TK: eine harte Nuss für die IT-Distribution

19.06.2003

Die Telekommunikation ist für die IT-Distributoren eine größere Herausforderung, als sie ursprünglich gedacht hatten. Einerseits kommen sie an ihr nicht vorbei, weil die Konvergenz-Prophezeiungen allen Unkenrufen zum Trotz mittlerweile tatsächlich beginnen, Realität zu werden. Auf der anderen Seite lassen sich die Telekommunikationsprodukte nur schwer in ihr Business-Konzept einfügen - das ja bekanntlich auf einer breiten Masse an Produkten und somit auf einer möglichst großen Kundenbasis beruht.

Dabei hatte damals - in der Zeit des TK-Hypes - alles so einfach ausgesehen. Es wurden Mobilfunkverträge an die Bevölkerung verteilt, die dazugehörigen Handys ebenso. Mit ISDN und DSL ging der Boom gerade los. Jeder wollte die neuen Verträge. Nahe liegend, dass dies auch scheinbar das ideale Geschäft für einen Broadliner ist. Alles sah nach einem Massenmarkt aus. Und warum sollte nicht auch der IT-Handel dieses nette Zusatzgeschäft nutzen? Die Rolle der Broadliner dabei: Man musste lediglich die "logistische" Landschaft, sprich: den reibungslosen Ablauf der Abschlüsse gewährleisten.

Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Die Kunden der IT-Distributoren sind auf diesen Zug nicht aufgesprungen. Die Vertragsabschlüsse haben sich als "Flop" erwiesen - zumindest was die Mobilfunkverträge angeht. Zu gering waren die Provisionen, zu hoch der Aufwand, wenn etwas schief ging. Außerdem war der Hype nur von kurzer Dauer, und die Konkurrenz war schon allein durch die Netzbetreiber groß. Die Rechnung der Distributoren ist nicht aufgegangen, und die "Aufgabenstellung Telekommunikation" in der IT-Distribution begann sich zu verändern.

An der Entwicklung von beispielsweise Ingrams TK-Abteilung kann man sehr gut erkennen, wie der Distributor sich den Marktgegebenheiten angepasst hat. War die TK intern vor einigen Jahren noch der Consumer Electronic zugeordnet worden, so findet man sie heute nicht nur bei Ingram, sondern bei allen drei Broadlinern in der Netzwerk-Division wieder. Handys und Mobilfunk sind bei den großen Distis out.

Gefragt sind heute Lösungen wie WLAN oder Voice over IP. Die Telekommunikation, das diktiert der Markt, ist kein Massengeschäft, wenn man den IT-Händler erreichen will. TK ist Lösungsgeschäft. Selbst Hardware wie ganz normale Telefon-Anlagen werden hauptsächlich im Rahmen von Projekten verkauft.

Und hier stehen die IT-Broadliner vor der nächsten Herausforderung. Denn im Lösungsgeschäft stoßen sie sehr schnell auf die Konkurrenz aus dem VAD-Lager. Zwar hat fast jeder Broadliner mittlerweile seinen eigenen Value-Added-Distributor, dennoch kämpft man teilweise um dieselben Lieferanten und Kunden. Die Entscheidung, die die Distribution heute zu treffen hat, ist: Wo zieht man die Grenze? Wo hören die Broadline-Themen auf, und wo fangen die Themen für Spezialdistributoren an? Ein Indiz für dieses Dilemma ist die Tatsache, dass die Distis ausgerechnet auf Voice over IP als Trend der nächsten Jahre setzen. Gerade Voice over IP: ein Markt der seit Jahren von den Marktforschern und ein paar wenigen Herstellern beschworen wird, der aber noch niemandem schwarze Zahlen eingebracht hat. Selbst wenn VoIP demnächst tatsächlich alltagstauglich werden sollte, wird es in absehbarer Zeit keine große Kundenbasis für diese Lösungen geben. VoIP ist ein typisches Marktsegment, das besser bei Spezialdistributoren als bei einem Broadliner aufgehoben ist, denn Händler, die VoIP vertreiben, benötigen inten-sive Unterstützung und ein anderes Know-how, als es die Broadline-Distribution bieten kann.

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