Sämtliche Vermögensanteile von OCZ sollen an Toshiba übergehen, so der Plan. Beide Parteien hatten bereits im Laufe des vergangenen Jahres wiederholt die Möglichkeiten einer Übernahme ausgelotet. Aber auch mit Seagate gab es 2012 mehrere Verhandlungsrunden, woraufhin der Börsenwert von OCZ im Sommer kurzfristig auf über eine Milliarde US-Dollar kletterte. Seagate griff aber letztlich nicht zu.
Gestern legte Toshiba nun ein konkretes Angebot für OCZ vor. Über die wesentlichen Konditionen seien sich beide Parteien einig, die Verhandlungen weitgehend abgeschlossen, hieß es seitens OCZ. So soll beispielsweise auch die komplette Belegschaft unter dem neuen Eigner weiter beschäftigt werden.
Für OCZ könnte das der letzte Rettungsanker sein, nachdem der Hauptkreditgeber, die Hercules Technology Growth Capital (Hercules), vor zwei Tagen die Kontrolle über die Vermögenswerte und Konten des Unternehmens übernommen hat. OCZ konnte zuletzt die fälligen Kreditzahlungen nicht mehr bedienen.
OCZ kündigte an, nach erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen mit Toshiba und mit der Kreditbank Hercules Insolvenz anzumelden, um so den Weg für den Verkauf des Unternehmens an Toshiba im Rahmen eines speziellen Gläubigerschutzverfahrens freizumachen. Es sieht vor, dass die Behörden nach Eingang des Insolvenzantrags potenziellen Interessenten rund 30 Tage lang die Möglichkeit einräumen müssen, ein eigenes Angebot für OCZ abzugeben. Anschließend entscheidet das zuständige Gericht auf Basis der Höhe und Güte der eingegangenen Angebote, welche Offerte zum Zuge kommt.
Der Betrieb bei OCZ werde trotz der gegenwärtigen Schieflage unverändert aufrechterhalten und auch sämtliche Garantie-Leistungen würden auch künftig für alle Produkte gewährleistet, versicherte ein OCZ-Sprecher gegenüber ChannelPartner. Aus der Toshiba-Zentrale in Japan wollte sich zum aktuellen Zeitpunkt kein Verantwortlicher zu den Plänen äußern.
Für OCZ wäre der Toshiba-Deal nicht nur aus finanziellen Gesichtspunkten überlebenswichtig: Schon in den vergangenen Quartalen hatte das Unternehmen mit massiven Lieferengpässen zu kämpfen, weil am Markt nicht genügend NAND-Speicher verfügbar waren. Das wiederum trieb die NAND-Preise in die Höhe - die ohnehin im Schnitt 90 Prozent der SSD-Kosten verursachen.
Mit Toshiba als einem der wenigen verbliebenen NAND-Hersteller an der Seite, wäre dieses Problem behoben. Doch auch Toshiba könnte von OCZ profitieren. Der SSD-Spezialist hält zahlreiche wertvolle Patente, unter anderem für eigen entwickelte Controller und Firmware. OCZ brachte als erster Hersteller schon 2008 die ersten SSDs für Consumer auf den Markt und zählte über viele Jahre hnweg zu den marktbeherrschenden Anbietern in diesem Segment.
Die Schieflage ist auch hausgemacht
In turbulentes Fahrwasser geriet OCZ allerdings nicht erst in jüngster Zeit - und keineswegs nur wegen des allgemeinen Margendrucks im Speicherkomponenten-Segment. Viele Jahre hatte der OCZ-Gründer und langjährige Firmenchef Ryan Peterson das Unternehmen erfolgreich, mit klug gewählten Akquisitionen und innovativen Entwicklungen nach vorne gebracht. Die Chancen der SSDs hatte er frühzeitig erkannt und maßgeblich dazu beigetragen, OCZ schließlich als reinen SSD-Hersteller zu positionieren.
Irgendwann allerdings habe er die Bodenhaftung verloren, wie Insider hinter vorgehaltener Hand schon Anfang 2012 berichteten. Petersen setzte alles auf eine Karte, um OCZ zum Marktführer im SSD-Segment zu machen. Das Unternehmen stürzte sich in einen gnadenlosen Preiskampf mit den Wettbewerbern und trimmte die gesamte Organisation auf bloßes Wachstum.
Im Herbst 2011 geriet das Unternehmen schließlich ins Visier der US-Börsenaufsicht. Sie ermittelte gegen mehrere Manager wegen des Verdachts der Bilanzmanipulation. Viele Mitarbeiter mussten gehen. Die Investoren gingen auf die Barrikaden, der Aufsichtsrat intervenierte. Im Herbst 2012 musste Firmenchef Ryan Petersen seinen Posten räumen.
Zu seinem Nachfolger wurde der ehemalige PLX-Chef Ralph Schmitt zum CEO berufen, der bereits seit April 2011 im OCZ-Aufsichtsrat saß. Sein Ziel: Das Unternehmen wieder auf Profitabilitätskurs zu bringen. Es folgte eine Entlassungswelle, das Portfolio wurde bereinigt. Die Umstrukturierungen zogen sich fast über das ganze Jahr 2013 hin. Offenbar reichte es nicht: Die Banken spielten nicht mehr mit. (rb)