T-Online und AOL weiter an der Spitze, aber Tiscali holt mächtig auf

26.07.2001
Trotz sinkender Werbeeinnahmen können die Online-Anbieter sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen. Während das Spitzenduo aus T-Online und AOL "nur" im zweistelligen Bereich neue Kunden gewinnen konnte, legte der italienische Newcomer Tiscali um glatte 720 Prozent auf 1,8 Millionen aktive Nutzer zu.

Eine Internet-Firma nach der anderen gerät ins Straucheln. Die Internet-Zugangs-Dienstleister hingegen können nach eigenen Angaben und laut den Daten von Jupiter MMXI immer noch stolze Wachstumszahlen aufweisen.

Mit 7,1 beziehungsweise zwei Millionen aktiven Kunden bilden T-Online und AOL weiterhin das absolute Spitzenduo im deutschen Online-Markt. Womit vor einem Jahr aber noch niemand rechnen konnte, ist der raketenartige Aufstieg von Tiscali. Das italienische Unternehmen hat die Zahl seiner aktiven Online-Kunden innerhalb eines Jahres von 250.000 auf 1,8 Millionen um 720 Prozent steigern können. Allerdings verdankt es dies vor allem der Fusion mit dem niederländischen Dienste-Anbieter World Online und dem Kauf der deutschen Service-Provider Nikoma, Addcom und Planet Interkom. Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass der italienische Ferrari mit gleicher Kraft vorwärts fahren wird.

Flatrate ade

Gemessen an denen von Tiscali sind die Zuwächse bei den beiden Branchenführern T-Online mit 43,7 Prozent und AOL mit 33 Prozent eher bescheiden. Ebenfalls überdurchschnittlich stark zugelegt hat Compuserve. Ein Grund für den großen Zustrom von Neukunden war sicherlich der äußerst günstige "Compuserve Office"-Tarif, der vor dem Hintergrund der neuen Inkassovereinbarung mit der Deutschen Telekom zum 1. August 2001 auf Branchenniveau angehoben werden soll.

Sollte die Zahl der Kunden dann wieder drastisch sinken, sieht es für die Zukunft von Compuserve schlecht aus. Denn es gehen immer wieder Gerüchte um, dass AOL Time Warner das "ungeliebte Kind" einstampfen will.

Die Mobilcom-Tochter Freenet gibt die Zahl ihrer Kunden mit 1,77 Millionen an und ist damit vor Arcor und dem Yahoo-Verbündeten Talk-line auf Platz vier.

Im Rangeln um die Flatrates hat T-Online gegen AOL zunächst einmal den Kürzeren gezogen. Denn während die durchschnittliche Verweildauer bei der Telekom-Tochter innerhalb eines Jahres um 18,6 Prozent auf 53 Minuten im Monat drastisch zurückgegangen ist, kann sich AOL rühmen, jeden Kunden 404 Minuten pro Monat im Netz zu halten, was ein Zuwachs von knapp 63 Prozent wäre. Allerdings hat AOL im Mai, zwei Monate später als T-Online, ebenfalls angekündigt, vorübergehend keine neuen Kunden für die Flatrate aufzunehmen, was sich negativ auf die Nutzung auswirken könnte.

Das Unternehmen betreibt aber zur Zeit mächtig Lobbyarbeit, um im Streit mit der Deutschen Telekom doch noch akzeptable Bedingungen für eine Schmalband-Flatrate zu erzielen. Immerhin ist AOL Time Warner unter den ISP-Titeln der einzige Anbieter, der an der Börse nicht stark eingebrochen ist. T-Online hatte am 10. Juli 2001 nur noch etwa ein Viertel seines Wertes vom Vorjahr aufzuweisen, Tiscali ein Sechstel, und die Aktien von Lycos Europa und Freenet sind innerhalb eines Jahres sogar auf weniger als ein Zehntel des Wertes vom 30. Juni 2000 gefallen. Lycos-CEO Christoph Mohn führt den Kursverfall vor allem auf stagnierende Werbeumsätze zurück, plant aber für Ende des Jahres den Eintritt in den Markt für Unternehmensportale sowie den Ausbau des E-Commerce-Geschäfts.

www.aol.de

www.t-online.de

uk.jupitermmxi.com/home.jsp

www.tiscali.de

ComputerPartner-Meinung:

Man kann AOL mögen oder nicht, aber mehr als 400 Online-Minuten pro Nutzer und Monat sprechen für den Diensteanbieter. Da kann ihm so schnell niemand etwas vormachen. Als der amerikanische Unternehmensboss Gerald Levin unlängst die Flatrate für Deutschland forderte, war klar, an wen die Botschaft gerichtet war, nämlich an die Deutsche Telekom, deren Großhandelspreise für die letzte Meile schließlich auch AOL zu hoch wurde. Der Wegfall des Pauschaltarifs hat bei der Zahl der Neuzugänge schon mächtige Spuren hinterlassen. Wie sich die Aufkündigung der Freundschaft mit Microsoft auswirken wird, muss abgewartet werden. Windows XP wird jedenfalls ohne AOL-Software kommen. (kh)

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