TOP DE: Conergy wendet Insolvenz zunächst bis Weihnachten ab

30.07.2010
Von Martin Rapp DOW JONES NEWSWIRES

Von Martin Rapp DOW JONES NEWSWIRES

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Das Solarunternehmen Conergy hat sich im Tauziehen um eine Kreditverlängerung mit den finanzierenden Banken geeinigt. Zumindest bis kurz vor Weihnachten dieses Jahres muss das Unternehmen die Darlehen in dreistelliger Millionenhöhe nicht zurückzahlen, wie es am Donnerstag mitteilte. An einer Verbesserung der Bilanzstruktur wird indes weiter gearbeitet, wozu auch der Vorstandsvorsitzende Dieter Ammer nun drei Monate länger an Bord bleibt.

Monatelang hatte die Hamburger Conergy AG mit den Kreditgebern um eine Lösung der formal am Samstag auslaufenden Darlehen gefeilscht. "Die Verhandlungen waren naturgemäß nicht immer einfach", sagte Ammer nach erfolgter Einigung zu Dow Jones Newswires. Eigentlich wollte Conergy die Thematik bis Ende März abschließen. Dann hieß es Mitte April und zuletzt stand nur noch das Fälligkeitsdatum 31. Juli im Raum.

Zuletzt hatte das Auftauchen eines Hedgefonds für Unruhe gesorgt. Der US-Investor York Capital hatte laut Zeitungsberichten Forderungen übernommen und trat angeblich mit dem Ziel auf, die erworbenen Kredite in Eigenkapital umzuwandeln. Ammer bestätigte, dass York nun zum Kreis der Darlehensgeber gehört. Zu einem Tausch in Conergy-Anteile kommt es aber erstmal nicht.

Die gefundene Lösung sieht nun so aus: Grundsätzlich wurden die Kredite bis Ende 2011 verlängert. Dies betrifft ein Darlehen von 250 Mio EUR sowie eine nach Bedarf auszuschöpfende Bürgschaftslinie von 200 Mio EUR. Dazu kommen noch über 56 Mio EUR, die das Unternehmen für einen zweiten Kredit schuldet. Am Ende des ersten Quartals verzeichnete Conergy Finanzschulden in Höhe von 341 Mio EUR. Bei einer Fälligstellung jetzt hätte dem Unternehmen die Insolvenz gedroht.

Bestandteil der Verlängerung ist jedoch eine Klausel zur Überprüfung der Finanzstruktur. Dies soll eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft übernehmen. "Der Gutachter soll feststellen, ob die derzeitige Schuldenlast langfristig die optimale ist", erklärte Ammer. Sollten die Prüfer feststellen, dass eine Stärkung der Kapitalbasis nötig ist, werden gemeinsam mit den Gläubigern Möglichkeiten zur Anpassung der Passivseite erarbeitet. "Je nachdem, zu welchem Schluss das Gutachten kommt, werden wir uns mit allen Beteiligten zusammensetzen und die für Conergy sinnvollsten Maßnahmen auf den Weg bringen", sagte der Vorstandsvorsitzende.

Im Gespräch sind laut Finanzkreisen für diesen Fall der Tausch von Fremd- in Eigenkapital, ein Abschlag auf die Schuldensumme oder eine Kapitalerhöhung als denkbare Möglichkeiten. Dow Jones Newswires hatte vor gut zwei Wochen erfahren, dass Conergy einen solchen Schritt schon jetzt favorisiert hätte. Laut Ammer soll das Ergebnis des Gutachtens bis spätestens Ende des Jahres vorliegen.

Zum Ende des ersten Quartals lag die Eigenkapitalquote von Conergy unterhalb von 15%. Das ist deutlich weniger als Konkurrenten wie Solarworld oder Q-Cells vorweisen. Zwar macht Conergy mittlerweile operativ wieder Gewinn, doch unter dem Strich bleiben Verluste - was das Eigenkapital weiter aufzehrt. Unter diesen Umständen scheint eine Veränderung der Bilanzstruktur unumgänglich, womit die zweite Frist der Einigung mit den Gläubigern in den Blick rückt. Sollten die Wirtschaftsprüfer Anpassungsbedarf feststellen, verkürzt sich laut Conergy die Kreditlaufzeit auf den 21. Dezember dieses Jahres. Dann soll ein Konzept zur Schuldenreduzierung kurzfristig umgesetzt werden, wozu alle beteiligten Banken bereits ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert hätten, hieß es.

Der wegen der andauernden Gespräche bislang nicht testierte Konzernabschluss 2009 soll jetzt zusammen mit dem Halbjahresbericht am 12. August veröffentlicht werden. Gleichzeitig sei damit die Voraussetzung für die Einladung zur noch ausstehenden ordentlichen Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2009 erfüllt, die voraussichtlich Anfang Oktober 2010 stattfinden soll. Dann wird auch Ammer noch die Aktionäre begrüßen, der eigentlich Ende Juli sein Amt abgeben wollte.

Seine Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden wird nun aber bis Ende Oktober verlängert, um das Treffen der Anteilseigner noch zu begleiten. Zugleich wünscht die Commerzbank als Großaktionär mit zuletzt über 37% der Anteile ihn als Aufsichtsrat. Sollten die Aktionäre zustimmen, wird Ammer nach der Hauptversammlung in das Kontrollgremium einziehen.

Die späte Mitteilung überraschte den Finanzmarkt positiv. Im außerbörslichen Handel bei Lang & Schwarz schoss die Aktie um über 17% nach oben und notierte kurz vor 22.00 Uhr bei 0,87 EUR.

Webseite: www.conergy-group.com -Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 (0) 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/flf

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