Neuer (alter) Linux-Player

Suse wird selbständig

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Seit dem 2. Juli 2018 steht es fest: Micro Focus will Suse loswerden. Nun werden die ersten Weichen für den Buy-out-Prozess gestellt.

Die neu gegründete Muttergesellschaft von Suse, Marcel LUX IV S.a.r.l., hat Anfang September 2018 mehrere Darlehen erhalten, um Suse von Micro Focus zu erwerben. Micro Focus hatte 2. Juli 2018 angekündigt, die Linux-Company an den nordeuropäischen Investor EQT Partners AB EQT Partners AB veräußern zu wollen. Die zu diesem Zweck neu gegründete Marcel LUX IV S.a.r.l., in Deutschland ist es die Marcel BidCo GmbH mit Sitz in München, soll demnach Suse für 2,535 Milliarden Dollar von Micro Focus kaufen. Die Transaktion wird voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2019 über die Bühne gehen.

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Das Suse-Partner-Portal. Der Linux-Spezialist unterscheidet zwischen Resellern, Managed und Cloud Service Providern, Distributoren, Systemintegratoren und Systemhäusern.
Das Suse-Partner-Portal. Der Linux-Spezialist unterscheidet zwischen Resellern, Managed und Cloud Service Providern, Distributoren, Systemintegratoren und Systemhäusern.
Foto: Suse

Suse-Anfänge in den 1990ern

Die Suse GmbH gibt es mittlerweile seit 26 Jahren. Nach dem Start 1992 in Nürnberg erreichte diese Linux-Distribution in Deutschland rasch eine große Verbreitung. Die Expansion ins Ausland gelang nicht so gut, hier war die Konkurrenz der fast genauso alten Red Hat einfach zu stark. Aktuell nimmt Red Hat fast drei Viertel des weltweiten Linux-Marktes für sich in Anspruch, während Suse mit mageren 14 Prozent auskommen muss (Quelle: Moody's).

2003 wurde Suse von Novell übernommen, bevor diese Software-Company selbst 2011 von Attachmate geschluckt wurde. Dieses Firmenkonglomerat mit den Brands Novell, Suse und NetIQ wurde wiederum 2014 von Micro Focus akquiriert.

Doch in all den bewegten Zeiten hat Suse - zumindest Deutschland - kaum an Popularität verloren. Das Unternehmen hat sich mittlerweile auch zu einem Cloud-Provider entwickelt und offeriert mit der "Suse OpenStack Cloud" eine auf Industrie-Standards basierende, kundenspezifisch anpassbare Cloud-Infrastruktur.

Laut Jens-Gero Böhm, Channel-Leiter bei Suse Zentraleuropa, und auf dieser Position sowohl für Reseller als auch Service Provider zuständig, wächst das Unternehmen aktuell um mehr als 20 Prozent jährlich. Der Software-Markt hat sich seiner Meinung nach in den vergangenen fünf Jahren radikal gewandelt. So ist beispielsweise Microsoft nicht mehr der große Linux-Gegner sondern im Gegenteil ein eifriger Open-Source-Befürworter: "40 Prozent von Azure basieren auf unserer Linux-Distribution", so der Suse-Manager zu ChannelPartner. Außerdem soll ein Großteil von SAP HANA-Instanzen unter Suse Linux laufen.

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Und nicht nur daraus ergeben sich hervorragende Chancen für die aktuell genau 905 Partner von Suse in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz). Diese unterteilt Böhm in unterschiedliche Kategorien: Managed und Cloud Service Provider (MSP, CSP), Hoster, Systemintegratoren, IT-Dienstleister und Systemhäuser. Darüber hinaus arbeitet der Linux-Spezialist mit allen großen OEMs (Original Equipment Manufacturers) zusammen: Dell, HPE, Fujitsu, IBM, Lenovo und Cisco. Zu den Suse-Distributoren in Deutschland zählen unter anderem Ingram Micro, Also und seit neuestem auch StarLink. Am europäischen Suse-Channel-Summit Ende September 2017 in Prag nahmen 120 deutsche Partner teil.

Meinung des Redakteurs:

Mit der wieder erlangten Selbständigkeit könnte sich Suse wieder zu einem ernsthaften Konkurrenten zu Red Hat entwickeln und auch außerhalb Deutschlands signifikante Marktanteile erringen. Dem Markt würde das nur guttun. Und mit der Konzernzentrale in Nürnberg bekäme auch Deutschland nun (wieder) einen bedeutenden Player im hart umkämpften IT-Markt zurück.

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