Totgesagte leben länger

05.11.2000
Seit über zehn Jahren ist die CD-ROM schon im Markt. Mit der Einführung der DVD sollte eigentlich ihr Tod eingeläutet werden. Doch die CD-ROM erfreut sich immer noch größter Beliebtheit. Wie geht es aber weiter? Um die aktuelle Marktsituation zu analysieren, hat ComputerPartner Vertreter der DVD- und CD-ROM-Fraktionen aus der Hardware-Industrie an einen Tisch gebracht.

Wie lange wird es noch CD-ROM-Laufwerke auf dem Markt geben?

Reul: Guillemot verkauft schon seit einem Jahr keine CD-ROM-Laufwerke mehr. Wir sind ganz auf die DVD- beziehungsweise CD-Brennerschiene umgestiegen.

Weber: Auch Multiport tut in Richtung CD-ROM seit eineinhalb Jahren nichts mehr. Wir setzen allerdings nicht auf DVD, sondern voll auf CD-R/RW, weil wir glauben, dass der Kunde etwas haben will, mit dem er selbst aufzeichnen kann.

Kipp: Bei Pioneer haben wir schon vor über eineinhalb Jahren die Produktion von CD-ROM-Laufwerken komplett eingestellt und auf DVD-ROM umgestellt.

Inwiefern sind denn DVD-Laufwerke schon jetzt eine ernsthafte Konkurrenz für CD-ROM-Laufwerke?

von Glahn: Wir von Peacock gehen davon aus, dass die DVD nur dann die CD-ROM ablösen wird, wenn es vom Preis her einigermaßen angemessen ist. Also wenn die Preismarke bei etwa fünfzig Dollar liegt.

Klima: Computer 2000 stellt seinen Kunden das zur Verfügung, was sie wollen. Wenn es ein CD-ROM-Laufwerk ist, dann eben ein CD-ROM-Laufwerk, wenngleich der Trend natürlich Richtung CD-R/RW und DVD-ROM geht.

Riemer: Bei Ingram Macrotron glauben wir, dass die DVD in diesem Jahr ein Wachstum von etwa 300 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aufweisen wird. Trotzdem sind noch 90 Prozent aller verkauften Laufwerke CD-ROM-Laufwerke.

Handke: Samsung will das CD-ROM-Laufwerk schon lange nicht mehr produzieren, weil es preislich am Boden ist. Nichtsdestotrotz waren im vergangenen Jahr noch 75 Prozent unserer verkauften optischen Laufwerke CD-ROM-Laufwerke.

Lindner: Bei Hitachi haben wir schon Ende 1998 aufgehört, CD-ROM-Laufwerke für den Distributionskanal zu vertreiben. Und wir sind der Meinung, dass die DVD die Zukunft der Massenspeicher bestimmen wird.

Rempe: Auch wir von Memorex glauben, dass sich die DVD definitiv durchsetzen wird, schon alleine von den Anwendungsmöglichkeiten her, vom Speicher und vom Bedarf, der im Markt existiert.

Welche Anwender wollen jetzt überhaupt schon DVD haben, wo sie doch damit noch relativ wenig anfangen können?

Reul: Aufgrund unserer Verkaufsstruktur - wir bieten sowohl einzelne DVD-Laufwerke als auch Bundles mit einer Mpeg-Decoder-Karte an - zeigt es sich, dass Videoanwendungen am PC sehr gefragt sind.

Rempe: Und wenn man sieht, was in den USA schon jetzt an verfügbaren Software-Titeln im Markt vorhanden ist, dann wird das mit einer kleinen Zeitverschiebung bald auch in Deutschland der Fall sein.

Riemer: Auch der aktuelle Preisunterschied zwischen einem DVD- und einem CD-ROM-Laufwerk spielt eine Rolle. Es gibt sehr viele Enduser, die davor zurückschrecken, DVD einzubauen, weil sie für diesen Mehrwert 300 Mark mehr ausgeben müssten.

Handke: Video auf dem PC ist sicherlich nicht die wirkliche Applikation für einen Rechner. Professionelle Software-Pakete, die langsam, aber sicher auf DVD-Medien kommen, werden natürlich den Einsatz von DVD-Laufwerken fördern.

Reul: Für den Videobereich möchte ich das ein bisschen relativieren. Gerade im Vergleich zur Braunen Ware habe ich mit dem PC deutlich mehr Möglichkeiten, mit dem Video etwas zu machen.

Kann es sich ein Hersteller heutzutage überhaupt erlauben, auf DVD zu verzichten?

Weber: Multiport nimmt hier eine Sonderstellung ein. Da wir nur externe Laufwerke verkaufen, macht DVD für uns derzeit einfach keinen Sinn. Beim Abspielen von Videofilmen kommen wir mit dem USB- oder Parallelport nicht mit. PC-Cards sind auch zu langsam. Interessant wird es für uns erst, wenn USB 2.0 auf den Markt kommt.

Wie gut verkaufen sich DVD-Laufwerke überhaupt? Viele Händler sind zurzeit wohl richtig frustriert, da sie an CD-ROMs nichts verdienen und DVDs mangels Stückzahlen nicht verfügbar sind.

von Glahn: Momentan müssen wir alles unter dem Dach der Allokation betrachten. Dementsprechend läuft das Geschäft natürlich nicht übermäßig. Aber selbst wenn die Verfügbarkeit da wäre, würden mit Sicherheit auf ein verkauftes DVD-ROM- etwa acht verkaufte CD-ROM-Laufwerke kommen.

Lindner: Mir tut es auch immer wieder leid, wenn Kunden bei den Händlern anrufen und dieser ihnen sagen muss: "Ich habe nur dieses und jenes, aber mehr habe ich leider nicht." Das ist schon schade.

Riemer: Und der arme Sales-Mann im Vertrieb hat wütende Anrufe von Kunden, die wissen wollen, wo ihr Produkt bleibt, und die dann vertröstet werden müssen.

von Glahn: Und wenn Hersteller liefern können, ist es momentan absolut in, die OEM-Schiene zu bedienen.

Kipp: Einspruch! Wir von Pioneer haben zwar einen bestimmten Anteil der Produktion, der in die OEM-Schiene geht, aber der Großteil der hergestellten Artikel wird in die Distribution geliefert. Das kann ich zumindest für Deutschland mit Fug und Recht behaupten.

Wie einfach war es damals für Hersteller, sich von CD-ROM-Laufwerken zu verabschieden?

Lindner: Ich muss gestehen, dass ich ein bisschen beleidigt war, als wir bei Hitachi die Produktion von CD-Laufwerken eingestellt haben. Aber ich glaube, die Entscheidung war schon richtig. Wir fahren ja auch nicht 18 Jahre lang den gleichen Autotyp.

Kipp: Auch ich hatte im Herbst 1998 ein bisschen Bammel, ob wir bei Pioneer die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen hatten. Aber wenn man auf die Preisentwicklung der CD-ROM-Laufwerke schaute, wusste man spätestens drei, vier Monate später, dass es die richtige Entscheidung war.

Wann ging es dann so richtig mit der Nachfrage nach DVD-Laufwerken los?

Kipp: Im ersten Halbjahr 1999 war DVD-ROM auch in der Presse noch mit vielen Fragezeichen versehen. Aber ab September ging es ab wie eine Rakete, was in dieser Form nicht vorhersehbar war - und deswegen stehen wir alle vor dem Dilemma, nicht liefern zu können.

Riemer: Uns fällt es sehr schwer, genau zu wissen, wie groß der Backlog im Endeffekt tatsächlich ist. Die Händler haben überall bestellt, die Distributoren haben überall bestellt. Die Frage ist: Wenn einmal Ware im Markt verfügbar ist, wie verhält sich dann der Markt?

Handke: Das ist ein typisches Phänomen der Nachfragemultiplikation. Einer braucht 1.000 Stück und fragt bei fünf Lieferanten an. Und schon sind es 5.000, und so weiter.

Kipp: Aber insgesamt zeigt die Kurve auf jeden Fall nach oben. 1999 hat jedes Quartal höhere Marktanteile von DVD-ROM-Laufwerken gebracht als das Quartal vorher. Allein im vierten Quartal sind in Europa 2,1 Millionen Stückzahlen verkauft worden. Und das sind reale Zahlen, ohne Allokation. Das zeigt eindeutig: Die DVD-ROM löst die CD-ROM sukzessive ab.

Handke: Als Hersteller müssen wir uns letztendlich auch nach dem Markt richten. Samsung wollte schon in der ersten Hälfte 1999 DVD-ROMs massiv in den Markt drücken, aber das ist uns zu jenem Zeitpunkt überhaupt nicht gelungen. Wir können den Markt auch nicht machen.

Lindner: Ab Oktober war es bei Hitachi eine Katastrophe. Da ging nichts mehr.

Klima: Interessant war, dass die Allokation der DVD-ROM zeitgleich mit der Allokation von der CD-R/RW begann. Der Händler wollte ein höherwertiges Produkt als eine CD-ROM verkaufen, hatte aber kein CD-RW zur Verfügung. Eine Alternative, einen Value-Add zu verkaufen, stellt auch ein DVD-ROM dar. Und CD-RW ist momentan noch stärker unter Allokation.

von Glahn: Ich halte DVD zurzeit für krasser allokiert als CD-RW.

Riemer: Was den ausgelieferten Prozentsatz betrifft, ist das richtig. Aber nicht von den absoluten Zahlen her.

Klima: Leidtragender von Allokationen ist - leider viel zu häufig - der Fachhändler, weil er auftragsbezogener bestellt als ein Subdistributor.

Weber: Ich glaube auch, dass DVD mehr oder weniger ein Ausweichprodukt war, nachdem CD-RWs als Endkunde kaum zu kriegen waren. Der Händler hat sich gesagt: "Bevor ich nur ein X-CD-ROM-Laufwerk einbaue, rate ich meinem Kunden zum DVD, da hat er in Zukunft noch etwas davon."

Handke: Dem möchte ich widersprechen. Wenn ich in einen Laden gehe, um ein Hemd zu kaufen, aber mit Socken herauskomme, weil es keine Hemden gibt, dann fühle ich mich ein bisschen verschaukelt. Ein DVD-ROM hat mit einem CD-RW wenig zu tun.

Weber: Das würde ich so nicht sagen. Die Endkunden haben, gerade vor Weihnachten, ein bestimmtes Budget frei und sagen sich: "Okay, 2.000 Mark gebe ich für meinen PC aus. Was kriege ich dafür?" Und wenn ein DVD nicht zu kriegen ist, dann nehmen sie sicherlich noch ein CD-RW.

Wie gut wissen die Endverbraucher über DVD Bescheid?

Weber: Die Endkunden sind auf das Äußerste verunsichert, was mit DVD los ist. Die meisten wissen nicht, was DVD-R, DVD-RW, DVD-RAM oder DVD-ROM bedeutet.

Kipp: Zumindest dürfte bekannt sein, dass die DVD-ROM die CD-ROM ablöst und durch die Rückwärtskompatibilität akzeptiert ist. Aber, wenn wir um etliche Jahre zurückgehen, war bei der CD genau das Gleiche. Mit beschreibbaren und wiederbeschreibbaren DVDs machen wir denselben Prozess durch wie bei der CD-R/RW. Nur die Ungeduld ist da, weil jeder erwartet, dass das, was bei der CD passierte, auch bei der DVD passiert - nur innerhalb kürzester Zeit.

Weber: Ein unwahrscheinlich cleveres Produkt könnte dieses Mischlaufwerk mit DVD-ROM und CD-R/RW sein. Wenn das preislich noch einigermaßen interessant wird, könnte es in den nächsten zwei Jahren das Top-Produkt sein.

Rempe: Dadurch, dass wir bei Memorex diese Geräte miteinander kombinieren, senken wir die Berührungsängste gegen den Nullpunkt. Außerdem ist das quasi der Zwischenschritt zum DVD-Recordable-Laufwerk, die Leute sind vorbereitet.

Klima: Bloß dieses Mischprodukt darf nicht teurer sein als die zwei Einzelkomponenten plus einen Wert x. Vielmehr müsste es billiger sein. Aber die Hersteller möchten eben auch mal wieder etwas verdienen.

Warum liegen den DVD-Laufwerken eigentlich keine Spielfilme bei?

Riemer: Der Enduser will doch die Kontrolle haben, welchen Spielfilm er bekommt. Der eine sagt: "Das interessiert mich nicht." Der andere sagt: "Habe ich schon fünfmal gesehen."

von Glahn: Außerdem müssten die Hersteller dann ja auch wieder eine Mpeg-Software beziehungsweise Mpeg-Karte im Lieferumfang haben.

Reul: Bundles, auch mit Spielfilmen, sind diese klassischen "Ich räume meine Regale aus"-Beigaben, die irgendwo ganz nett sind, vielleicht auch mal helfen, aber letztendlich nicht über die Qualität eines Produkts hinwegtäuschen können.

Klima: Wenn ein Hersteller zwanzig verschiedene Artikel mit unterschiedlichen Spielfilmen anbieten würde, hat man als Distributor garantiert immer das Falsche auf Lager. DVD-ROM-Laufwerke mit unterschiedlichen Spielfilmen würde ich bei Computer 2000 nicht in mein Lager legen.

Rempe: Aber der Punkt ist auch der, dass der Kunde eine Summe x draufzahlen müsste für etwas, war er eventuell gar nicht braucht. Denn wir Hersteller müssen die Spielfilme ja auch bezahlen.

Reul: Wenn ich aber zwei nahezu gleichwertige Systeme zum gleichen Preis habe, wird es spannend. Ich muss irgendeinen USP haben. Und dann lege ich halt diese beiden Filme bei, die letztendlich aber nur noch ein Marketing-Mittel sind.

Rempe: Wir haben in diesem Fall etwas angedacht, was sich in den USA als Trend bemerkbar macht. DVD fasst dort im Edutainment-Bereich immer stärker Fuß. Ausbildungs-Software auf DVD oder DVD in Verbindung mit dem Internet.

Was kosten die reinen DVDPlayer eigentlich so zur Zeit?

Kipp: Die Preisspanne ist relativ groß. Vor kurzem hat mal wieder einer mit 399 Mark angefangen. Aber die Masse der Geräte gehört einer Preisgruppe zwischen 700 und 1.000 Mark an. Wobei es natürlich auch immer wieder Top-Kunden gibt, die 1.500 bis 2.000 Mark ausgeben.

von Glahn: Aber wenn sich der Braune-Ware-Kanal ausweitet, wird nicht der Nutzen von DVD für den Computeranwender geringer werden?

Weber: Deshalb müssen - und werden - irgendwann auch DVD-Software-Titel auf den Markt kommen, vor allem in Form von Games. Und dann wird es einfach Zeit, dass DVD genügend Abspielmöglichkeiten bietet, aber das ist das klassische "Chicken or Egg"-Problem. Ich schätze, dass in einem Jahr alle Top-Spiele zeitgleich auf CD-ROM und auf DVD herauskommen. Dann ist die CD-ROM total weg.

Lindner: Die CD-ROM ist doch so richtig durch die Spiele zu Hause publik geworden. Und die Spielehersteller hätten schneller reagieren müssen und Spiele auf DVD herausbringen. Das ist dort wirklich ein Schlafwagenabteil.

Handke: Bis Mitte vergangenen Jahres war keiner motiviert, irgendetwas auf DVD zu machen Das war die Baustelle.

Aber wer ein Spiel auf DVD herausbringt, lässt den überwiegenden Teil seiner potentiellen Kunden außen vor, da die installierte Basis an DVD-Laufwerken noch nicht so hoch ist.

Riemer: Zumal nicht zehn Prozent aller installierten Systeme DVD sind, wenn zehn Prozent aller verkauften Laufwerke DVDs sind.

Klima: Die installierte Basis an DVD-Laufwerken dürfte derzeit zwischen zwei und fünf Prozent liegen.

Reul: Aber die installierte Basis ist nicht das Problem. Ein Spiel wie Ultima 9 wird auch auf den Markt geworfen, obwohl relativ wenige 3D-Karten installiert sind. Das Problem ist auch, dass ein Spiel mit sieben oder acht CDs im Vergleich zu einem Spiel auf einer DVD etwas wiegt. Im Laden wird auch wirklich über die reine Masse verkauft.

Wie sieht eigentlich die Zukunft der CD-Brenner aus?

Riemer: CD-R- und CD-RW-Laufwerke wird es mit Sicherheit die nächsten drei, vier Jahre noch geben.

Weber: Ich gebe CD-RW sogar noch wesentlich länger eine Chance. Ich schätze, dass wir die Dinger noch zehn Jahre verkaufen werden. Da 80 Prozent der Geräte gekauft werden, um Musik zu kopieren, werden wir auch noch in Massen CD-Brenner verkaufen. Die DVD-Audio sehe ich nur ganz langsam kommen, weil 60, 70 Minuten in Hifi-Qualität auf einer CD-Audio mit 44,1 KHz Sampling-Rate absolut ausreichend sind.

Rempe: Ein Marktforschungsinstitut hat uns bescheinigt, dass bis zum Jahr 2005 der CD-R-Markt ansteigen wird. Erst in den Jahren 2009 oder 2010 wird der DVD-R-Bereich den CD-R-Bereich überholen. Aufgrund der Kompatibilität in allen Bereichen und der sehr guten Austauschbarkeit der Medien hat der CD-Brenner seine Berechtigung.

Klima: Die Langlebigkeit von Produkten sieht man doch auch daran, dass wir heute noch Floppys verkaufen.

Rempe: Ich denke, das ist vergleichbar. Die Floppy-Diskette hat den eindeutigen Vorteil, dass sie überall austauschbar ist. Das CD-R-Medium hat den gleichen Vorteil. Und von daher wird sich dieses Teil auch noch eine ganze Zeit lang in unserem Raum bewegen.

Weber: Man sieht auch, dass die Zip-Laufwerke zuletzt an Boden verloren haben. Ein Zip-Laufwerk hat eben nicht jeder.

Klima: Die installierte Basis bei CD-Laufwerken ist einfach genial.

Wann kommen die ersten bezahlbaren DVD-Brenner auf den Markt?

Kipp: Das Ganze wird stufenweise vor sich gehen. Unser aktueller DVD-Rekorder ist für den professionellen Bereich gedacht. Er kostet 10.000 Mark, die Medien selbst 100 Mark. Bei Pioneer haben wir uns nie den Anstrich gegeben, dass das etwas für Otto Normalverbraucher ist.

Reul: Die Frage darf aber nicht lauten: DVD-Recording oder DVD-ROM? Ein Rekorder wird in der Anfangszeit DVD-ROM nicht ersetzen können. Vielleicht im Film- oder Videobereich, da kommt es nicht auf Geschwindigkeiten an.

Kipp: Unsere Ingenieure in Tokio entwickeln einen DVD-Rekorder der nächsten Generation. Natürlich spielt die Standardisierung eine große Rolle. Wir müssen abwarten, wann diese Standards kommen, wie sie kommen, und danach werden sich die Produkte auszurichten haben.

Lindner: Sony, Phillips und HP haben in dieser Hinsicht uns sehr viel Kopfzerbrechen bereitet. Diese drei Kandidaten hatten ja auf 3 GB gesetzt und damit den Markt verrückt gemacht. Doch nun scheinen sie dieses Thema beerdigt zu haben. Sehr vernünftig, das hätten sie viel früher machen sollen. Bei Hitachi arbeiten wir mit Hochdruck an einem Gerät, in dem alles funktionieren wird. Das heißt, das CD-Lesen sowieso, CD-Brennen, DVD-ROM-Lesen und DVD-RAM-Schreiben. Ein All-in-one-Gerät. Das wird auf jeden Fall vor 2005 fertig sein.

Kipp: Wir favorisieren das DVD-R-System, wir sind Verfechter der "Reinen Lehre". Weil wir davon ausgehen, dass die auf dem Pioneer-DVD-Rekorder produzierten Medien in jedem DVD-ROM-Gerät gelesen werden müssen. Wie es bei der CD und CD-R auch der Fall ist. Wir gucken nicht links und rechts, sondern wir werden diese Schiene weiter verfolgen.

Und welcher Standard wird sich letztendlich durchsetzen?

Kipp: Das vorauszusagen, wäre Kaffeesatzlesen. Jeder Hersteller setzt natürlich darauf, dass sich die von ihm propagierte Technologie durchsetzen wird. Es kommt ganz stark darauf an, welche Allianzen sich in Japan bilden werden. Denn kein Hersteller wird in der Lage sein, allein einen Standard durchzusetzen. Der Markt entscheidet letzten Endes, was sich durchsetzen wird.

Welchen Wunsch haben die Distributoren bezüglich des Standards?

Riemer:Wir wollen möglichst nur einen einzigen Standard. Damit Klarheit im Markt herrscht.

von Glahn: Im Videobereich ist es beispielsweise nicht so gewesen, dass sich der Standard durchgesetzt hat, der definitiv der bessere war.

Klima: Es wird spannend bleiben. Letztendlich wird die Distribution das liefern, was der Markt nachfragt. Da sind wir ziemlich emotionslos.

von Glahn: Beziehungsweise werden wir Distributoren das liefern, was angeboten wird. Wir promoten das, was vom Hersteller, mit dem wir Partnerschaften haben, kommt.

Weber: Sollte Hewlett-Packard in den Markt einsteigen: Dieser Standard würde es dann werden.

Klima: Aber HP wird erst dann kommen, wenn sie ein Produkt haben, bei dem die Ausfallrate 0,x Prozent beträgt. Und das ist anscheinend bis jetzt noch nicht gelungen. Das wäre ein sehr interessantes Produkt.

Wo liegen die Geschwindigkeitsgrenzen bei den Laufwerken?

Riemer: Beim CD-ROM gibt es derzeit noch Reste an 40x-Laufwerken, 52x kommt. Das Massenprodukt sind aber immer noch 44- und 48x-Geräte. Hohe Geschwindigkeiten werden aber im Moment nur verkauft, weil der Preisunterschied dermaßen gering ist. Auch wenn der Kunde solche Geräte eigentlich gar nicht braucht.

Kenwood hat kürzlich mit einem 72x-Laufwerk aufhorchen lassen. Wie sieht es damit aus?

Riemer: Bei Ingram Macrotron läuft es wie verrückt. Anfangs stand ich dem sehr kritisch gegenüber, denn ich weiß nicht, welcher Endkunde sich für weit über 300 Mark ein CD-ROM-Laufwerk kauft. Aber bisher haben wir es in dreistelliger Stückzahl verkauft.

Lindner: Auch ich habe mich gefragt, wie man in Old Stuff noch Geld reinpacken kann. Ich nehme an, eines Tages kommt noch so ein 1.000x-CD-ROM-Laufwerk.

Diese "superschnellen" Laufwerke klingen aber wie ein Staubsauger oder ein startender Düsenjäger.

Klima: Für mich war das 16x das beste Laufwerk, es war angenehm leise. Außerdem ist es falsch zu sagen, "ein 52x-Laufwerk". Es ist maximal ein 52x-Laufwerk. Aber Marketing-technisch klingt das natürlich besser.

Welche Geschwindigkeiten kann man bei DVD-Laufwerken und CD-Brennern erwarten?

Kipp: Bei DVD haben wir gerade den Sprung auf 16x gemacht. Was danach kommt? Ich weiß es noch nicht.

Weber: Ich schätze, dass bei den CD-Brennern in den nächsten Monaten 12x Standard werden.

Lindner: Aus Sicht der heutigen Technik ist kein Ende am Horizont zu erkennen, weil man mit den Laserstrahlen jonglieren kann. Problematisch ist die Umdrehungsgeschwindigkeit und der damit verbundene Lärm.

Zum Abschluss noch ein Ausblick: Wie sieht der Speichermarkt der Zukunft aus?

Rempe: Zuerst hat man mit Floppy-Disketten die Dateien ausgetauscht. Dann kam die CD-R und die CD-RW. Das Schöne ist wirklich, dass die DVD in dieser Hinsicht genau den nächsten Schritt darstellt. Es ist doch schon im Gespräch, Filme auf einer beschreibbaren DVD zu speichern.

Reul: Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als meine Festplatte kleiner war als heute mein Arbeitsspeicher. Und ich war extrem glücklich damit, weil ich der Meinung war, dass es für die nächsten Jahre reicht.

Rempe: Als die erste 1-GB-Festplatte herauskam, wurden die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, und es wurde gesagt: "Mein Gott, wer braucht 1 GB?" Aber die Anwendungen diktieren das Geschehen, und die Leute wollen noch mehr und noch neuere Sachen machen, noch besser speichern. Der nächste Sprung wäre es, Filme oder Videosequenzen auf optischen Medien zu speichern.

Klima: Mit Massenspeichern kann man heutzutage und wahrscheinlich auch noch die nächsten drei bis fünf Jahre Geld verdienen, denn es fallen immer mehr Daten an. Und da wird es dann unterschiedliche Segmente geben. Die Homeuser werden irgendwann einmal DVD-R - oder wie es auch immer heißen mag - benutzen. Im Highend-Bereich wird es skalierbare Libraries, Optical-Jukeboxen und so weiter geben. Und dazwischen Streamer mit Travan, DAT, DLT und irgendwann einmal LTO.

Rempe: Und dann sind wir direkt beim nächsten Schritt. Der IT-Bereich und der Braune-Ware-Kanal wachsen immer mehr zusammen. Und gleichzeitig hat man die Schnittstelle zum Videorekorder-Bereich. Diese VHS-Videotechnik ist ja mittlerweile wirklich so etwas von langweilig und überholt. Die Leute, die im IT-Bereich jetzt vorne mitspielen und den Standard setzen, die werden damit eine Menge Geld verdienen.

Weber: Der Videorekorder als Service ist tot. Die Tendenz geht dahin, 30 oder 60 Stunden vollautomatisch Videofilme aufzuzeichnen und sie dann zeitversetzt, selektiv und bequem anzusehen. Und das wird den Speichermarkt weiter puschen.

Rempe: Es gibt ja schon diese Settop-Boxen. Sie sind eine Gefahr für DVD, auf der anderen Seite aber auch eine Chance. Denn wenn man jetzt nicht langsam den Standard festsetzt, kommen ganz schnell irgendwelche Festplattenhersteller und packen 60, 70 oder 80 GB auf eine Festplatte. Warum kombiniert man dann nicht gleich ein DVD-ROM mit einer Festplatte in einer Settop-Box? Über die Festplatte nimmt man ganz normal seine Videosequenzen auf, und wenn man einmal einen Spielfilm auf DVD-ROM ansehen möchte, spielt man ihn über den DVD-Player in diesen Settop-Boxen ab.

Kipp: Früher gab es Jukeboxen mit 50 CD-ROMs, die heutzutage auch für Endverbraucher gut geworden sind. Diese Entwicklung wird sich vielleicht im Videobereich wiederholen. Und auf diesen Markt zielen, glaube ich, alle ab.

Riemer: Was man dabei nicht vergessen darf, ist das Internet. Irgendwann ist die Zeit so reif, dass ich mir aus dem Internet einen Film ansehen kann. Und ab diesem Moment speichere ich nichts mehr.

Lindner: Bis dahin muss die Telekom aber noch lernen. Das wird nicht in den nächsten ein, zwei Jahren passieren, aber mit Sicherheit in vier oder fünf Jahren der Fall sein.

Reul: Andererseits kaufe ich Videos, und trotzdem werden Videos aus der Videothek kopiert. Obwohl eigentlich 24 Stunden Verfügbarkeit da ist.

Riemer: Der Bedarf oder die Nachfrage, einen Musiktitel immer wieder hören zu wollen, ist ein anderer, als einen Film immer wieder sehen zu wollen. Als die ersten Videorekorder herauskamen, waren die Leute Jäger und Sammler.

Rempe: Wenn Sie sich die Absatzzahlen von den VHS-Bändern angucken: Herr Gott, da wird richtig Geld verdient! Mit so einem Produkt ...

Lindner: Wenn wir dieses Jahr nicht Allokation hätten, wäre es das erste Mal, dass DVD einen Anteil von mindestens 50 Prozent hätte.

Riemer: Aber nur, wenn der Preispunkt getroffen würde. Wir Distributoren oder der Handel würden zum gleichen Preis sofort das DVD anstelle des CD-ROMs einkaufen.

Handke: Im September letzten Jahres, vor der Allokation, haben wir die richtigen Preistendenzen CD-ROM- versus DVD-Laufwerk gesehen. Wenn es normal weitergegangen wäre, würden wir heutzutage gleich viele CD-ROM- und DVD-ROM-Laufwerke verkaufen.

Die Diskussionsrunde

Ute von Glahn, ProduktManager BU Components, Peacock AG

Werner Handke, Sales-Director Rotating-Memories-Division, Samsung Electronics GmbH

Klaus Kipp, General Manager Optical Products, Pioneer Electronics Deutschland GmbH

Stefan Klima, Produkt-Manager Massenspeicher, Computer 2000 Deutschland GmbH

Norbert Lindner, Sales- und Marketing-Manager Mass Storage Products, Hitachi Europe GmbH

Michael Rempe, Marketing-Center-Manager Optical Storage IT-Media, Memorex Products GmbH

Christian Reul, PR-Manager Hardware und Accessoires, Guillemot GmbH

Holger Riemer, Director Harddisk und CD-ROM, Ingram Macrotron Distribution GmbH

Jürgen Weber, Geschäftsführer, Multiport Computer Vertriebs GmbH

Die Gesprächsrunde moderierten Hans-Jürgen Humbert und Christian Töpfer von ComputerPartner.

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