Tech Data: von der Armani-Fraktion zum Sportswear-Team

03.07.2003
Vergangene Woche mussten Deutschland-Geschäftsführer Martin Furuseth und Vertriebsdirektor Mario Stollmeier ihre Büros im Tech-Data-Gebäude räumen. Die Furuseth-Nachfolge tritt Marcus Adä an, bisher Geschäftsführer bei TD Midrange Systems.

Dass sich mit Amtsantritt von Andreas Dürst, seit März Zentraleuropachef bei Tech Data, bei der Münchener Broadline-Organisation einiges ändern wird, war vielen klar. Bereits auf dem Tech-Data-Forum im Mai hatte Dürst harte Selbstkritik geübt: Langsam, satt und teuer - so sei man im deutschen Markt unterwegs gewesen. Und die Vision der von Dürst geprägten "neuen Tech Data" steht natürlich für den Weg zurück an die Spitze der deutschen Disti-Szene (siehe ComputerPartner 20/03, Seite 16). Soweit die ersten Ankündigungen.

"Eine schlanke, agile, hemdsärmlige Organisation, die gut läuft", so stellt sich der Schweizer Manager in Zukunft die deutsche Broadline-Organisation vor. Zur Erinnerung: Zu Computer-2000-Zeiten nannte man das Unternehmen beim Wettbewerb gerne "die Armani-Fraktion".

Und von Armani zu hemdsärmlig ist es ein weiter Weg: Zwei Manager, die für Dürst wohl irgendwo dazwischen lagen, muss-ten vergangene Woche ihre Büros und damit ihre Positionen räumen: Martin Furuseth, Geschäftsführer für Vertrieb, Marketing und Services, und Mario Luna Stollmeier, Vertriebsdirektor bei Tech Data Deutschland.

"Neue Köpfe heißt nicht, dass die bisherigen einen schlechten Job gemacht haben", erklärte der Zentraleuropachef diplomatisch im Gespräch mit ComputerPartner. Furuseth und Stollmeier hätten beide das in sie gesetzte Vertrauen verdient, würden aber von Partnern und Lieferanten mit "der alten Tech Data identifiziert".

Ganz so einfach ist es dann aber wohl doch nicht: "Furuseth ist nur noch ein Geschäftsführer auf Zeit", diese und ähnliche Aussagen machten bereits seit Anfang des Jahres die Runde im Markt. Bestätigt in ihren Vermutungen fühlten sich Marktkenner dann einen Tag vor der Cebit, als Finanzchef Martin Löffler nach über zehn Jahren seinen Platz bei Tech Data Knall auf Fall räumen muss-te. Dennoch hatte Dürst Anfang April seinem Deutschlandchef in seinem ersten ComputerPartner-Gespräch noch "das uneingeschränkte Vertrauen" ausgesprochen. Trotz Vertrauen und Sympathien lautet Dürsts Maxime aber: "Wir sind nicht hier, um nur nett zueinander zu sein, sondern um Geschäfte zu machen."

Stollmeier stand in den Augen des Zentraleuropchefs aber nicht nur für die alteingesessene Ar-mani-Fraktion, sondern der Vertriebschef äußerte auch Kritik. Unternehmensnahe Kreise vermuten, dass er mit der neuen Dürst-Strategie nicht einverstanden gewesen sei und diese auch nicht ohne Murren geschluckt habe. Dennoch heißt die offizielle Floskel, wie immer in solchen Fällen: Man habe sich "im gegenseitigen Einvernehmen getrennt".

Für einen hemdsärmligen Neuanfang bei Tech Datas Broadline-Organisation hat Dürst jetzt Marcus Adä aus der Wolfratshauser Straße 84 in die Baierbrunner Straße 31-35 geholt. Adä, 37 Jahre alt, ist seit sieben Jahren bei TD Midrange, zuletzt war er als Geschäftsführer für die Value-Added-Tochter verantwortlich. "Adä hat bei Midrange einen exzellenten Job gemacht - auch was die Profitabilität angeht", lobt Dürst seinen kommenden Broadline-Chef. Außerdem kenne Adä die Kultur des Unternehmens - nicht nur den Value-Added-Bereich -, sondern sei auch schon früher in die Broadline-Organisation eingebunden gewesen. "Er ist für den neuen Job sehr gut geeignet", bekräftigt Dürst.

Allen Beteuerungen zum Trotz fragt man sich, ob Adä nicht auf einem Schleudersessel für Geschäftsführer Platz nimmt. Dürst widerspricht: "Es gibt diesmal einen großen Unterschied: Hier werden nicht nur die Topspieler ausgetauscht, sondern ich nehme mir die Freiheit, in alle Strukturen einzugreifen." Das heißt, auch das mittlere Management ist vor einem Rausschmiss nicht sicher: siehe Roland Wabersich, Ex-Bereichsleiter Value-Added-Services, Michael Schüller, Ex-Produktmarketing-Direktor oder jetzt Ex-Vertriebschef Stollmeier.

Nach den erneuten Aufräumarbeiten in der vergangenen Woche ist bei Tech Data nicht nur die Stelle des Vertriebschefs vakant, sondern auch der Geschäftsführerposten bei TD Midrange. Dazu Dürst: "Die Würfel sind noch nicht gefallen: Wir haben schon Kandidaten im Auge, aber Herr Adä soll gerade den zentralen Sales-Bereich bei Tech Data mitgestalten." Bei Midrange könnte sich allerdings schon bald eine Lösung ergeben, verrät Dürst noch zum Abschluss. (ch)

www.techdata.de

Lesen Sie zu diesem Artikel auch unseren Kommentar auf Seite 8.

Bemerkungen:

Ruf mich an: Ein Kunde nimmt Dürst beim Wort

Schon auf dem Tech-Data-Forum 2003 in München hatte Dürst in seiner Rede, die "neue Tech Data" ausgerufen. "Wir hören wieder auf Sie", versprach er und meinte damit gerade die kleineren Händler, die sich in der Vergangenheit schwer vernachlässigt gefühlt hatten. Gerade diese sollten sich, so Dürst, ruhig direkt an ihn wenden, wenn sie Schwachstellen zu vermelden hätten.

Einer dieser angesprochenen SMB-Kunden, ein Händler aus Hessen, nahm Dürst beim Wort, besorgte sich die Kontaktadresse bei ComputerPartner und mahnte direkt beim Zentraleuropachef einen schon länger "hängenden Auftrag" an. Was mehrere E-Mails an den Vertrieb nicht vermochten - eine Mail an den Schweizer Manager versetzte Berge. Binnen zwei Stunden antwortete Dürst, er kümmere sich darum, eine Stunde später kam ein Anruf und nach einer weiteren Stunde eine E-Mail vom Vertrieb - mit CC an die Herren Dürst und Furuseth.

Auf ein Happyend musste der Kunde allerdings noch ein paar Wochen warten: "Der Auftrag", so der Händler, "ist erst vergangene Woche abgewickelt worden. Das Ganze hat jetzt acht Wochen gedauert." (gn)

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