Tiefer gelegt und mit Rallyestreifen

07.11.2002
Seit Jahren unterscheiden sich PCs nur durch ihre inneren "Werte". Nach außen jedenfalls bieten sie alle ein Standardgehäuse, meist in Computergrau. Wenn ein Hersteller mal ganz fortschrittlich sein will, spendiert er seinem Produkt eine blaue oder schwarze Behausung. Ein neuer Trend nennt sich Case Modding. Mit vielen kleinen Accessoires kann der Anwender seinen PC aufmotzen und ihm ein völlig neues Aussehen geben.

Besonders auf LAN-Partys ist neben der Rechenleistung des PC-Boliden das äußere Erscheinungsbild enorm wichtig. Die Industrie hat diesen Trend erkannt und bietet zwischenzeitlich eine Vielzahl von "Tuning-Zubehör" an, das den Rechner zwar nicht schneller macht, ihm jedoch eine individuelle Note gibt.

Eins gleich vorneweg: Die Marge bei solchen Zubehörteilen liegt zwischen 30 und 50 Prozent - es war eben schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben. Laut Aussage der verschiedenen Hersteller geht dieses Zubehör weg wie warme Semmeln.

Ein schickes Äußeres allein genügt aber nicht, der Nachbar oder Freund muss auch die inneren, teuren Komponenten erkennen können. Deshalb bieten verschiedene Hersteller, wie beispielsweise Jet Computer, zu ihren Chieftain-Gehäusen passende Seitenteile mit einem eingebauten Plexiglasfenster an. Jetzt erst kann man, ohne den Rechner aufschrauben zu müssen, alle Komponenten von außen erkennen.

Das Unternehmen Tiger Electronics bietet verschieden geformte Plexiglasscheiben an, die der Anwender dann in beliebige Gehäuse einbauen kann. Im Lieferumfang enthalten ist ein Gummidichtungsring, der für ausreichende Stabilität der Plexiglasscheibe im Gehäusedeckel sorgen soll.

Wer es ganz durchsichtig mag, kann auch auf das Plexiglasgehäuse des genannten Unternehmens zurückgreifen. Allerdings ist es hierbei wichtig zu wissen, dass dann die Elektronik in keinster Weise abgeschirmt ist. Ein CE-Zertifikat wird ein solchermaßen gestylter Rechner auf keinen Fall bekommen, da er durch jede EMV-Prüfung fallen würde. Nach Angaben des Unternehmens wurden diese Gehäuse aber auch nur für Ausstellungen konzipiert, auf denen sie das Innenleben eines PC zeigen sollen.

Und es dreht sich doch ...

Legte man früher nur Wert auf einen möglichst geräuscharmen Betrieb eines PC-Lüfters, hat ein solcher heute noch weiteren Kriterien zu genügen. Zuerst müssen Lüfter einen Blickfang darstellen: sei es durch eine möglichst eindrucksvolle Abdeckung - natürlich verchromt - oder durch Lichteffekte, die mithilfe von Leuchtdioden im nun durchsichtigen Plastikgehäuse erzeugt werden. Fantasievolle Lüfterformen, die nicht nur als Prozessorlüfter, sondern auch für Grafikkarten geeignet sind oder einfach als zusätzliche Gehäuseventilatoren eingesetzt werden, sollen neidische Blicke auf sich ziehen.

Einfaches Aluminium als Wärmeleiter reicht nun ebenfalls nicht mehr. Da werden beispielsweise Ventilatoren mit Kupferkern, der eine verbesserte Wärmeleitfähigkeit besitzt, angeboten. Des Weiteren sind die Wärmeleitbleche verchromt oder mit Pulverfarben beschichtet. Das verändert zwar kaum die Leistungsdaten des Kühlers, sieht aber stark aus.

Logisch, dass es jetzt nicht mehr nur auf die schnellste Grafikkarte ankommt, gut gestylt muss sie außerdem sein. Auch hier haben einige Hersteller von Grafikkarten die richtigen Produkte im Portfolio. Diese sind dann mit super gestylten farbigen Lüftern ausgestattet und besitzen außerdem noch bunte Kühlkörper für die Speicherbausteine. Dummerweise ist das Innere eines Rechners ziemlich dunkel, sodass man, trotz eingebauter Plexiglasscheibe, von außen kaum etwas erkennen kann, wenn man von den vielleicht schon installierten leuchtenden und blinkenden Lüftern einmal absieht. Auch hieran haben die Hersteller gedacht: Mit farbigen, rot, blau und grün glimmenden Neonröh-ren kann der Anwender das Innenleben seines PC beleuchten. Dabei beschränken sich die Beleuchtungsorgien nicht nur auf eine einfache Röhre - der Highend-User kann seinen PC außerdem noch mit farbig leuchtenden Neonkabeln individuell bestücken. Alle Beleuchtungseinrichtungen werden über jeweils kleine Spannungswandler an die ungefährlichen zwölf Volt des PC-Netzteils angeschlossen. Deshalb kann auch ein nicht ganz so versierter Anwender diese Leuchtkörper selbst installieren.

Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser

Jeder moderne PC verfügt in seinem Bios über eine Funktion, die sich Thermal-Management nennt. Hierin werden die Lüfterdrehzahlen der einzelnen Ventilatoren sowie die Temperaturen des Prozessors bei Wunsch auf dem Bildschirm angezeigt. Viele Anwender, besonders die Übertakter, wünschen sich eine ständige Kontrolle der CPU-Temperatur auf einem Messgerät am Gehäuse. Auch hierfür hat die Industrie mehrere Lösungen parat. Ein Messgerät wird in einen freien 5,25-Zoll-Schacht eingeführt und zeigt je nach Ausstattung bis zu drei unterschiedliche Messwerte von verschiedenen Stellen im PC an.

Wie allerdings der unbedarfte Anwender die dazugehörigen Fühler platzieren soll, bleibt das Geheimnis der Hersteller. Direkt an der CPU kann kein Fühler platziert werden, da diese komplett vom massiven und voluminösen Kühler verdeckt ist. Am Kühlkörper lässt sich zwar der Fühler leicht montieren, zeigt dann aber alles andere als die CPU-Temperatur an: Er kann jetzt maximal die Temperatur des Kühlkörpers anzeigen, aber wie es zwei Zentimeter tiefer auf dem Prozessor aussieht, kann das Messgerät allenfalls schätzen.

www.jet-computer.de

www.tiger-electronics.de

www.wave-computer.de

ComputerPartner-Meinung:

Bis auf eine optische Aufwertung des PCs bringt Case Modding keinerlei Vorteile in Bezug auf Geschwindigkeit und Stabilität eines Rechners. Im Gegenteil: Baut ein Anwender zu viele Leuchtstoffröhren und sonstige Stromfresser ein, kann das Netzteil überlastet werden, und der Rechner ist plötzlich tot. Außerdem ist die Tempera-turbilanz zu berücksichtigen: Jedes eingesetzte Leuchtmittel sorgt für eine zusätzliche Erwärmung des Gehäuseinneren.

Allerdings hebt sich ein auffällig getunter PC aus der Masse der anderen 08/15-Geräte hervor. Und die Margen bei den Zusätzen sind nicht schlecht. Warum sollte man also nicht auf den Zug aufspringen und Case-Modding-Produkte in sein Portfolio aufnehmen? (jh)

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