Systems: Eine Messe sucht sich selbst

28.10.2004
Auf sechs Hallen zusammengestaucht, präsentierte sich die Systems 2004 mit weniger Ausstellern und Besuchern als vor einem Jahr. An Niveau hat die Messe aber offiziell nicht eingebüßt. Eines der zentralen Themen war Sicherheit. Von ComputerPartner-Redakteur Klaus Hauptfleisch

Bevor die "Systems 2004" am 18. Oktober in München für eine Woche ihre Pforten öffnete, galt für viele als ausgemacht, dass sie ein Flop werden würde. Manche sprachen gar von der "traurigsten Veranstaltung der Welt", nachdem wichtige Protagonisten der Messe seit Jahren den Rücken kehren oder wie Microsoft die Standfläche stark reduziert haben.

Gähnende Leere herrschte am ersten Messetag im Eingangsbereich, wo Leitsysteme den erhofften Besucherandrang in geordnete Bahnen lenken sollten. 1.289 Aussteller nach 3.000 im Jahr 2000 und 1.304 vor einem Jahr waren tatsächlich nicht der Hit, ebenso wenig wie die von 71.790 auf 67.000 gesunkenen Besucherzahlen. Im Jahr 2000 waren es noch rund 150.000. Dennoch zeigten sich - trau, schau, wem - nicht nur der Branchenverband Bitkom und Messe-Geschäftsführer Klaus Dittrich zufrieden mit der Systems 2004. "Wir haben unser Ziel erreicht, unsere Positionierung als lupenreine B-to-B-Messe durchzusetzen und deutlich zu machen", so Dittrich. Auch Umfragen von TNS-Infratest zeigten, dass die Zufriedenheit bei den Besuchern und Ausstellern noch gestiegen sei. Schwerpunke der diesjährigen IT-Show auf dem Gelände der Neuen Messe München waren IT-Sicherheit und digitale Medien, so die offizielle Richtung.

Schwänzer, die Zufriedenen und die Enttäuschten

Von einer wild besuchten Security-Halle B2 konnte allerdings keine Rede sein. Sehr enttäuscht war man bei Tobit. Der früher immer proppenvolle Stand blieb weit gehend leer, obwohl der Softwarehersteller mit einem miniaturisierten Haus das elektronische Heim demonstrierte und damit einen echten Hingucker mitgebracht hatte (siehe Seite 18).

Fast einem Dolchstoß für die Systems gleich kam die Nachricht, dass auch Fujitsu Siemens der Messe fernbleiben würde, denn auch wenn das Unternehmen in Bad Homburg ansässig ist, wird der Name nicht nur wegen der Produktionsstätte in Augsburg doch in festem Bezug zu Bayern gebracht, vom einzigen deutschen Player unter den Top 5 der PC-Hersteller ganz zu schweigen. Aber es gibt noch große ITK-Unternehmen, die der Systems die Stange halten - Big Blue zum Beispiel. "Wir haben eine ähnliche Zahl von Kundenbesuchen wie im vergangenen Jahr", wird Hans Schmidt, Messemanager bei IBM Deutschland, im "Handelsblatt" zitiert. Er betont die Bedeutung der Herbstmesse für das Jahresendgeschäft sowie für den süddeutschen Raum und die Alpenregion, nach dem Aus für die Wiener IT-Messe Ifabo.

Messechef Dittrich schwärmt von Millionenabschlüssen für große ITK-Unternehmen wie etwa für die Deutsche Telekom. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder sieht in den Gesprächen, die auf den Messeständen geführt wurden, sogar ein Zeichen, "dass sich der Investitionsabbau bei IT- und Telekommunikationsprojekten auflöst".

Die von ComputerPartner und der Messeleitung entwickelte Neubelebung des "Dealers Only"-Fachhandelsbereiches in der Halle B1 erreichte auch nicht die Größe früherer Zeiten, als er noch fast eine ganze Halle füllte, war aber stets gut besucht. Das bestätigten auch die beteiligten Unternehmen Actebis, Ingram Micro, Infocus, Jet Computer Products und Singhammer. Großer Resonanz erfreuten sich die verschiedenen Vorträge und Podiumsdiskussionen, zu denen ComputerPartner im "Dealers Only" geladen hat. Themen waren das vernetzte Haus, das Für und Wider von Franchising und WLAN sowie Praxis und Rechtswissen rund um die Systemhaus-Thematik (siehe Bildstrecke Seite 18).

Dass Masse nicht gleich Klasse ist, weiß Alexander Brantl, Senior Director Corporate Marketing & E-Commerce bei dem Münchener Broadline-Distributor Ingram Micro, dessen Systems-Teilnahme sich auf ein Thema konzentrierte: "Wir konnten für unseren Systems-Auftritt im Rahmen des Dealers-Only-Bereichs durchgehend reges Interesse und qualifizierte Kundengespräche verzeichnen, trotz einer Reduzierung unserer eigenen Ausstellungsfläche auf lediglich zwei Arbeitsplätze für unsere E-Commerce-Tools und -Angebote.

Im Vergleich zum Vorjahr konnten wir sogar etwas mehr an Neukunden gewinnen." Wie Brantl lobten viele Aussteller und Händler, dass die "Just-for-Fun-Besucher" auf der Jagd nach Werbegeschenken, daher auch "Beutelratten" genannt, der Messe in diesem Jahr weit gehend ferngeblieben sind.

Bernd Austinat, Produktmanager bei Kyocera Mita, freut sich über die Qualität der Besucher: "Wir sind mit unserem Auftritt absolut zufrieden. Wir waren auch 2003 mit der Qualität und der Quantität der Gespräche zufrieden, und in diesem Jahr haben wir nochmals eine Steigerung erfahren. Unseren Auftritt empfinden auch unsere Partner als durchweg positiv: Viele von ihnen nutzen den Stand, um die eigenen Kunden hier zu empfangen und die Technologie zu demonstrieren. Genau das hatten wir auch im Sinn: Wir wollten nicht nur uns selbst präsentieren, sondern auch unseren Fachhändlern eine Plattform bieten."

Kommentar

In den vergangenen Jahre immer wieder totgeredet, hat die Münchener Systems für viele sicherlich an Attraktivität verloren. Der drastische Rückgang der Aussteller- und Besucherzahlen zeigt dies deutlich. In ihrer Bedeutung heute mehr auf den Raum Süddeutschland und Alpenregion reduziert, kommt auch längst nicht mehr so viel internationales Fachpublikum wie zur Blütezeit um das Jahr 2000. Und dennoch hat die Systems nach Meinung vieler Händler in ihrem Wesen als B-to-B-Messe über die Jahre sogar noch an Profil gewonnen. Denn wo sonst können sie ungestört von den so genannten Beutelratten kompetente Gespräche führen?

Klaus Hauptfleisch, ComputerPartnerRedakteur

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