TK-Aktien: hohe Gewinne mit Internet-Töchtern

30.03.2000
Demnächst bringt die Deutsche Telekom zehn Prozent oder 100 Millionen Aktien ihrer Tochter T-Online an die Börse (Zeichnung 3. bis 12. April 2000). Höchst-wahrscheinlich springen mit dem Papier hohe Profite heraus. Die Aktien dereuropäischen Telekommunikationskonzerne selbst sind hingegen überreizt.

Für den Erfolg des T-Online-Börsenganges kommen mindestens drei leuchtende Beispiele aus Europa in Betracht. Einmal Terra Networks, eine Tochter des spanischen Telefónica-Konzerns. Sie ist unangefochten die Nummer eins unter den Portalgesellschaften im gesamten spanischsprachigen Raum, auch in Lateinamerika. Binnen zwölf Monaten hat die Gesellschaft ihre Nutzerzahl um 425 Prozent auf 1,32 Millionen Abonnen- ten gesteigert. Allerdings ist der Verlust mit 178 Millionen Euro beträchtlich. Doch stammen fast zwei Drittel der Erträge aus Nutzergebühren. Das große Geschäft mit der Werbung und dem E-Commerce läuft gerade erst an. Vor diesem Hintergrund sind auch die gewaltigen Kurssteigerungen von 10 auf 135 Euro und unverändert positive Kommentare zu sehen.

Das britische Unternehmen Freeserve gehört zur Elektronik-Einzelhandelskette Dixons Group. Der erste Werbegag bestand darin, von den Nutzern keine Gebühren zu verlangen, im Gegensatz zu AOL oder Yahoo. Die Erträge speisen sich, so wie demnächst bei Terra Networks, vorwiegend aus Anzeigen und Provisionen aus dem E-Commerce-Geschäft. Im britischen Provider-Markt ist Freeserve die Nummer eins, arbeitet jedoch ebenfalls noch mit Verlust. Aber nicht deshalb kam kürzlich der steile Kursanstieg von 150 auf 950 Pence (neun Pfund) abrupt zum Stillstand. Grund war die Ankündigung, dass Altavista und die US-Kommunikationsgruppe NTL britischen Internet-Surfern demnächst unbegrenzten und kostenlosen Zugang zum Netz anbieten. Dennoch halten Analys-ten die Freeserve-Aktie für weiterhin interessant. Zusammen mit dem Unternehmen BT Cellnet, dem das erste mobile Internet-Portal in Großbritannien gehört, soll noch vor dem Sommer ein Handyportal mittels WAP-Technik (Wireless Application Protocol) auf die Beine gestellt werden. Da schließt sich der Kreis, denn die Mutter Dixons verkauft Mobiltelefone. Die Software wird es umsonst geben.

Sehr erfolgreich war der Börsengang der deutschen Mobilcom-Tochter Freenet.de, die binnen weniger Wochen dank rasant steigender Notierungen einen Börsenwert von 3,5 Milliarden Euro erreichte. Als vierte Parallele kann man den gigantischen Höhenflug um 1.500 Prozent der seit 1995 börsennotierten Telecom Italia Mobile nehmen, besonders im Hinblick auf die ebenfalls zum Börsengang anstehende Deutsche- Telekom-Tochter T-Mobil. Die T-Aktie selber wird immer wieder von Gerüchten beflügelt.

Die Aussicht auf einen erneut niedrigen Gewinn irritiert die Analysten kaum. Grund für den Optimismus: In der Branche gilt die strategische Positionierung und nicht der augenblickliche Gewinn. Die Deutsche Telekom hat da einiges zu bieten. Sie kann mit hohen Einnahmen aus dem Verkauf des Breitbandkabels und den Börsengängen der Mobilfunk- und Online-Töchter rechnen. Dadurch hat sie ordentlich Geld für Akquisitionen. Unter diesen Aspekten, meinen die Analysten, seien Kurse von 90 Euro durchaus gerechtfertigt. Allerdings ist der Titel derzeit spekulativ überhitzt. Wer die T-Aktie übrigens seit der ersten Emission im Herbst 1996 zu (bereinigt) 16 Euro kaufte, kommt binnen dreieinhalb Jahren auf über 450 Prozent Kursgewinn. Solch einen steilen Anstieg haben damals selbst die kühnsten Optimisten nicht geahnt, wurde das Papier doch seinerzeit als solider "Dividendenwert" angekündigt - ein Aspekt, der heute kaum mehr jemanden interessiert. Dank der Übernahme- und Internet-Phantasie haben die euro- päischen Teleaktien beachtliche Höhen erreicht. Zur Zeit mehren sich Anzeichen, wonach mit einer langsameren Entwicklung zu rechnen ist. In den USA sind die Telekurse schon ziemlich gefallen (siehe Tabelle). In Europa ist das Telekurs-Niveau doppelt so hoch wie vor wenigen Monaten. Es müsste also sehr viel zusätzliches Geld, mehr als das Doppelte, in die Papiere fließen, um den gleichen Kursauftrieb noch einmal zu bekommen. Dies ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher bei den Telepapieren ist eine "Seitwärtsbewegung" mit zunächst schwächeren Notierungen. (kk)

www.t-online.de

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