Suse-CTO zu SCO: "Linux wird diese Hürde überwinden"

30.05.2003
In einem Gespräch mit ComputerPartner äußerte sich Suses frisch gebackener CTO (Chief Technical Officer) Jürgen Geckzu seinem neuen Aufgabenfeld und zur künftigen Ausrichtung des Linux-Anbieters.

"Mein Vorgänger Boris Nalbach hat hervorragende Arbeit geleis-tet, nun gilt es, die von ihm geschaffene Prozesslandschaft Kunden und Partnern zu öffnen", so definiert Suses neuer Technikvorstand Jürgen Geck seinen Tätigkeitsbereich. Implementierung und Aufspielen von Patches sollen bei Kunden noch rascher als in der Vergangenheit von der Hand gehen, neue Automatismen dazukommen. "Deutsche Bank oder Amazon.com können sich keine Downtime leisten", begründet Geck die Notwendigkeit, die Technik ausfallsicherer zu machen. "Es geht nun um Qualitätssicherung und flexibles Deployment."

SCOs Vorgehen ist gut für Microsoft

Geck teilt die Besorgnis der Open-Source-Community, was das Vorgehen des bisherigen Mitstreiters SCO betrifft. Im März erhob der Unix-Anbieter eine 1-Milliarden-Dollar-Patentklage gegen IBM, vor zwei Wochen nahm er die eigene Linux-Distribution vom Markt und drohte allen Open-Source-Anwendern mit weiteren Klagen. In der vergangenen Woche trat SCO schließlich aus dem Linux-Verband und dem Advisory Council der Linux World aus. "Dies führte zur Verunsicherung im Markt und erfreute vor allem Microsoft", kommentiert Geck. Denn gleichzeitig erwarben die Redmonder von SCO dessen Rechte am Unix-Betriebssystem.

Dennoch ist sich der Suse-CTO sicher, dass Linux auch diese Hürde überspringen wird: "Sollten einige Komponenten des Kernels tatsächlich patentrechtlich geschützt sein, werden nur einige Tage vergehen, bis Entwickler auf der ganzen Welt diese Bausteine komplett neu programmiert haben." Laut Geck ist die Open-Source-Gemeinde zu groß und die Unterstützung seitens der ISVs (Independent Software Vendors) wie Oracle, IBM und SAP zu massiv, als dass SCOs Vorgehen Linux ernsthaft bedrohen könnte.

Andererseits fehlt der von Suse geleiteten United-Linux-Initiative nun ein Mitglied in den USA. "Das werden wir mit neuen Kooperationen kompensieren und verstärkt SCO-Partner angehen", so Geck. Dem stimmt auch Suses Partnerverantwortliche Petra Heinrich zu: "In den USA haben wir bereits mit 80 Business-Partnern Verträge abgeschlossen - hauptsächlich an der Ost- und Westküste, aber auch im Raum Chicago." Diese Wiederverkäufer werden von der Suse-Niederlassung in Oakland aber auch Web-gestützt von Nürnberg aus betreut.

"Nun suchen wir noch einen großen Distributor in den USA, erste Gespräche mit Ingram Micro fanden dort bereits statt", so Heinrich. Offenbar gestalteten sie sich aber schwieriger als die mit der hiesigen Niederlassung des Broadliners vor einem halben Jahr. Da wurde rasch ein Exklusivvertrag unterschrieben. "In den USA arbeiten die Distis etwas anders, sie sind dort vor allem Logistik-Dienstleister und helfen Händlern vielleicht noch bei der Finanzierung, aber da erschöpft sich bereits die Unterstützung", zieht Suses Vizepräsidentin ein erstes Fazit.

www.suse.de

ComputerPartner-Meinung

Geck sieht seine Tätigkeit als Suse-CTO weniger im technischen Bereich, sondern mehr als Mitkämpfer bei der Marktdurchdringung der Windows-Al-ternative. Dies ist zwar meist die Aufgabe eines so genannten Business-Development-Managers, aber es schadet ja nicht, wenn ihm der oberste Techniker dabei behilflich ist. Nach SCOs Abschied aus der Open-Source-Szene werden neue Mitstreiter ohnehin noch mehr gebraucht. (rw)

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