Der überraschende Rücktritt von SAPs Technikchef Vishal Sikka hat Diskussionen angefacht, welchen strategischen Weg der größte deutsche Softwarehersteller einschlagen wird. Wieder einmal steht der Konzern vor einem Wendepunkt. Nachdem es dem Führungs-Duo Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe in den zurückliegenden Jahren gelungen war, den durch die ungeschickte Erhöhung der Wartungsgebühren angerichteten Vertrauensverlust ihres Vorgängers Leo Apotheker wieder gutzumachen und gemeinsam mit ihrem technischen Visionär Vishal Sikka eine langfristige Produktstrategie gerade für wichtige Themen wie Cloud Computing und Big Data auf den Weg zu bringen, steht das erfolgreiche Trio nun vor der Auflösung.
Bereits Mitte vergangenen Jahres hatte Co-CEO Snabe bekanntgegeben, sich nach der Hauptversammlung am 21. Mai dieses Jahres aus dem operativen Geschäft zurückziehen und danach für einen Posten im SAP-Aufsichtsrat kandidieren zu wollen. Nun hat auch SAPs technischer Vordenker Sikka seinen Rücktritt bekannt gegeben. Begründet wurde dieser Schritt in einer offiziellen Verlautbarung seitens SAP mit persönlichen Gründen. SAPs Mitbegründer und heutiger Aufsichtsratschef Hasso Plattner würdigte den "entscheidenden Beitrag", den Sikka zur Entwicklung der eigenen Cloud- und HANA-Plattform geleistet habe. Plattner bedankte sich auch persönlich dafür: "Unsere Freundschaft wird auch in Zukunft bestehen bleiben", betonte er.
Hasso Plattners Schützling geht
Sikka galt als ein besonderer Schützling Plattners und wurde von vielen Marktbeobachtern als Wegbereiter für SAPs Hoffnungsträger, der In-Memory-Datenbank-Plattform HANA gesehen. Nachdem Snabe, der im Führungs-Duo den Part für Technik und Produkte verantwortete, seinen Rückzug angekündigt hatte, übernahm Technikvorstand Sikka einen Großteil von dessen Aufgaben. Bei Analysten galt der Inder als möglicher zweiter Mann neben McDermott.
Doch das ist nun Vergangenheit. Der starke Mann bei SAP ist der US-amerikanische Marketing- und Vertriebsspezialist Bill McDermott. Inwieweit Reibereien und Unstimmigkeiten über die Strategie und Ausrichtung von SAP mit ein Grund für die Demission Sikkas gewesen sind, bleibt indes Spekulation. SAP wollte entsprechende Vermutungen nicht kommentieren. Auch rund um Snabes Rückzug hatte es bereits Gerüchte über mögliche Unstimmigkeiten im engsten Führungszirkel gegeben.
Aus Sicht von Forrester-Analyst Stefan Ried ist das Timing von Sikkas Abschied einen Monat vor SAPs Hausmesse Sapphire allerdings durchaus pikant. Gerade auf diesen Großveranstaltungen werde die Strategie der Softwerker aus dem Badischen festgeklopft. Vielleicht sei man sich in der Chefetage nicht einig gewesen, was man Anfang Juni in Orlando, Florida, seinen Kunden und der Öffentlichkeit präsentieren sollte, mutmaßt der Experte.
- Anfang der 70er
Die SAP-Gründer traten an, das alte Zeitalter der Datenverarbeitung ... - Anfang der 70er
... via Lochkarten zu beenden. - 1974
Arbeitsplatz von Hackman und Neugard. - 1976
Das Computer-Team mit ... - 1976
... Dietmar Hopp und - 1976
Hasso Plattner ... - 1976
... bei einem Fußballturnier. - In den 80ern
Graphiken stellen R2 vor - 1980
So sahen damals die Arbeitsplätze bei SAP aus. - 1980
Das erste SAP-Gebäude - 1982
Die Gründer von SAP (v.l.: Dietmar Hopp, Hans-Werner Hector, Hasso Plattner, Klaus Tschira) - 1982
Die Gründer von SAP (v.l.: Hopp, Tschira, Hector, Plattner) - 1982
10 Jahre SAP - 1982
10 Jahre SAP. Das SAP-Gründer-Team und der damalige Walldorfer Bürgermeister (v.l.: Plattner, Tschira, Bürgermeister Jürgen Criegee, Hopp, Hector) - 1986
SAP beim Gewerbegebiet an der Neurottstraße - 1987
Hopp beim Tennistournier zum 15. Geburtstag von SAP - 1987
Plattner beim Tennistournier zum 15. Geburtstag von SAP - 1987
Das SAP-Team - 1987
Hopp startet den Bau der SAP-Zentralen in Walldorf - 1988
Dietmar Hopp bei der Einweihung des Schulungszentrum - 1988
Der erste Handelstag der SAP-Aktie - 1988
Plattner am ersten Handelstag der SAP-Aktie - 1988
Die Gründer von SAP: v.l. Klaus Tschira, Hasso Plattner, Ditmar Hopp und Hans-Werner Hector - 1988
Plattner am ersten Handelstag der SAP-Aktie - In den 90ern
R/3 wird vorgestellt. - In den 90ern
... vorgestellt. - Anfang der 90er
Hopp (2.v.l.) und Oswald (links) treffen den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl - 1990
Die COMPUTERWOCHE schreibt bereits im Herbst 1990 über SAP: - 1990
"Nahezu unbemerkt hat sich die SAP AG, Walldorf, mit dem modularen Standardsoftware-Paket R/2 eine Quasi-Monopol-Position auf dem Gebiet der kommerziellen Standardsoftware für S/370-Rechner in der Bundesrepublik geschaffen." - 1990
Auf der CeBIT: Oswald und Hopp - 1990
Die erste Bilanzpressekonferenz - 1990
Die erste Bilanzpressekonferenz - 1992
Plattner an der Gitarre auf der 20 Jahre SAP Feier in den USA - 1992
Die Torte auf der 20 Jahre SAP Feier in den USA - 1992
Das SAP-Team - 1992
Bei der Übgerabe des Bundesverdienstkreuz: Hopp und der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg Erwin Teufel (Mitte) - 1992
Der Countdown zu R/3 - 1992
Hopp und der Architekt Willi Vorfelder - 1992
Hopp stellt die ersten SAP-Kunden vor - 1992
Das Industriegebiet in Walldorf - 1992
Gerhard Oswald (Mitte) beim Countdown zu R/3 - 1993
Bilder von der Hauptversammlung - 1993
Hopp auf der Hauptversammlung - 1993
Kooperationsabkommen zwischen Plattner und ... - 1993
Bill Gates (links) - 1995
Das SAP-Team: v.l. Tschira, Kagermann, Zencke, Plattner - 1995
Kagermann und Rudolf Scharping - 1995
Die erste SAP-Aktie - 1996
Award: Company of the Year für SAP - 1996
Dietmar Hopp - 1996
Dietmar Hopp auf der Bilanz-Pressekonferenz - 1996
Kagermann und Bill Gates - 1996
Kagermann, Bill Gates und Tschira (v.l.) - 1996
Tschira, Bill Gates und Kagermann (v.l.) - 1996
Die SAP-Zentrale - 1997
25 Jahre SAP - 1997
25 Jahre SAP - 1997
25 Jahre SAP - 1997
25 Jahre SAP - 1997
25 Jahre SAP - 1997
Ein SAP-Arbeitsplatz - 1997
Ein SAP-Arbeitsplatz-Server - 1997
SAP auf der CeBIT - 1997
SAP auf der CeBIT - 1997
SAP auf der CeBIT - 1997
SAP auf der CeBIT - 1997
Hasso Plattner auf der CeBIT - 1997
Der SAP Formel1 Wagen - 1997
Dietmar Hopp - 1997
Hopp beim Golfturnier zum 25. Geburtstag - 1997
Hopp, Kagermann und Oswald (v.l.) - 1997
Kagermann beim Golfturnier zum 25. Geburtstag - 1997
Plattner beim Golfturnier zum 25. Geburtstag - 1997
Plattner beim Golfturnier zum 25. Geburtstag - 1997
Die SAPPHIRE in Amsterdam - 1997
Die SAPPHIRE in Amsterdam - 1997
Die SAPPHIRE in Orlando - 1997
Hasso Plattner auf der SAPPHIRE in Amsterdam - 1997
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf - 1998
Kagermann und Namgung, der damalige CEO von Samsung - 1998
Das SAP-Team in New York - 1998
Kagermann (li.) und Heinrich (Mitte) beim Börsengang in New York - 1998
Kagermann und Plattner beim Börsengang in New York - 1998
Kagermann und Plattner beim Börsengang in New York - 1998
Plattner, Erwin Teufel, Kagermann (v.l.) auf der CeBIT - 1998
Die Eröffnungszeremonie zu den WDF03 mit Kagermann - 1998
Die Eröffnungszeremonie mit Kagermann (li.) und dem damaligen Bürgermeister von Walldorf - 1998
Die Eröffnungszeremonie mit Kagermann (li.) und Erwin Teufel - 1998
Die Softwarepalette R/3 - 1998
Ein SAP-Arbeitsplatz - 1998
Plattner (re.) und Joschka Fischer - 1998
Plattner (re.) und Joschka Fischer - 1998
Ex-Bundeskanzler Helmuth Schmidt, Kagermann und Plattner (v.l.) - 1998
Der Release von R3 - 1998
Der Release von R3 - 1998
Bilanzpressekonferenz mit Plattner, Hopp und Kagermann - 1998
Zum Börsengang in New York - 1998
Zum Börsengang in New York - 1998
Zum Börsengang in New York - 1998
Die SAPPHIRE in LA - 1998
Die SAPPHIRE in LA - 1999
Das SAP-Team - 1999
Kagermann (li.) und Ex-Bundespräsident Roman Herzog - 1999
Tiger Woods bei der SAP Open - 1999
Ein SAP-Arbeitsplatz - 2000
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf - 2002
Auf der CeBIT 2002 - 2002
Auf der CeBIT 2002 treffen sich Kagermann (vorne li.) und Gerhard Schröder - 2007
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf - 2008
Das SAP-Team - 2008
Auf der CeBIT mit Angela Merkel und Kagermann - 2009
Auf der CeBIT mit Léo Apotheker, Arnold Schwarzenegger, Angela Merkel und Henning Kagermann (v.l.) - 2010
Luftbild von der SAP-Zentrale in Walldorf
2015 - das Jahr der Wahrheit
Doch gerade angesichts der gravierenden Veränderungen im Geschäftsmodell - vor allem hinsichtlich Cloud-Computing und der Entwicklung der HANA-Plattform - sowie der selbst gesteckten Ziele, kommt der richtigen strategischen Ausrichtung eine existenzielle Bedeutung zu. Schließlich steht mit 2015 das Jahr der Wahrheit an. Und die Ziele sind ehrgeizig - teilweise offenbar zu ehrgeizig. Erst Anfang des Jahres hatte die SAP-Führung ihr Margenziel verschoben. Ursprünglich sollte bereits im kommenden Jahr eine operative Marge von 35 Prozent zu Buche stehen. Dieses Ziel werde man jedoch erst 2017 erreichen, räumten die SAP-Verantwortlichen ein. Es habe noch kein Unternehmen gegeben, welches den Schritt in die Cloud gegangen wäre, ohne zwischenzeitlich bei Umsatz und Gewinn zurückzustecken, kommentierte damals Co-SAP-Chef Snabe.
An den anderen Zielen hielt der Konzern dagegen fest: Für 2015 erwarten die Walldorfer einen Jahresumsatz von 20 Milliarden Euro, 2017 sollen es 22 Milliarden Euro sein - zum Vergleich: 2013 beliefen sich die Einnahmen auf 16,8 Milliarden Euro. Um diese Ziele zu erreichen wird sich SAP jedoch steigern müssen. Nachdem man für das laufende Jahr seine Prognose für das Umsatzwachstum auf sechs bis acht Prozent zurechtgestutzt hatte, braucht SAP im kommenden Jahr ein zweistelliges Plus, um seine ambitionierte Messlatte nicht zu reißen. Bei den Cloud-Umsätzen peilt der Konzern für 2015 zwei Milliarden Euro an, das wären zehn Prozent vom Gesamtumsatz. Im vergangenen Jahr standen unter diesem Posten knapp 700 Millionen Euro zu Buche.
Vielleicht habe man bei SAP die Geduld verloren, vermutet IDC-Analyst Philip Carter. Wie der Rückzieher beim Margenziel gezeigt habe, stehe der Konzern unter Druck - von verschiedenen Seiten. Einerseits forderten Börse und Anleger mehr Wachstum und bessere Profitabilität, andererseits stehe mit dem Schwenk in Richtung Cloud ein massiver Umbau des gesamten Geschäftsmodells an. Beides lasse sich nur schwer unter einen Hut bringen.
Die HANA-Plattform bezeichnet Carter als wichtigen Meilenstein für SAP. Allerdings gebe es an dieser Stelle noch viel Erklärungsbedarf. Schließlich habe die Entwicklung in den vergangenen Jahren eine rasante Metamorphose von einem Analytics-Werkzeug über eine In-Memory-Datenbank zu einer Applikationsplattform hingelegt. In diesem Zusammenhang wollen die Kunden keine Visionen hören, wie das System in zehn Jahren aussehen wird - so wie es Sikka auf den vergangenen SAP-Hausmessen präsentiert hat, moniert der IDC-Analyst. Die Anwender wollten vielmehr wissen, wie sie die Plattform heute einsetzen können und vor allem was es ihnen bringt. "SAP muss die Dinge erklären und vereinfachen", lautet Carters Fazit.