Taktische Entscheidungen

06.11.2006
Unausgereift nennt Marktforscher IDC den IT-Umgang, den mittelständische Unternehmen praktizieren. Dennoch erkennt IDC echte Fortschritte bei der IT-Beschaffung und -Haltung.

Von Wolfgang Leierseder

Wenn Thomas Reuner, Research Director bei Marktforscher IDC Deutschland und verantwortlich für die aktuelle Studie "IT-Sourcing im Mittelstand", die Ergebnisse der Studie zusammenfassen soll, nennt er ein positives und ein negatives Resultat. "Das Thema Sourcing ist im Mittelstand angekommen, aber es wird nach wie vor taktisch und nicht strategisch entschieden."

Einerseits kümmere sich der Mittelstand intensiv um die Optimierung von Prozessen und Strukturen, mit denen er IT beschafft und unterhält, andererseits entscheide er auf der Grundlage von Ad-hoc-Analysen. Von dem viel gepriesenen "Business Process Managing" könne keine Rede sein: Es stecke "noch in den Kinderschuhen", sagt Reuner; nachdem er hierzulande 200 mittelständische Unternehmen mit zwischen 50 und 499 beziehungsweise 500 bis 1.000 Mitarbeitern befragt hat. Bei den Hype-Themen "On-Demand" und "Offshoring" winkt Reuner ab: "Sie sind im Mittelstand noch lange nicht angekommen." Nur Outsourcing sei zunehmend ein Thema. Allerdings hat Reuner in diesem Bereich hauptsächlich kurzfristige Verträge festgestellt; "selektives Outtasking" nennt er das.

Wie adressiert man den Mittelstand?

Unbestritten ist: Die Mittelständler stehen vor großen Herausforderungen. Internationalisierung betrifft laut Ulrich Kemp, verantwortlich für das Mittelstandsgeschäft bei T-Systems, 54 Prozent der mittelständischen Unternehmen; Kostendruck ist Alltag, und wer mit Vernetzung nicht Ernst macht, findet sich bald abgehängt. Dennoch entscheiden in mehr als zwei Dritteln der Fälle die IT-Abteilungen der Mittelständler, welche IT abgeschafft wird; nur elf Prozent der Unternehmen, so Reuner, verbinden IT-Sourcing mit der allgemeinen Geschäftsstrategie. Und wenn 45 Prozent keinen strukturierten Prozess für IT-Sourcing kennen, sondern fallweise entscheiden, liegt es nahe, dass die Verantwortung für die IT der Unternehmen in vielen Fällen Sache des Beraters beziehungsweise der Systemhäuser ist (siehe Grafik).

Diese in der Regel kleinere, "spezialisierte" (Reuner) Unternehmen, seien gefordert, die Kunden konzeptionell zu beraten. "Die Verkündung von unzähligen Mittelstandsprogrammen bringt wenig", erklärt Reuner mit Blick auf die SMB-Schwemme von Hard- und Softwareanbietern.

Nachdem der Markt durch "eine Vielzahl mittelständischer, häufig regional geprägter Anbieter" bestimmt werde, käme Partnerprogrammen, die mehr als nur Sales-Lead-Generation bedeuten, eine entscheidende Bedeutung zu.

Doch das heiße nicht, dass kleinere Anbieter und spezialisierte Systemhäuser sich auf ihren Lorbeeren ausruhen könnten, wendet T-Systems-Mann Kemp ein. Seine Organisation gehe gerade mit insgesamt 3.400 direkten Vertrieblern den SMB-Markt an - "mit starkem Fokus", versichert Kemp.

Herausforderungen für den IT-Beschaffungsprozess

Im Zentrum des mittelständischen IT-Sourcings finden sich das Projektmanagement bei strategischen Projekten sowie die Analyse der internen Kostenstrukturen inklusive der versteckten Kosten. "Die Flexibilisierung der Kosten" sei dabei jedoch kaum ein Thema, so Reuner - das reine Kostenmanagement mit Schwerpunkt Kostensenkung sei dagegen das A und O aller Überlegungen. Alles andere - Sourcing-Evaluierung, strategische Überlegungen zu Faktoren wie dynamische Services, Applikations-Hosting oder kapazitätsgerechtes Outsourcing - stehen weit dahinter, wenn sie überhaupt als Thema angesprochen werden.

Für Systemhäuser und VARs tut sich hier ein weites, noch unbearbeitetes Spektrum auf.

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