Selbstbewusst auftreten und überzeugen

Tipps für die Preisverhandlungen



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Verkäufer gewähren oft unnötige Preisnachlässe, weil sie glauben, ihr Kunde akzeptiere den Preis nicht. Dadurch schmälern sie den Ertrag und die Zukunftsaussichten ihres Unternehmens. Außerdem halsen sie sich überflüssige Mehrarbeit auf, sagt Ralph Guttenberger.

Kunden haben ein Gespür dafür, ob ein Preis angemessen oder fair ist. Das zeigen neben der Erfahrung auch die Untersuchungen des Neurobiologen Dr. Kai-Markus Müller: Er untersuchte mittels Messungen der Hirnaktivität von Probanden, wie diese auf unterschiedliche Preise für ein- und dasselbe Produkt reagieren. Zum Bespiel einen Becher Kaffee. Dabei zeigte sich: Empfinden Kunden einen Preis als zu hoch oder niedrig, reagiert ihr Gehirn heftig. Das heißt, sie sind geschockt, voller Zweifel oder erstaunt. Erachten sie einen Preis hingegen als angemessen, reagiert das Gehirn "entspannt".

Wer zu viel Rabatt auf seine Leistungen gibt, gewinnt zwar Kunden, schmälert aber seinen Gewinn.
Wer zu viel Rabatt auf seine Leistungen gibt, gewinnt zwar Kunden, schmälert aber seinen Gewinn.
Foto: vege - Fotolia.com

Es gibt also eine Art "Wohlfühl-Preis", der von Kunden akzeptiert wird. Und noch etwas ergaben die Untersuchungen: Dieser Preis liegt nicht selten über dem Preis, den die Unternehmen fordern.

Selbstbewusst zum Preis stehen

Doch wann fühlen sich Kunden mit einem Preis "wohl"? Entscheidend hierfür ist, welchen Wert sie einem Produkt oder einer Dienstleistung zuschreiben – also welchen Nutzen oder "Gewinn" sie sich hiervon versprechen. Was ein Kunde als teuer oder günstig empfindet, ist also eine relative Größe. Und ob er den Preis als angemessen erfährt, das wird maßgeblich vom Auftreten und Verhalten des Verkäufers beeinflusst.

Vielen Verkäufern ist dieser Zusammenhang nicht bewusst. Entsprechend zögerlich nennen sie den Preis und entsprechend defensiv agieren sie beim Verteidigen von ihm. Denn sie befürchten: Wenn ich den Preis nenne, schreckt der Kunde zurück – auch weil sie häufig selbst das Credo verinnerlicht haben: "Unsere Produkte sind verglichen mit den Konkurrenzprodukten teuer". Von solchen Glaubensätzen müssen sich Verkäufer befreien. Denn nur, wenn sie selbst hintern ihrem Angebot und ihren Preisen stehen, können sie diese auch selbstbewusst präsentieren.

Preisnachlässe sind ein Gewinnverzicht

Oft haben gerade Verkäufer mit hohen ethischen Prinzipien ein gespaltenes Verhältnis zum Preis. Denn sie wollen den Kunden einen möglichst großen Nutzen bieten – das ehrt sie. Ihnen ist aber nicht ausreichend bewusst, dass ihr Unternehmen zumindest mittel- und langfristig dies nur kann, wenn es auch den erforderlichen Gewinn erzielt. Denn ansonsten fehlen ihm die Mittel, um seine Produkte und Dienstleistungen zum Beispiel weiter zu entwickeln und zu verbessern. Also kann es seinen Kunden mittel- und langfristig auch nur einen Nutzen bieten, wenn es den für diese Investitionen erforderlichen Gewinn erzielt.

Deshalb dürfen Verkäufer sich nicht mit dem verständlichen Wunsch vieler Kunden solidarisieren, für den gewünschten Nutzen einen möglichst niedrigen Preis zu zahlen. Denn dann finden sie stets eine Begründung und einen Weg, um einen Preisnachlass zu gewähren. Damit schaden sie nicht nur ihrem Unternehmen und sich selbst, sondern mittelfristig auch den Kunden.

Vielen Verkäufern ist zudem nicht bewusst, wie stark sich schon geringe Preisnachlässe auf den Ertrag ihrer Unternehmen auswirken. Hierfür ein Beispiel. Angenommen das Produkt eines Unternehmens kostet 1000 Euro und seine Gewinnmarge beträgt zehn Prozent, also 100 Euro. Dann bedeutet ein scheinbar geringer Preisnachlass von 50 Euro: Die Gewinnmarge des Unternehmens sinkt auf fünf Prozent, also der Gewinn um 50 Prozent. Und die Verkäufer des Unternehmens? Sie müssen, um denselben Ertrag zu erzielen, doppelt so viele Aufträge an Land ziehen, wie wenn sie keine Rabatte gewähren würden – was deutlich schwieriger ist, als beispielsweise aufgrund einer sauberen Nutzenargumentation weniger Preisnachlässe zu gewähren.

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