Sun beweist: Auch Microsoft/Intel-Gegner können Geld verdienen

08.08.1997
MÜNCHEN: Sun ist der letzte der Mohikaner, der dem Wintel-Primat noch ernst zu nehmenden Widerstand leistet. Denen, die daran überhaupt noch interessiert sind, dürften die jüngsten Bilanzen Mut machen: Nie ging es dem Java-Bannerträger besser als im vergangenen Jahr.Auch wenn Sun mit Java selber nicht allzu viel verdient haben dürfte: Der Rummel um die "write once, run anywhere"-Programmiersprache hat den Kaliforniern sicher nicht geschadet. Jedenfalls wurde der restlichen Produktpalette ausreichend Aufmerksamkeit zuteil, daß Sun das Geschäftsjahr 1997 (bis 30.6.) mit den schwärzesten Zahlen seiner 15jährigen Geschichte schreiben konnte. Der Umsatz stieg um 21 Prozent auf knapp 8,6 Milliarden Dollar, und der Gewinn machte gar einen Sprung von 60 Prozent auf 762 Millionen Dollar. Firmenchef Scott McNealy sieht sich bereits im laufenden Jahr die zehn-Milliarden-Schwelle überschreiten.

MÜNCHEN: Sun ist der letzte der Mohikaner, der dem Wintel-Primat noch ernst zu nehmenden Widerstand leistet. Denen, die daran überhaupt noch interessiert sind, dürften die jüngsten Bilanzen Mut machen: Nie ging es dem Java-Bannerträger besser als im vergangenen Jahr.Auch wenn Sun mit Java selber nicht allzu viel verdient haben dürfte: Der Rummel um die "write once, run anywhere"-Programmiersprache hat den Kaliforniern sicher nicht geschadet. Jedenfalls wurde der restlichen Produktpalette ausreichend Aufmerksamkeit zuteil, daß Sun das Geschäftsjahr 1997 (bis 30.6.) mit den schwärzesten Zahlen seiner 15jährigen Geschichte schreiben konnte. Der Umsatz stieg um 21 Prozent auf knapp 8,6 Milliarden Dollar, und der Gewinn machte gar einen Sprung von 60 Prozent auf 762 Millionen Dollar. Firmenchef Scott McNealy sieht sich bereits im laufenden Jahr die zehn-Milliarden-Schwelle überschreiten.

Auch sein Deutschland-Statthalter Helmut Krings muß sich nicht verstecken. Er kann einen Umsatzzuwachs von 29 Prozent auf 797 Millionen Mark verbuchen. Als Hauptgründe für das brummende Geschäft

nennen die Manager dies- und jenseits des Atlantiks - was wunder - zweierlei: Server und Workstations. So sei der Ultra Enterprise Server allein in Deutschland 900mal installiert worden, und bestreitet damit hierzulande bereits mehr als die Hälfte des Umsatzes. "Wir sind jetzt die Nummer Eins bei UNIX-Servern in Deutschland - vor SNI", jubiliert Krings. Auch die Nachfrage nach dem erst im Februar angekündigten Modell 10000 übertreffe die Erwartungen.

Auch die Schlacht UNIX gegen NT auf dem Workstation-Markt hat Sun allem Anschein nach bisher ohne Blessuren überstanden: "Wir sind einziger UNIX/RISC-Workstation-Hersteller mit absolutem Wachstum", verkündet der sonst eher zurückhaltende Krings.

Für Java naht die Stunde der Wahrheit

Viel mehr als Suns Wohl und Weh in seinen traditionellen Märkten interessiert die Branche aber das Gedeihen von Java. "Das vergangene Jahr war geprägt von missionarischem Treiben. Wir wollten der Welt erzählen, was Java ist", resümiert der Rheinländer. Von jetzt an wolle man aber die Frage beantworten "Wie setze ich Java ein?" Butter bei die Fische - sprich Anwendungen und Anwender - will die Branche sehen. "Es gibt bei den Kunden eine extreme Zurückhaltung wegen ihrer Java-Projekte. Sie betrachten Java als strategische Waffe, und geben erst etwas bekannt, wenn die Waffe zum Einsatz kommt", erklärt Krings die bisherige Ödnis hinter der Marketing-Fassade. Immerhin vier (von wieviel?) Kunden trauen sich an das Licht der Öffentlichkeit: Die Allianz Kapitalanlagegesellschaft nutzt Java für die Online-Verwaltung des Fond-Depots durch den Kunden via Internet; die DG Bank steckt im Betatest einer Online-Anbindung ihrer Filialen an den Handelsraum; die BMW AG implementiert zur Zeit ein Java-basiertes Dokumenten-Managementsystem; und die debis Online Services AG ist dabei mit einem weltweiten Informationsdienst von Autoherstellern für Niederlassungen, Fachhändler und Zulieferer. Eine 100 Prozent reine Java-Anwendung ist jedoch nur letzteres Beispiel. Einstweilen bemüht sich Sun darum, Java als ISO-Standard adeln zu lassen. Noch wird der Antrag von der Organisation geprüft.

Java-Zukunftsmarkt: intelligente Chipkarten

Eine der wichtigsten Anwendungsgebiete für Java sieht der kalifornische Hersteller bei der Chipkartentechnologie. "Heute kostet eine Network Computer-CPU mehrere hundert Dollar. Mit SmartCards sinkt der Preis auf 50 Dollar. Das ist der ultimative Thin Client", schwärmt McNealy. Aus diesem Grund hat sich Sun mit Siemens zusammengetan. Die Deutschen sind weltweit führender Hersteller von sogenannten integrierten Schaltungen für SmartCards. Deren Markt wird derzeit auf weltweit etwa 520 Millionen Mark geschätzt. Diese Zahl soll sich innerhalb der nächsten vier Jahre vervierfachen. Das Abkommen mit Sun erlaubt es den Siemensianern nun, eine neue Generation von SmartCard-Chips mit integriertem Java-Card-Instruction-Set zu produzieren. Mitte 1998 sollen die ersten dieser Minicomputer auf den Markt kommen, die in den Träumen der Entwickler in nicht allzu ferner Zukunft auch mit einem Display und einer winzigen Tastatur bestückt sein werden. Von Geldabheben, Telefonieren und Einkaufen bis zu Zugangkontrolle und Internet-Zugang soll alles möglich sein. Daß solche Aussichten den Absatz seiner NC gefährden könnten, läßt den Server-Hersteller McNealy kalt. Die bloßen Verkaufszahlen von Java-Stations seien ihm egal: "Interessanter finde ich: Wieviele Java-Browser sind da draußen?" (ld)

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