Time to Market als Schlüssel

25.09.2006
Mit starkem Wachstum in China und den USA sowie im Bereich Desktop-PCs hat Acer viele der vor zwei Jahren gesetzten Ziele erreicht. Nun will der taiwanesische Anbieter auch mit Consumer-Produkten und im Unternehmenssegment vorankommen.

Von Klaus Hauptfleisch

Schon vor einem Jahr hat Acer-President Gianfranco Lanci prophezeit, dass Wachstum künftig mehr aus den USA und Ländern wie China oder Russland zu erwarten sei. Erklärtes Ziel war auch, im Desktop-PC-Geschäft Gas zu geben und das Server-Business voranzutreiben.

Letzteres Ziel hat sich noch nicht erfüllt. Aber laut Corporate Vice President und EMEA-Chef Walter Deppeler war man noch nicht so weit, den Fokus auf Server zu legen. "Wir wollen nicht zu viele Sachen gleichzeitig machen. Es lassen sich höchstens drei oder vier Ziele auf einmal realisieren." Und da hatten der Ausbau des Desktop-PC-Geschäfts und die stärkere internationale Ausrichtung für Acer den Vorrang, sagt der Schweizer.

In den nächsten 12 bis 15 Monaten wolle man durch eine dedizierte Ansprache auch das professionelle Geschäft mit Servern, Desktop-PCs und Notebooks ausbauen. "Ich denke, durch unsere Kontakte zu den Systemhäusern haben wir gute Chancen, in dem Segment zu wachsen", meint Deppeler.

Stolz verweist der Manager auf die Erfolge in Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA), wobei sich das Wachstum immer mehr in die Schwellenländer wie Russland verlagert. Mit Notebooks ist Acer in der Region um 34 Prozent stärker als der Markt gewachsen und konnte damit seine Spitzenposition ausbauen, mit Desktops um 35 Prozent und hat damit ebenfalls das Marktwachstum weit hinter sich gelassen. In den USA hat Acer vor dem Antritt des neuen Chefs Rudi Schmidleithner aus Österreich vor zwei Jahren ganz klein begonnen. Aber im zweiten Quartal 2006 war Acer im amerikanischen PC-Markt mit einem Wachstum von fast 50 Prozent schon vor Sony auf Platz sieben. Ist das der europäischen Prägung im Management zu verdanken?, wollte ComputerPartner wissen: "Nein, Entscheidungen werden nach der Unternehmensphilosophie ‚One Company, One Brand, One Direction, One Team, One Process‘ gemeinsam gefällt", so Deppeler. Die drei neu definierten Fokusgruppen Mobility, Enterprise und Konvergenz gelten weltweit. Eingedenk regionaler oder länderspezifischer Unterschiede gebe es keine Zwangsverpflichtung, partout in bestimmte Bereiche hineinzugehen. "Ressourcen müssen da gebunden werden, wo Investitionen sich lohnen", bekräftigt Deppeler und fügt hinzu: "Es ist wenig sinnvoll, in einem Land zusätzliche Leute für Server einzustellen, wenn der jeweilige Markt in dem Bereich nur wenig hergibt."

Durch schlanke Strukturen und kurze Entscheidungswege könne Acer sehr flexibel und schnell auf die Kundenwünsche reagieren. "Time to Market ist das Schlüsselthema für den Erfolg von Acer", betont Deppeler. Dem standen allerdings hohe Lagerbestände von Monitoren im ersten Halbjahr 2006 gegenüber. Dazu Deppeler: "Tatsächlich hatten wir ein besseres zweites Quartal erwartet. Aber durch traditionell höhere Lagerbestände haben wir auch weniger Engpässe. Und jetzt, da die Monitorpreise wieder anziehen, ist das für uns sogar von Vorteil."

Fünf Jahre nach der Neuaufstellung als reine Marketing-Company machen die Beteiligungen an Benq, Wistron und anderen ehemaligen Acer-Produktionstöchtern nur noch weniger als 15 Prozent aus. Lanci und Deppeler hätten sich beim Abstoßen der Anteile zwar ein schnelleres Tempo gewünscht, schätzen aber auch die fortgesetzten guten Kontakte zu diesen Unternehmen als OEM-Lieferanten. Während Acer und Benq in Deutschland offene Konkurrenz üben, könne davon in Taiwan und global keine Rede sein. Überschneidungen mit Benq gebe es praktisch nur bei Projektoren, eines der stärksten Wachstumssegmente für Acer.

Nach der allgemeinen Kaufzurückhaltung im ersten Halbjahr 2006 beobachtet Deutschland-Chef Oliver Ahrens seit August einen positiven Stimmungswechsel und deutlichen Nachholbedarf. "Im September, Oktober und November können wir bei Notebooks und Desktops wieder mit Rekordzahlen rechnen", verkündet Ahrens. Um im Sinne der neuen Strategie sowohl im Corporate- und SMB-Segment als auch im Konvergenzgeschäft Gas zu geben, sieht Ahrens sein Unternehmen mit einer Reihe von neuen Produkten gut aufgestellt. Dabei setzt Acer auch auf die neuen 64-Bit-fähigen Intel-Prozessoren "Core 2 Duo". Die bilden auch das Herzstück der neuen Travelmate-64er-Notebooks, die zusammen mit verbesserter Dockingstation als Desktop-Ersatz für Unternehmen dienen sollen. Aber auch fürs Kleingewerbe und den Mittelstand hat Acer etliche neue Lösungen parat. In absehbarer Zeit soll zum Beispiel ein 19-Zoll-Monitor mit LED-Backlight zum Preis von 379 Euro herauskommen. "Damit sind wir einer der ersten Anbieter am Markt", so Ahrens.

Was das neue Fokusthema Konvergenz angeht, ist Acers Deutschland-Chef noch nicht zufrieden. "Es würde schneller gehen, wenn der Handel sich mehr öffnen würde. Der Fotohandel mit seinem schleppenden Umstieg von Analog auf Digital sollte dem UE-Fachhandel eine Warnung sein. Denn der Konsument wird immer klüger und verlangt konvergente Lösungen", betont Ahrens und fügt hinzu: "In einer Situation, da IT- und UE-Fachhandel das Thema Konvergenz noch nicht wirklich erkennen, verlagert sich vieles in den Online-Handel." Das Geschäft mit Displays und Beamern entwickle sich gut, aber: "Projektoren suchen immer noch den leidenschaftlichen Vermarkter", so Ahrens.

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