Suns One-Architektur nimmtGestalt an

10.01.2002
Beim Stichwort Verzeichnisdienst fallen einem Microsofts Active Directory oder vielleicht auch noch Novells Diectory Services (NDS) ein. Dass auch Sun einen gut funktionierenden Directory Server von Iplanet sein Eigen nennt, ist bisher nur einem engen Anwender- und Beraterkreis bekannt. Das könnte sich bald ändern.

Im März ist es soweit, dann wird der Netscape-Teilnachfolger Iplanet komplett in den Sun-Konzern eingegliedert. Das drei Jahre währende Provisorium nimmt damit sein Ende. Es wurde ohnehin nur aus steuerlichen Gründen ins Leben gerufen, um die von AOL nicht erwünschten Netscape-Bestandteile nicht gleich Sun einzuverleiben. Da Iplanet keine eigene Rechtsform besitzt, veröffentlicht diese Sun-Division auch keine eigenen Umsatzzahlen.

Die Produktpalette von Iplanet lässt sich laut Meta Group in zwei Bereiche einteilen. Die Marktforscher unterscheiden zwischen den E-Commerce-Anwendungen, um die es im vergangenen Jahr ruhiger geworden war, und den Infrastrukturlösungen von Iplanet, die Sun nun stärker in den Vordergrund rücken möchte.

Da gibt es die verzeichnisorientierten Applikationen aus dem früheren Hause Netscape, die sich nach wie vor großer Beliebtheit im Markt erfreuen. Hier ist vor allem der am Markt etablierte Directory Server zu nennen. Daneben bietet Sun Web- und Applikationsserver sowie EAI-Werkzeuge (Enterprise Application Integration). Eine eher untergeordnete Rolle im Iplanet-Szenario spielen hingegen die früheren Netscape-Vorzeigeprodukte Web-Browser (Navigator) und Messaging-Lösungen (Messenger). Offenbar hat man dieses Feld mehr oder weniger Microsoft überlassen - wenn auch nach heftigem Kampf.

Webservices auch für Sun wichtig

Die neuen Infrastrukturlösungen von Iplanet setzen auf Sun One(Open Net Environment) auf, einer kompletten Umgebung für die Entwicklung und den Einsatz von Webservices. Diese knapp ein Jahr alte Architektur orientiert sich an bewährten Standards wie Java 2 Enterprise Edition (J2EE), aber auch an den im vergangenen Jahr aufgekommenen XML-orientierten Errungenschaften wie WSDL(Web Services Description Language), Soap (Simple Object Access Protocol) oder UDDI (Universal Description Discovery Integration), den gelben Seiten im Web.

Denn auch Sun will bei dem neuen Hype "Web-Services" nicht außen vor stehen, sondern aktiv die neuen Dienste im Internet mitgestalten. Zwar ist noch nicht klar, ob diese Dienste bereits in diesem Jahr benötigt werden und tatsächlich im größeren Maße zum Einsatz gelangen - die Marktforscher der Giga Group glauben, dass es erst 2003 so weit sein wird. Nichtsdestotrotz sind Investitionen in die Webinfrastruktur unerlässlich, meint Peter S. Kastner von der Aberdeen Group.

Davon sind zumindest US-amerikanische Unternehmen felsenfest überzeugt, wie eine im vergangenen Jahr durchgeführte Befragung belegt. Vom verstärkten Einsatz der Webtechnologie versprechen sich Anwender vor allem Zeit- und Kostenersparnisse. Dies gilt übrigens auch für europäische Firmen.

Bei den Infrastrukturlösungen gibt es in diesem Jahr einige Neuerungen zu vermelden. Sun wird die sich selbst auferlegte Beschränkung auf das eigene Unix-Derivat Solaris aufgeben und Iplanets Serverfamilie auch für unter Windows NT oder Linux arbeitende Systeme anbieten.

ComputerPartner-Meinung:

Suns Anti-Microsoft-Kampagne One (Open Net Environment) hat gute Chancen, zu einem Standard für die Entwickler zu werden. Als Gegenpol zu Dot-Net wird diese Java-basierende Architektur sicherlich viele Freunde finden. Und falls das Konzept der Webservices sich mal durchsetzen sollte, spielt es ohnehin keine Rolle mehr, in welcher Umgebung man die gewünschten Anwendungen entwickelt. Dann können Softwarehäuser und Systemintegratoren je nach Bedarf und vorhandenem Know-how frei entscheiden. (rw)

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