Tobit, die installierte Basis und die Informationsdrehscheibe

02.10.2000
So wie Marco Börries (Star-Division) seine Firma zu verkaufen, das kann sich Tobit-Chef Tobias Groten derzeit nicht vorstellen. Er will auch weiterhin selbst den Ton angeben.

Was den möglichen Verkauf seines Unterneh-mens betrifft, ist Tobias Groten ein wenig eigen. "Lieber würde ich die Firma verbrennen, als sie an einen Amerikaner zu verkaufen", soll er gesagt haben, wie Mitarbeiter erzählen. Allerdings war es da schon ziemlich spät am Abend, an der Bar, und es war wohl auch nicht ganz ernst gemeint. Dennoch denkt der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter der Tobit Software GmbH in Ahaus gar nicht daran, die Besitzverhältnisse zu verändern. "Der Laden ist derzeit nicht zu verkaufen", erklärt er. Und: "Verkaufen ist für mich ein Zeichen von Schwäche." Punkt.

Dass es an Interessenten nicht mangelt, will man Groten glauben. Denn der Software-Hersteller hat mit seiner Kommunikations-Lösung "David" - einem sogenannten Unified-Messaging-Server -, ein Produkt im Angebot, das absolut im Trend liegt. Andere hätten die Firma, von der Groten sagt, dass sie rund 30 Millionen Mark Umsatz macht und die gleiche prozentuale Rendite erzielt wie Microsoft, schon längst an die Börse gebracht.

Nicht so der Sohn einer alteingesessenen Ahauser Unternehmerfamilie. Keine Notwendigkeit, winkt er ab. Um das geplante Wachstum realisieren zu können, reichen seiner Meinung nach die vorhandenen Mittel. Das Stammkapital liegt derzeit bei 150.000 Mark, mehr braucht er vorerst nicht. "Liquidität ist für ein Software-Unternehmen nie ein Thema", sagt Groten.

Insofern bleibt erst einmal alles beim Alten bei dem Unternehmen im westlichen Münsterland, von dem der Chef sagt, dass es "nach wie vor ein kleiner Software-Hersteller" sei, "vielleicht weltweit der kleinste im Massenmarkt, der seine Produkte über die Distribution verkauft". Alles beim Alten bedeutet in diesem Falle: Fortsetzung des Wachstums. Wachstum ist das Kredo von Tobias Groten. "Wir müssen wachsen, weil wir eine bestimmte Dominanz im Markt brauchen, damit unser Business-Modell funktioniert. Wir müssen an unserer installierten Basis arbeiten", erklärt er. Rund 200.000 Pakete ("Server" sagen die Kenner dazu, weil diese Software-Produkte auf dem Server laufen) hat Tobit bisher verkauft, davon 120.000 in Deutschland. An jedem Server hängen durchschnittlich 18 Benutzer. Schon mehr als 50 Prozent des Umsatzes stammen aus Updates und Erweit-erungen. Genauso hat sich Groten das vorgestellt. Es muss aber noch mehr werden.

Dabei spielt das Ausland eine wichtige Rolle. Rund 35 Prozent trägt es bereits zum Umsatz bei, fast das gesamte Wachstum kommt von dort. Gerade eben hat Tobit in Italien eine Niederlassung eröffnet, in Eppan bei Bozen, Südtirol also, wo man lieber deutsch als italienisch spricht. Und auch in Südafrika, in Kapstadt, wohin es einen Bekannten verschlagen hat, der früher bei Novell in Düsseldorf gearbeitet hat. In Großbritannien (Wrexham) und Kanada (Montreal) weht schon seit längerem die Tobit-Flagge im Wind. Von den derzeit insgesamt 150 Tobit-Ange-tellten (in zwei Jahren sollen es höchstens 500 sein) arbeiten inzwischen 40 außerhalb Deutschlands.

Bei den Auslandstöchtern handelt es sich immer um ehemalige Vertriebspartner, die sich beson-ders stark für Tobit ins Zeug gelegt und entsprechend erfolgreich am Markt agiert haben. Tobit beteiligt sich mit 49 Prozent, die Auslands-filialen müssen maximal 25 Prozent des Umsatzes in die Zentrale überweisen.

So wichtig für Tobit die installierte Basis ist, sie allein reicht noch nicht aus. "Sie brauchen als Hersteller ein Produkt, das für die Kunden strategisch wichtig ist und das nicht schnell ausgetauscht werden kann", erklärt Groten. Daran arbeiten die Ahauser, und sie nennen es "Informations-drehscheibe". Darunter verstehen sie die Schaffung einer Sprach-/Daten-Infrastruktur - früher sagte man "Multimedia" dazu -, die sich von den herkömmlichen Netzen und Verteilsystemen grundlegend unterscheidet. Tobits Unified-Messaging-System David ist erst der Anfang, sagt Groten. Wie das Ende aussieht, mag er nicht verraten, aus einer ganzen Reihe von Gründen. Die will er aber nicht publiziert sehen, weil er das gerne noch geheim halten möchte, vor Kunden, Konkurrenten und Kooperationspartnern.

Nicht mehr unter Verschluss halten will Groten dagegen seine Überlegungen zu einem "moderneren" Vertriebskonzept (siehe Kasten). Auf der diesjährigen Cebit (Halle 11, Stand A14) hat sich der zweimalige Preisträger des "Com-puterPartner-Award" vorgenommen, sein neues Vertriebsmodell mit seinen Handelspartnern zu diskutieren. (sic)

www.tobit.com

Zur Startseite