Systems 2002: die Messe der kurzen Wege

24.10.2002
Lediglich 1.600 Aussteller kamen zur diesjährige Münchener IT-Messe, ein Viertel weniger als im letzten Jahr. Zum ersten Mal bat der Veranstalter die Besucher, sich vor Eintritt zu registrieren.

Man kann nicht behaupten, dass die Messe brummt, wenn die Branche nicht brummt. So geht es einfach nicht", resümiert Jochim Enßlin, Geschäftsführer der Messe München, die Systems. Die Branchensituation sei alles andere als rosig, und viele Unternehmen seien verschwunden. Auf der diesjährigen Ausstellerliste standen dann auch über 500 Firmennamen weniger als noch im vergangenen Jahr, was einer Abnahme von 25 Prozent entspricht.

Auch die Besucherzahl liest sich eher bescheiden. Lediglich 80.000 Fachinteressenten passierten die Eingangspforte der Systems. Im vergangenen Jahr fanden immerhin noch 117.000 Besucher den Weg zum Messegelände, und im Glanzjahr 2000 drängten sich knapp 150.000 Menschen in den Gängen.

Einhergehend mit den reduzierten Ausstellerzahlen nahm zwangsweise auch die Anzahl der belegten Hallen ab. Während sich die Sys-tems im vergangenen Jahr noch auf 15 Hallen erstreckte, reichten 2002 lediglich acht Gebäude, um die Aussteller unterzubringen. Allerdings war im vergangenen Jahr aufgrund der vielen kurzfristigen Absagen sehr viel leerer Raum zwischen den Messeständen. "Die diesjährige Hallenzahl spiegelt die tatsächliche Situation aus dem letzten Jahr wider, da hätten auch schon weniger Hallen ausgereicht", meint Fiona Hunter, Marketing-Managerin bei Exabyte.

Ein Besucher, der anonym bleiben möchte und dessen Firma im Messebau tätig ist, meint ebenfalls, dass auch in diesem Jahr das Fehlen von Ständen durch geschickt platzierte Wände optisch kaschiert wurde: "Berücksichtigt man die zahlreichen Ruhebereiche mit Sitzgelegenheiten und die fehlenden Stände, könnte man sich glatt noch eine Halle sparen." Dennoch versucht die Messeleitung Optimismus zu verbreiten. Die Stimmung der Aussteller sei gut gewesen, besser als erwartet zumindest. Einige hätten überraschenderweise viele Leads generieren können. Diese Aussagen und andere Eindrücke verlockten Enßlin zu der Aussage, es sei der "berühmte Silberstreifen am Horizont in Sicht".

In seinem Schlussbericht meinte der Messeveranstalter, die diesjährige Systems habe die Erwartungen der Branche, positive Signale zu setzen, erfüllt. "Die Systems 2002 war insgesamt ein guter Erfolg", sagt Messegeschäftsführer Enßlin, "wenn man bedenkt, was vorher von Medien, Ausstellern und Besuchern erwartet wurde", schränkt er ein.

Positive Bilanz

Eine positive Bilanz der 21. Sys-tems zieht auch der Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien). Die Mehrzahl der Aussteller hätte sich mit dem Verlauf der diesjährigen Messe sehr zufrieden gezeigt, so das Ergebnis einer Umfrage des Verbandes. Weiter will Bitkom, trotz der negativen Vorberichterstattung, sowohl bei den Ausstellern als auch bei den Besuchern eine optimistische Stimmung verspürt haben. "Die Messe verlief insgesamt so gut, dass wir für das kommende Jahr wieder steigende Ausstellerzahlen erwarten", meint Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bitkom.

Von der Anzahl der Besucher eher enttäuscht zeigte sich Stefan Born, Country-Manager bei McData: "Es kommen zwar einige Leute hier vorbei, aber ich mag es lieber, wenn richtig viel los ist." Der Storage-Anbieter hatte seinen Stand in der Speicher- und Security-Halle aufgebaut. "Hier sind allerdings noch die meisten Besucher, in den anderen Hallen ist wesentlich weniger los", beobachtete Born.

Diese Ansicht teilten sowohl Besucher als auch andere Aussteller der Halle. Arthur Wetzel, Geschäftsführer von Verisign Deutschland: "Die Systems hat sich für uns total gelohnt. Obwohl unser Stand hier recht versteckt ist, hat uns jeder gefunden, der uns finden wollte." Bei anderen Ausstellern spielte die Anzahl der Besucher eine untergeordnete Rolle: "Für uns ist nicht so entscheidend, ob die Hallen gefüllt sind. Wir legen Wert auf gute Gespräche und die haben wir hier", lobt Stephan Link, Vorstandsvorsitzender von Computerlinks, die Systems.

Neue Aussteller im Fachhandelsbereich

Im "Dealers-only"-Bereich der Halle B2 war die Stimmung allerdings nicht ganz so positiv. Zwar zogen 18 neue Aussteller in das geschlossene Fachhandelsgebiet ein, doch hielt sich die allgemeine Begeisterung in Grenzen. "Wir sind dabei, weil wir der Systems nochmal eine Chance geben wollten. Allerdings muss "Dealers-only" künftig deutlich attraktiver werden, um die entsprechenden Kontakte zu generieren", erklärt Frank Garrelts, Vorstand der Akcent AG. Ähnlicher Ansicht ist Robert Beck, Geschäftsführer bei Ingram Micro. Er hofft zwar, dass die Systems ihren Stellenwert halten kann, glaubt aber, dass die Vorzeichen dafür nicht gut stehen, denn: "Zu viele wichtige Marktteilnehmer sind in diesem Jahr nicht dabei."

Das erste Mal mit einem Stand vertreten war der Monitorhersteller Hyundai. "Wir sind von der guten Qualität der Gespräche und der Anzahl der österreichischen Kunden hier auf der Messe positiv überrascht. Das ist der Vorteil am Dealers-only", so der Vertriebsleiter Mitteleuropa, Joachim Hildebrand. Ebenfalls nicht klagen wollte Anke Kugis, Vorstand bei der COS AG: "Wir hatten sehr gute und qualitativ hochwertige Kundengespräche hier auf der Messe."

UMTS-Kongress kam gut an

Messe-Geschäftsführer Enßlin hob als Highlight des Jahres 2002 den erstmals im Rahmen der Systems organisierten UMTS-Kongress hervor. Die Veranstaltung sei hochkarätig besetzt, und die Diskussionen seien von besonders hohem Niveau gewesen. Ziel dieses Events war es, die Besucher über die wichtigsten Entwicklungen auf dem Mobilfunkmarkt zu informieren. "Der Kongress kam zur richtigen Zeit. Er sorgte für mehr Klarheit und Orientierung in einem der wichtigsten Märkte. Hier hat die Systems eine wichtige Funktion übernommen", so das offizielle Statement des Inhabers von G3-Media, Peter Waldleitner.

Aus dem Kongress könne der Schluss gezogen werden, dass UMTS-Anwendungen demnächst kämen, betont Enßlin. "UMTS wird ein Markttreiber und ein großes Highlight der kommenden Sys-tems", prophezeit der Geschäftsführer. Passend dazu zeigte Nokia in Halle B4 ein UMTS-Telefon mit eingebauter Kamera.

Erstmals in der Geschichte der Systems forderte die Messeleitung die Besucher auf, sich vor Eintritt zu registrieren. Dieser Bitte kamen über 95 Prozent der Gäste nach. An knapp 400 Terminals in den beiden Eingangsbereichen West und Ost konnten die Besucher ihre Daten eintragen. Je nach Befragten nahm die Registrierung unterschiedlich viel Zeit in Anspruch, denn die Fragen orientierten sich an den vorausgegangenen Antworten. Somit erhielten Administratoren andere Fragen, als beispielsweise Marketingleiter. Wer sich schon vorab über das Internet re-gistrierte, erhielt 20 Prozent Rabatt auf den Eintrittspreis.

Als Gegenleistung für ihre Antworten erhielten die Besucher ein Namenskärtchen mit aufgedrucktem Barcode. Den Ausstellern wurde ein Scanner zur Miete angeboten, durch das sie das Namenskärtchen ihrer Gäste ziehen konnten. So kamen sie auf einfache Weise in den Besitz der Daten, die der Gast am Eingangsterminal eingegeben hatte. "Die Besucher nahmen das Sys-tem überraschend positiv an", erklärt Rick van Echtelt, Gründer des Unternehmens N200, das der Messe den Akkreditierungsdienst anbot.

Nur wenige Hersteller wollten einen Scanner

Die Messe München ist der erste deutsche Kunde des niederländischen Dienstleisters. N200 stellte die Hardware zur Verfügung, entwickelte die Software für den Fragebogen, war für die Registrierung über das Internet verantwortlich und bot die Lesegeräte zur Miete an. Allerdings bekundeten lediglich 45 Aussteller Interesse und mieteten einen Scanner. AVM beispielsweise konnte die Messeleitung in diesem Jahr noch nicht von dem System überzeugen. "Wir haben uns nicht daran beteiligt. Wir wollen erst einmal sehen, wie das von den Messebesuchern angenommen wird", erklärte Marketingleiter Stephan Meyer-Brehm. Darüber hinaus störte ihn die Leihgebühr für das Lesegerät, die mit 345 Euro für fünf Messetage zu Buche schlug.

Die Vorteile, die das Konzept den Ausstellern bringt, sowie die Mieteinnahmen, die N200 mit dem Lesegeräte-Verleih erzielt, scheinen allerdings lediglich Nebeneffekte des Konzepts zu sein. "Die erfass-ten Daten gehören der Systems-Leitung", erklärt van Echtelt und die wird die Daten laut eigenen Aussagen auch gründlich auswerten. Das erfasste Wissen um die Interessen der Besucher soll die Grundlage für die zukünftigen Messen darstellen. Die SystemsVerantwortlichen hoffen, damit das Event besser auf die Wünsche der Besucher zuschneiden zu können.

Nebengeschäft Adressenverkauf?

Allerdings glaubt nicht jeder Gast an diese guten Absichten: "Ich frage mich, ob die etwa versuchen, ihre Verluste mit dem Nebengeschäft Adressenverkauf auszugleichen. Kann mir doch keiner erzählen, dass sie die Adressen nicht gegen Bares weitergeben", so ein skeptischer Besucher am Registrierungs-Terminal. Auf Seiten der Aussteller war zumindest Trend Micro von dem Konzept überzeugt. "Wir begrüßen das Registrierungssystem, weil es uns hilft, die Bedürfnisse der Kunden zu erfassen", zitiert die Messeleitung Trend Micros Marketing-Manager Matthias Vogler im Schlussbericht der Systems.

Auch im nächsten Jahr will der Messeveranstalter die Besucher wieder an die Registrierungs-Desktops bitten. Dann findet die Systems allerdings unter einer neuen Leitung statt. Joachim Enßlin verabschiedete sich offiziell und übergab am Ende der Systems 2002 die Leitung an den neuen Geschäftsführer Klaus Dittrich weiter. Er will die Effizienz der zukünftigen Messen für Besucher und Aussteller erhöhen. Das Regis-trierungssystem soll ihm dabei helfen. "Die folgenden Messen werden an den Angaben der Besucher ausgerichtet", so Dittrich. Außerdem plant er den Ausbau des Konferenzangebots und will verstärkt osteuropäische Aussteller nach München locken. Die Sys-tems 2003 wird vom 20. bis 24. Oktober stattfinden. Lesen Sie hierzu auch den Kommentar auf Seite 8. (ce)

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