Technogroup: die Geschichte einer erfolgreichen Reorganisation

15.01.2004
Die so genannte Third Party Maintenance (TPM) ist für viele Unternehmen eine lohnenswerte Alternative zur Herstellerwartung. Ihr günstigerer Preis, ihre größere Flexibilität, ihr Engagement und ihre Kulanz bescher-ten den Drittwartungsanbietern in den vergangenen zehn Jahren gute Geschäfte ohne große eigene vertriebliche Anstrengungen.

Die so genannte Third Party Maintenance (TPM) ist für viele Unternehmen eine lohnenswerte Alternative zur Herstellerwartung. Ihr günstigerer Preis, ihre größere Flexibilität, ihr Engagement und ihre Kulanz bescher-ten den Drittwartungsanbietern in den vergangenen zehn Jahren gute Geschäfte ohne große eigene vertriebliche Anstrengungen.

Denn Reseller, Leasing-Gesellschaften und IT-Broker sorgten durch die Vermittlung von Wartungsverträgen für volle Auftragsbücher - bis die Hersteller Service- und Wartungsgeschäft für ihre gebrauchten Systeme Ende der 90er Jahre wieder neu für sich entdeckten. Aufgrund ihrer aggressiven Rabattpolitik rutschten die Margen für die TPM-Vermittler in den vergangenen Jahren in den Keller. Wen es nicht vom Markt fegte, der konzentrierte sich wieder auf sein Kerngeschäft.

Für aktive Geschäftspolitik nicht gerüstet

Für den TPM-Anbieter Technogroup IT-Service GmbH aus Hochheim bedeutete diese Entwicklung eine einschneidende Zäsur in dem bislang einträglichen Geschäft, da mit dem Verschwinden der TPM-Vermittler der lebensnotwendige Faden zum Endkunden beziehungsweise zum Neukunden abgerissen war. Seit seiner Gründung 1990 beschäftigt sich die Technogroup schwerpunktmäßig mit der Pflege und Wartung von Midrange- und Mainframe-Systemen, Rechenzentren und Storage-Produkten, die aus der Hersteller-Garantie laufen und berät Firmen beim Um- und Ausbau ihrer IT-Umgebung auch unter Einsatz von Refurbished-Systemen.

Im vergangenen Jahr sahen sich die Firmengründer Claus Fischer und Gebhard Dieser gezwungen, das Servicegeschäft mit den Kunden selber in die Hand zu nehmen. Erste direkte Kontakte zeigten zwar, dass die Ansprechpartner - nicht zuletzt aus Kostengründen - durchaus gewillt waren, mit der Technogroup direkte Verträge abzuschließen, aber sie offenbarten auch ein großes Manko: Für eine derartige aktive Geschäftspolitik war das ganze Unternehmen Technogroup nicht gerüstet, denn in der Vergangenheit hatte man nur reagiert und die Mitarbeiter waren historisch bedingt zu technikorientiert für diesen Job.

Ohne eigenen Vertrieb, das wurde Claus Fischer klar, würde die Technogroup in diesem Marktsegment nicht lange überleben können. Dabei bot der IT-Markt für Drittwartung zu diesem Zeitpunkt wieder gute Chancen: "Historisch gewachsene IT-Systeme bestehen oft aus speziellen Anwendungen mit eigenen Infrastrukturen. Diese heterogenen Landschaften durch komplette Neuentwicklungen aufzubrechen kostet Zeit und Geld und birgt Risiken. Besonders in Zeiten knapper IT-Budgets setzen die Verantwortlichen ihre Mittel eher zur Wartung bestehender Systeme ein und überspringen einfach einen Generationswechsel", so Fischer.

Externe Hilfe für den objektiven Blick

Um keine Zeit zu verlieren, engagierten die beiden Geschäftsführer Ende 2002 einen Turnaround-Manager, der das Unternehmen wieder auf den richtigen Kurs bringen sollte. Die Aufgabenstellung lautete schlicht und einfach: Planung und Umsetzung der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens in den Bereichen Vertrieb, Marketing sowie Technik. Mit Horst Persin, Inhaber der HPMC Horst Persin Management Consulting aus Erbach/Eltville, hatten die Firmen-chefs einen Spezialisten gefunden, der über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Marketing/Vertrieb bei namhaften IT-Herstellern verfügte.

Die Technogroup-Gründer sicherten sich nicht nur die Unterstützung eines externen Profis, sondern nahmen auch die interne Vorbereitung seines Einsatzes sehr ernst. In intensiven Gesprächen informierten sie die insgesamt 60 Mitarbeiter über den Einsatz von HPMC und kommunizierten den Nutzen, den dieser Schritt für die Zukunft des Unternehmens haben sollte.

"Ein ganz wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Restrukturierung sind die Mitarbeiter. Nur wenn man als Turnaround-Manager ihr Vertrauen gewinnt und sie von seiner fachlichen wie sozialen Kompetenz überzeugen kann, kann ein solches mit einschneidenden Veränderungen verbundenes Vorhaben gelingen. Durch die offene Informationspolitik der Technogroup-Leitung wurde hierfür der Grundstein gelegt. Von Anfang an haben sich alle Mitarbeiter sehr kollegial und kooperativ verhalten", zeigt sich Horst Persin begeistert von der Kommunikationspolitik.

Mitarbeiter berichten von Stärken und Schwächen

Er selbst entwarf als Erstes einen Fragebogen für die Mitarbeiter, um ihr Verhältnis zum Unternehmen und den Identifikationsgrad zu analysieren. Zudem sollten mithilfe des Fragebogens die Mitarbeiter identifiziert werden, die Aufschluss über die Schwächen aber auch die Stärken des Unternehmens geben konnten. In vielen Einzelgesprächen mit den Angestellten und den beiden Geschäftsführern verschaffte sich der Manager einen Überblick über die Situation des Unternehmens. "Ich war angenehm überrascht über den hohen Identifikationsgrad der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen und über die Bereitwilligkeit, bei der notwendigen Restrukturierung aktiv mitzuarbeiten", erklärt Persin.

Bereits nach zwei Wochen konnte er die erste Analysephase abschließen. Neben den ganz offensichtlichen Problemen eines fehlenden professionellen Endkundenvertriebs und des rückläufigen Partnergeschäfts stellte sich schnell heraus, dass die Technogroup über kein Partner-Betreuungskonzept und kein Kundenbindungsprogramm verfügte. Eine klare Marktpositionierung war auch nicht auszumachen. Die Technik war nur zu 60 Prozent ausgelastet, und es fehlten überregionale Standorte, um die notwendige Kundennähe zu gewährleisten. Der Workflow in der Auftragsbearbeitung zeigte ebenso Schwächen wie der Abverkauf der Lagerware. Last but not least offenbarte sich auch ein Managementproblem in der zweiten Führungsebene.

Bessere Marktchancen dank Restrukturierung

"Es ging hier nicht nur darum, einen schlagkräftigen Vertrieb aufzubauen, sondern auch ein vernünftiges Marketing zu installieren, die interne Organisationsstruktur an die neue Strategie anzupassen, um Reibungsverluste zu vermeiden, die Services weiter auszubauen, eine Multi-Vendor-Strategie zu etablieren und das Pricing und die Kostenstruktur zu überarbeiten, um die geplante Expansion in einem nach wie vor lukrativen Markt auf gesunde Füße zu stellen", beschreibt Persin seine Aufgabe.

Bereits im April 2003 konnte mit der Umsetzung des entwickelten Restrukturierungskonzepts begonnen werden. Um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren, entschied sich die Geschäftsführung, die Restrukturierung des Vertriebs, des Marketings und der Organisation parallel voranzutreiben. Bereits Mitte 2003 waren die neuen Strukturen eingezogen.

Um Reibungsverluste zu vermeiden, empfahl Persin, den Bereich Sales auf einmal umzustellen. Mit Georg Dannemann konnte ein Vertriebsprofi als Vertriebsleiter gewonnen werden, dem die Teamleiter Partner Sales, Endkundenvertrieb und Spares & Parts berichten. Neben der aktiven Betreuung der vorhandenen Partner fällt dem Partner Sales die Aufgabe zu, anhand einer aufgestellten Shortlist neue Partner zu akquirieren, die im Midrange-, Mainframe- und RZ-Umfeld tätig sind, aber keine eigene Wartung mit anbieten können. Der Bereich Endkundenvertrieb ist in die Bestandskundenpflege und die Neukundenakquise gegliedert. Spares & Parts ist ausschließlich für den Vertrieb von Used Systemen, Vermietung sowie für das Repair- und Servicegeschäft zuständig.

"Durch die neue Vertriebsstruktur und die damit verbundene Professionalität und das ausgezeichnete Netzwerk von Horst Persin haben wir mittlerweile auch Zugang zu Banken und Versicherungen bekommen. Zwar waren wir auch früher schon bei Controllern und Geschäftsführern gern gesehene Gesprächspartner, aufgrund der starken Herstellerbindung mussten wir aber oftmals mit leeren Händen wieder gehen. Seit einigen Monaten hat sich die Einstellung der Unternehmen zu unseren individuellen Wartungs- und Serviceangeboten um 180 Grad gedreht", erklärt Claus Fischer.

Weitere Niederlassungen sollen folgen

Über so genannte Techniker-Stützpunkte mit einem auf die Systeme der Kunden abgestimmten Ersatzteil-Pool und einem Servicetechniker in der Nähe des Kunden ist die Technogroup auch beim Ersatzteilservice inzwischen bestens aufgestellt. "Viele Hersteller haben ihre Ersatzteilbevorratung europaweit in Zentrallagern organisiert. Das führt verständlicherweise auch zu wesentlich längeren Reaktionszeiten, bis das Ersatzteil beim Kunden ist", weiß Fischer. Seit dem 1. Dezember verfügen die Hochheimer auch über eine eigene Niederlassung in München. Insgesamt sind 4 bis 5 Niederlassungen bundesweit geplant. "Niederlassungen werden aber nur gegründet, wenn eine ausreichende Zahl von Kunden diesen Schritt rechtfertigt", so Persin. Unkontrollierte Expansionsgedanken soll es nicht geben.

Pricing und Kosten wurden ebenfalls einem intensiven Check unterzogen, mit dem Ergebnis, dass die Technogroup ihre Serviceverträge mittlerweile bis zu 30 Prozent günstiger als die Hersteller anbieten kann. "Bei einem Servicevolumen von jährlich rund 500.000 Euro reden wir hier von rund 150.000 Euro Einsparungen. Nicht nur in Zeiten knapper Kassen eine beträchtliche Summe", erklärt Claus Fischer.

Und obwohl gegenwärtig erst 60 Prozent der Maßnahmen umgesetzt sind, freut sich Claus Fischer über die schon jetzt sichtbaren positiven Effekte der Restrukturierung. "Insgesamt lässt sich nach rund einem Jahr feststellen, dass die Restrukturierungsmaßnahmen bereits Früchte tragen. Seit Oktober 2002 haben wir das Durchschnittsvertragsvolumen um mehr als 100 Prozent gesteigert. Die Entscheidung, einen externen Profi für die Restrukturierung zu engagieren, hat sich hundertprozentig ausgezahlt", erklärt der Technogroup-Geschäftsführer Gebhard Dieser.

*Alfried Große ist freier Journalist in Essen

Steckbrief Technogroup IT-Service

Die Technogroup IT Service GmbH mit Sitz in Hochheim am Main wurde 1990 von Claus Fischer als Technotron Computer Service GmbH gegründet. Ein Jahr später trat Gebhard Dieser als geschäftsführender Gesellschafter in das Unternehmen ein. Heute beschäftigt die Technogroup rund 60 Mitarbeiter. Zielsetzung des Unternehmens ist die Gewährleistung der Systemverfügbarkeit der eingesetzten Hardwarekomponenten. Seit mehr als zehn Jahren bietet die Technogroup seinen Kunden Wartung, Vor-Ort-Service, Systemumstellung, Reparatur-, Austausch- und Ersatzteil-Services, Systemberatung, Systemmigration, Systemanbindung im Umfeld von IBM-Hochleistungsservern, Mainframes und Storage-Produkten sowie ein eigenes Service-Rechenzentrum für Test- und Schulungszwecke an. Zu den Kunden zählen Banken und Versicherungen, Automobil- und Automotive-Unternehmen, Genossenschaften und Behörden. (mf)

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