Ausländisches Recht beachten

Systemhäuser – Vorsicht beim Vertrags-Management



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Ausschlüsse und Begrenzungen in Deutschland nicht möglich

Ein zweiter wesentlicher Unterschied zwischen deutschen und US-bezogenen VAR-Verträgen liegt in der Möglichkeit, in US-Verträgen Gewährleistungs- und Haftungsansprüche umfassend wirksam auszuschließen bzw. auf ein Minimum zu reduzieren. In deutschen Verträgen sind solche umfassenden Ausschlüsse und Begrenzungen gar nicht möglich. Die Konsequenz aus nicht erfolgtem Nachverhandeln für das Systemhaus: Es haftet im Verhältnis zu seinen Kunden umfassender, als der US-Softwareanbieter gegenüber dem Systemhaus.

So sehen VAR-Verträge nach US-Recht z.B. oft eine Gewährleistungsfrist von 90 Tagen vor, während nach deutschem Recht die gesetzliche Gewährleistungsfrist 2 Jahre beträgt. Sofern die Software nicht an Privatpersonen sondern an Unternehmen verkauft wird, kann das Systemhaus die Gewährleistungsfrist in seinen Verkaufsbedingungen zwar auf ein Jahr verkürzen. Aber das sind immer noch 9 Monate mehr, als der Softwarehersteller haftet. Auch bei Ansprüchen, die bei gescheiterter Nachbesserung bestehen, gibt es gravierende Unterschiede zwischen den beiden Rechtssystemen.

Wie ist es mit der Rückabwicklung?

Während US-Verträge die Rechte des Käufers meist auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages beschränken, sind nach deutschem Recht auch Ansprüche auf Kaufpreisminderung und Schadenersatz möglich. Diese Ansprüche können in Standardverträgen nach deutschem Recht nicht wirksam ausgeschlossen werden. Selbst Beschränkungen in der Haftungssumme sind gemäß deutschem Recht in Standardbedingungen nur bei leichter Fahrlässigkeit denkbar und dann auch nur, wenn sie ausreichend bemessen sind, um den typischen und bei Vertragsschluss vorhersehbaren Schaden (inkl. entgangenem Gewinn durch Ausfallzeiten) abzudecken.

Neben den geschilderten Unterschieden zwischen beiden Rechtssystemen gibt es oft auch noch weitere Differenzierungen, die vertraglich harmonisiert werden müssen. Die beiden Lieferkreise: Softwarehersteller an Systemhaus und Systemhaus an Kunde müssen vertraglich stimmig sein. Diese Harmonisierung ergibt sich nicht nur aus der Haftungsvermeidung. Auch bei Unternehmensverkäufen werden solche potenziellen Haftungsrisiken im Rahmen der Due Diligence von den Anwälten der potenziellen Käufer geprüft, und können, je nach Risiko, den Unternehmenskaufpreis empfindlich mindern. Das Systemhaus sollte in jedem Fall vor Abschluss eines VAR-Vertrages nach US-Recht sorgfältig prüfen, welche Änderungen im Vertrag notwendig sind und diese dann mit dem Softwareanbieter verhandeln. (oe)

Der Autor Jürgen Beckers ist Gründungspartner der Kanzlei Rechtsanwälte BDH, Darmstadt. Arbeitsschwerpunkte sind IT-Recht und Lokalisierung von US-Verträgen für deutsche Firmen und deren US-Mütter.

Kontakt: Rechtsanwälte BDH Beckers, Dick und Kollegen, Robert-Bosch-Str. 9, 64293 Darmstadt, Tel.: 06151 87057-0, Fax 06151 87057-1, Internet: www.rechtsanwaelte-bdh.de

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