, während der Arbeitszeit die Spiele der deutschen Nationalmannschaft zu schauen. Die Befürchtung war einfach zu groß, dass die armen Geschöpfe ansonsten in eine wenig produktive Starre verfallen wären. Das Ergebnis wäre letztlich wirtschaftlich das Gleiche, so konnten wir aber wenigstens großzügig wirken."

Andere Chefs wirken nicht nur großzügig, sie sind es auch. "In Zusammenarbeit mit dem Betreiber der Kantine steht unseren Mitarbeitern in Heimstetten ein Fußballeck zur Verfügung, das mit den Flaggen aller teilnehmenden Länder bestückt ist", berichtet Helmut Wilke, Deutschland-Geschäftsführer Sun Microsystems.

"Hier steht ein Großbildfernseher vor Kino-Bestuhlung. Die Geschäftsführung und die Personalabteilung haben per Mail alle Mitarbeiter aufgefordert, die Möglichkeit der Spieleübertragung zu nutzen, vorausgesetzt, alle Abteilungen bleiben noch erreichbar. Bei Deutschlandspielen verzeichneten wir zirka 200 Zuschauer. Zum Spiel gibt es kostenlose Chips und Salzstangen. Es können sogar Spielwetten abgegeben werden, wobei man ein Mittagessen gewinnen kann." Auch Anke Kugies, Interims- und künftiger Vorstand der COS Deutschland GmbH, hat ein Herz für Fußballer. "Unter Flaggen und mit kühlen Getränken sitzen die treuen Fans gemeinsam vor einer Großleinwand und feuern das deutsche Team an. Hat ja bisher ganz gut gewirkt."

Gerhard Hundt, Geschäftsführer der Avnet Applied Computing GmbH, hat für alle Fußballbegeisterten zum Spiel Deutschland gegen USA im Eizo-Vertrieb eine Großleinwand aufstellen lassen und "sollte unsere Elf das Halbfinale schaffen, gibt es bei tropischer Hitze Eis und bei weniger als 28 Grad Champagner für alle Mitarbeiter - und die schlechte Laune in unserer amerikanischen Konzernzentrale sitzen wir einfach aus!" Aber auch Kunden, "die uns in diesen schicksalsträchtigen Anderthalbstunden sprechen wollen, brauchen sich nicht zu sorgen; wir bleiben erreichbar, wenn wir auch um Toleranz bitten angesichts möglicher animalischer Hintergrundgeräusche."

Mittendrin statt nur dabei sind auch die Mitarbeiter von Alexander Salvador, Geschäftsleiter Zentraleuropa Creative Labs GmbH: "Wir haben in unserem Meeting-Raum eine Leinwand kurzerhand zum Großbildschirm umgestaltet." Und das Produktangebot von Creative wie Soundblaster, TV-Karten und Dolby-Digital-Lautsprecher-Systeme sorgen für echtes Life-Feeling, wie Salvador betont. Ähnliches Ambiente bietet auch Andreas Müller, Deutschland-Geschäftsführer der Guillemot GmbH, in dem er einen Fernseh-Beamer aufstellen und zu jedem Spiel eisgekühltes, alkoholfreies Bier reichen ließ. Kein Bier, aber kalte Getränke sorgen auch bei Maxdata für Abkühlung, wie Holger Lampatz, Vorstandsvorsitzender, berichtet. "Unsere Mitarbeiter können nach Absprache mit ihren Vorgesetzten in Form von Überstundenabbau, Vor- oder Nacharbeit die Deutschlandspiele in ihrem Freundeskreis verfolgen oder im Kollegenkreis vor großen Leinwänden verfolgen. Alle weiteren kleinen Überraschungen für unsere Mitarbeiter liegen in der Verantwortung der einzelnen Abteilungsleiter, doch diese werden noch nicht verraten..."

Gute Zeiten, heiße Zeiten

Aber nicht nur das Fußballfieber sorgt für erhöhte Temperaturen, sondern auch die tropische Hitze. Wohl den Mitarbeitern, die in klimatisierten Räumen arbeiten. Doch auch hier beweisen einige Chefs echte Kreativität. "Die Hitze macht uns eigentlich wenig zu schaffen", erklärt Heinrich Straub, Geschäftsführer der Sandata ED-Systemhaus GmbH. "Wir haben nämlich einen klimatisierten Serverraum, der sich auch für kurze Besprechungen eignet."

Oftmals stellt sich die Kantine, falls vorhanden, erfrischend auf die Hitze ein. "In unseren beiden Cafeterien gibt es kostenlos gekühlte Softdrinks und extra gekühltes Mineralwasser, so bleibt man cool und frisch", erklärt Frank Steinhoff, Geschäftsführer Apple Deutschland. Ein weiteres Extra ist wohl für keinen eine echte Überraschung. Denn laut Steinhoff "gibt es außerdem bei uns immer und täglich reichlich frische Äpfel für alle."

Sehr beliebt bei allen Mitarbeitern sind natürlich Chefs, die auch mal ein Eis springen lassen, zu denen übrigens auch Steinhoff gehört. Bei Guillemot gibt es da immer wieder ein McFlurry vom Chef, die Arxes-Chefs sorgen ebenfalls für ein volles Eisfach, und bei Creative wechselt man sich beim Spendieren ab, "sonst wird der Chef noch arm und Rakow empfindet "die Sache mit dem Eis als netten Denkanstoß, aber wohl kaum durchführbar. Wenn ich mir nur vorstelle, wie die Vobis-Vorstände durch die Büros laufen und Eis verteilen..."

Furuseth geht das Problem nach Wikinger-Manier an: "Unter den hohen Temperaturen haben wir in der Tat alle zu leiden. Aus diesem Grund habe ich für die Zeit der tropischen Temperaturen das Ziel ausgegeben: Ab 45 Grad im Büro wird unseren Mitarbeitern pro Stunde fünf Euro Saunazuschlag vom Gehalt abgezogen. Soviel Komfort am Arbeitsplatz mit einer eigenen Sauna bieten in diesen Zeiten nicht viele Unternehmen." Selbst in puncto "Eis für Alle" nutzt der Norweger die Erfah-rungen der seefahrenden Eroberer. "Es gibt einige Hersteller, die uns tatkräftig mit nasskalten Spenden unterstützen und so für optimales Branding und bei unseren rau-chenden Köpfen für Abkühlung sorgen. Hier gilt die Ansage: Je mehr Eisspenden wir von den Herstellern erhalten, desto höher rücken sie in unserem Vertriebs-fokus. Mafiamethoden bei Tech Data: Eis gegen Umsatz - Mahlzeit."

Ernst Holzmann, Geschäftsführer Zentraleuropa bei NEC-Mitsubishi, ist eher friedfertig, kann sich aber nicht so richtig mit der Spendier-Idee anfreunden und fragt: "Warum muss immer der Chef alles tun, wer kümmert sich denn mal um mich??!!" Doch für Holzmann sind eigentlich weder die WM noch die tropischen Temperaturen das eigentliche aktuelle Problem, "sondern die dementsprechend geänderte "Kleiderordnung" des weiblichen Geschlechts, welche hauptsächlich für Herzrasen/erhöhten Blutdruck/glasige Augen/Schweißausbruch und unkontrolliertes Verhalten der männlichen Fraktion verantwortlich ist!" Er hat jedoch eine prima Idee zur Abkühlung parat: "Ich empfehle einen Eimer mit kaltem Wasser und dann Füße rein. Wenn’s ganz schlimm kommt, Kopf rein. Weniger empfehlenswert: Ein Eimer für alle und wechselseitig Kopf und Füße!"

Auf Wasser steht auch Markus Bregler, Direktor Zentraleuropa bei Palm. Während die Mitarbeiter auf "zusätzliche Miefquirls" zurückgreifen, hat er für sich ein eigenes Rezept: "Meine Geheimwaffe ist das Kinderplantschbecken mit kühlem Wasser unter dem Schreibtisch. Ist zwar nicht so technisch, aber mindestens genauso erfrischend."

Den absoluten Vogel in Sachen Abkühlung schießt jedoch Arxes ab. "Wir sind langjährige Experten", erklärt Hancke. "In einem Archivschrank mit der Aufschrift "Wichtig!" befindet sich ein Arsenal an Wasserpistolen, das ab 30 Grad gestürmt werden darf. Das Top-Ereignis sind jedoch unsere spontanen Wasserski-Events, die als Projektprämie oder Abteilungsausflug ausgelobt werden."

ComputerPartner-Meinung:

Das Umfrageergebnis hat wohl deutlich gemacht, welche netten Chefs es in der deutschen IT-Branche gibt. Unser Chefredakteur gehört übrigens auch dazu. Er hat sich bereit erklärt, der gesamten Redaktion Eis zu spendieren, "aber nur, wenn es jemand Anderes holt." (bw/go)

Zur Startseite