Systems: Erfolg hat nicht nur schöne Seiten

16.11.2000

Die Millenniums-Systems ist gelaufen - und wie sich das für solch ein Event gehört, war es eine Messe der Superlative. Messeleitung, Ausstellerbeirat und die Vertreter vom Branchenverband Bitkom strahlten um die Wette angesichts von rund 147.000 Besuchern und zufriedenen, ja sogar größtenteils "angenehm überraschten Ausstellern" (O-Ton Helmut Krings, Deutschland-Chef Sun Microsystems und Vorsitzender des Ausstellerbeirats). In der Tat kann man der Systems zur Rückkehr zu alten Glanzzeiten in den 80er Jahren nur gratulieren. Sie ist wieder das ITK-Herbst-Event schlechthin. Das attraktive Messegelände erleichtert die thematische Gliederung, die die Münchener Messestrategen auch konsequent einhalten. Die zahlreichen Sonderschauen erfüllen den Anspruch der selbst auferlegten Aktualität, und mit dem florierenden Fachhandels-Mekka Dealers only hat man der unerreichbaren Cebit ein Schnippchen geschlagen. Größe und Erfolg machen halt träge, und die Hannoverschen Messemacher dürften den Münchenern angesichts ihres eigenen traurigen Händlerszenariums heimlich Respekt zollen.

Allen Lobeshymnen zum Trotz geht die Systems keineswegs unproblematischen Zeiten entgegen. Das ITK-Herbstevent profitierte in diesem Jahr unübersehbar vom Boom in einzelnen Branchensegmenten, noch mehr aber von dem enormen Hype rund um New Economy, E-Commerce und Mobilfunk. Dieser wird sich vermutlich auch nächstes Jahr fortsetzen - noch vor Ende dieser Systems forderten zahlreiche Aussteller bei Messechef Joachim Enßlin für 2001 mehr Standfläche ein. Das bringt den ersten Knackpunkt, denn das Messegelände war schon heuer komplett belegt. Der Bau neuer Hallen ist bereits im Gespräch, doch selbst wenn die Gesellschafter grünes Licht erteilen - die Entscheidung soll in den kommenden sechs Monaten fallen - wären sie zur nächsten Systems nicht fertig. Mit den Ausstellern wird es sich Enßlin wohl kaum verderben wollen. Zu hart hat er darum kämpfen müssen, sie wieder zur Teilnahme an "seiner" Messe zu bewegen. Auch fehlen ja noch einige Abtrünnige, wie Compaq, Apple, Hewlett-Packard und Oracle, und werden im kommenden Jahr dem Werben der Messeleitung möglicherweise nachgeben. So dürfte der Platzmangel zu Lasten der Sonderschauen gehen - und damit das noch junge Erfolgskonzept der Systems verwässern.

Kommen aber neue Hallen dazu, werden die heute allerorts gelobten kurzen Wege der Vergangenheit angehören, vor allem aber die Übersichtlichkeit und die Fachgespräche leiden. Und was passiert, wenn die digitale Euphorie gesunder Normalität weicht, was absehbar ist? Die zuletzt kräftigen Wachstumsraten der westeuropäischen ITK-Szene flachen im nächsten Jahr bereits deutlich ab. Bleiben die Messemacher dann auf ihren Hallen sitzen, weil die Aussteller mal wieder fern bleiben? In dieser Hinsicht hat gerade die Systems hinlänglich gelitten - und das ist noch gar nicht so lange her.

Beate Kneuse

redaktion@computerpartner.de

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