Toshiba 2000: So richtig rund läuft’s nicht

10.05.2000
Toshiba erlebt ein zähes Jahr: IBM verdrängte die Japaner von der Spitzenposition im Corporate-Segment, das Server-Geschäft läuft nur langsam an - und die versprochenen WAP-Dienstleistungen kommen später als geplant.

Auch Toshiba bekommt das schwierige Geschäftsjahr 2000 zu spüren: "Der Notebook-Markt ist langsamer gewachsen, vor allem im Business-Segment. Die Gründe dafür liegen zum einen in der Jahr-2000-Umstellung, zum anderen investieren die Kunden zur Zeit in E-Commerce. Hardware-Rollouts werden deshalb nach hinten verschoben", formuliert Thomas Kissel-Müller, Marketing-Direktor Toshiba Deut-schland, die aktuelle Lage in der IT-Branche. Zäh gestaltet sich für den Hersteller außerdem der Einstieg in den deutschen Server-Markt - und auch der Wandel vom Hardware-Hersteller zum "Mobile Vendor" erfolgt nicht gerade in großen Sprüngen.

Ein mühsames Jahr für Toshiba, so scheint es. Und das, wo doch der Hersteller seit neuestem Drei-Jahres-Pläne aufstellt, "zum ersten Mal, seit ich hier arbeite", so Kissel-Müller. Die Strategie ist, nur mit profitablen Produkten zielgerichtet in Märkte zu gehen — eine Folge der miserablen Konzern-Bilanzen im vergangenen Geschäftsjahr. Aber: "Toshiba Deutschland ist profitabel, und wir erreichen unsere Ziele", versichert der Chef-Marketier.

Gut Ding will Weile haben

In dieser Situation dürfte es für den japanischen Hersteller umso schmerzlicher sein, im zweiten Quartal von IBM von der Spitzenposition im Corporate-Notebook-Segment verdrängt worden zu sein. "Das ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen", gebraucht der Marketing-Chef dieselben Worte wie IBM-PC-Chef Michael Cerny (sie-he auch ComputerPartner 31/00, Seite 12). Das Erstarken des Konkurrenten kommentiert Kissel-Müller so: "Bei großen Projekten ist IBM hierzulande momentan deutlich zu spüren. In Europa sind das ansonsten Compaq und Dell, da hat Big Blue nichts zu melden. Im deutschen Großkundenseg-ment hingegen ist IBM durch die Historie, die AS/400-Server, gut vertreten."

Apropos Server: "Unser hiesiger Einstieg in den Server-Markt läuft nur langsam an. Wir hier in Deutschland wundern uns nicht darüber, in Japan herrschten da unrealistische Erwartungen. Das Servergeschäft ist ein anderes, wir mussten erst einmal die Servicedienstleistungen auf die Reihe bekommen", erzählt der Toshiba-Mann. Außerdem sei der Markt verteilt, da müsse man die Kunden erst einmal überzeugen, dass ein Wechsel Sinn macht. "Wir gehen in erster Linie auf SMB-Händler zu, denn die sind nicht so festgelegt. Die können sich damit gegen das Systemhaus um die Ecke abgrenzen, das Compaq-Server anbietet." Stückzahlen der seit April verfügbaren Geräte will Kissel-Müller nicht verraten: "Die nehmen sich neben unseren PC- und Notebookzahlen nicht so gut aus."

Wo bleibt der Mobile Vendor?

Im Sommer hatte Toshiba auch vollmundig die "Mobile Information Services" (siehe auch ComputerPartner 26/00, Seite 16) angekündigt, dank derer sich das Unternehmen vom Hardware-Hersteller zum "Mobile Vendor" veredeln will. Ab August sollten WAP-Lösungen für Handys und Organizer zwecks Datenaustausch im Großkundenbereich zur Verfügung stehen. Doch dieses Versprechen hat Toshiba bisher noch nicht eingelöst. "Das ist ein ganz neues Business für uns. Die Inhalte sind zwar klar, aber die müssen jetzt noch umgesetzt und die Kooperationen gelebt werden", beschreibt der Marketing-Leiter vorsichtig den Status quo. Ein konkretes Projekt ist deshalb noch nicht in Sicht. "Wenn der Aufbau des Bereichs abgeschlossen ist, werden wir mit Promotions in die Breite gehen. Auf der Systems wird da was zu sehen sein."

Weiterhin "Nein" zum Direktvertrieb

Wenn Toshiba die Zeichen der Zeit deutet, wecken sie beim Hersteller keineswegs das dringende Bedürfnis nach einem Direktvertrieb. "Zum einen brauchen wir den Handel für die Service-Dienstleistungen, zumal die deutschen Kunden da auch wesentlich höhere Ansprüche als andere haben. Zum anderen ist der klassische Direktvertrieb nach Dataquest-Zahlen zurückgegangen", erzählt Kissel-Müller. Im deutschen Notebookbereich mache er derzeit 13,3 Prozent des Absatzes aus. Zwar sei das Consumer-Segment stärker gewachsen als der professionelle Bereich, doch auch hier zeichne sich eine gewisse Sättigung ab. Interessant sei auch, dass entgegen der vorjährigen Erwartungen nicht die großen Systemhäuser gewachsen seien, sondern eher die mittleren mit einem Umsatzvolumen zwischen 10 und 25 Millionen Mark - "und die haben sich zunehmend auf Markenprodukte eingeschossen", beruft sich der Marketier auf GfK-Studien. Solches Zahlenwerk stützt die aktuelle Toshi- ba-Marktstrategie: "Wir wollen unsere Choose-Freedom-Marketing-Kampagne, bei der wir auch mit Händlern kooperieren, weiterfahren und neue Kunden im Schul- und Uni-Bereich gewinnen. Außerdem wollen wir unser Extranet für Großkunden und Händler ausbauen, um den Informationsfluss zu optimieren", gibt Kissel-Müller abschließend die weitere Marschrichtung an. (via)

www.toshiba.de

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