TPS-Chef Debbas: "Wir haben als Unternehmen gelernt, zu lernen"

16.02.1996
MÜNCHEN: Vom Werkstudentenauftrag zum 30-Personen-Unternehmen in vier Jahren: So läßt sich die rasche Entwicklung der Münchner TPS Labs GmbH in einem Satz beschreiben. Ohne das Vertrauen des Mentors Compaq und die Fähigkeit zur Selbstkritik wäre dies wohl nicht möglich gewesen.Es begann mit dem Auftrag des texanischen PC-Herstellers an einige Münchner Mathematikstudenten, eine Software für ein einheitliches Vertriebsdatensystem zu programmieren. Danach mußte schnellstens eine Software für die Händlerverwaltung her. Im Laufe der Jahre wurde das Softwareprojekt immer größer - immer mehr Kommilitonen wurden eingespannt. Es wurde verändert, hinzugefügt, manche Teile verworfen und mit objektorientierten Entwicklungswerkzeugen neu programmiert. Bis heute hat sich das Ganze zu einem Vertriebs- und Marketinginformationssystem mit vielen Modulen ausgewachsen und wird von Compaq europaweit genutzt. In diesem Jahr steht der weltweite Einsatz bevor. In der nächsten Version kommt noch eine Servicekomponente hinzu.

MÜNCHEN: Vom Werkstudentenauftrag zum 30-Personen-Unternehmen in vier Jahren: So läßt sich die rasche Entwicklung der Münchner TPS Labs GmbH in einem Satz beschreiben. Ohne das Vertrauen des Mentors Compaq und die Fähigkeit zur Selbstkritik wäre dies wohl nicht möglich gewesen.Es begann mit dem Auftrag des texanischen PC-Herstellers an einige Münchner Mathematikstudenten, eine Software für ein einheitliches Vertriebsdatensystem zu programmieren. Danach mußte schnellstens eine Software für die Händlerverwaltung her. Im Laufe der Jahre wurde das Softwareprojekt immer größer - immer mehr Kommilitonen wurden eingespannt. Es wurde verändert, hinzugefügt, manche Teile verworfen und mit objektorientierten Entwicklungswerkzeugen neu programmiert. Bis heute hat sich das Ganze zu einem Vertriebs- und Marketinginformationssystem mit vielen Modulen ausgewachsen und wird von Compaq europaweit genutzt. In diesem Jahr steht der weltweite Einsatz bevor. In der nächsten Version kommt noch eine Servicekomponente hinzu.

Mittlerweile steht die Client-Server-Software TPS Online gänzlich auf eigenen Füßen - abgenabelt von ihrer Ziehmutter. "Wir geben ein Prozent vom Lizenzpreis an Compaq ab und bedienen nicht den Wettbewerb", beschreibt Philipp Debbas, einer der Geschäftsführer, die vertragliche Vereinbarung. "Compaq hat nichts davon, wenn wir ein kleines Unternehmen bleiben." Ein weiterer Großkunde ist die DASA. Dort wurde ein Marketinginformationssystem installiert, das in mehreren Ländern läuft.

Mit Großkunden soll es auch weitergehen, denn damit wurden bisher alle Erfahrungen im Projektmanagement gesammelt. In Zukunft will TPS Labs auch große mittelständische Betriebe bedienen. Die entsprechende Lösung wird derzeit erarbeitet. Wichtiger für das Unternehmen ist jedoch etwas anderes. Debbas:

"Wir verstehen unsere Kunden als Partner, von denen wir viel mehr bekommen als einfach Geld für ein Stück Software. Kunden prägen unseren Charakter. Wir wollen sie untereinander zusammenbringen. Sie können unsere Bibliothek benutzen. Wir laden sie zu Vorträgen ein. Das ist eine gegenseitige Befruchtung."

Auch sein Verständnis als Geschäftsführer ist vom Teamdenken geprägt: "Wir haben den Erfolg nicht allein gemacht. Daran waren die Bank, unser Auftraggeber, der Rechtsanwalt und Freunde beteiligt. Die einzige Kontrollfunktion ist unsere Umwelt. Viele sind ja weit älter als ich und haben viel mehr Erfahrungen." Vor allem, wenn es um Entscheidungen geht, hört der Jungunternehmer anderen genau zu. Und zwar besonders den kritischen Stimmen. Die Wurzeln dieser Art zu denken liegen im Mathematikstudium: "Wenn man das studiert, lebt man in der Verzweiflung. Da lernt man, sich ständig selbst in Frage zu stellen." Debbas weiß, daß man nicht alles richtig machen kann. Seine Formel fürs Leben lautet: Fehler eingestehen und ganz natürlich damit umgehen. In Deutschland sei das ein Mentalitätsproblem. Fehler machen dürfen sei ein wichtiger Prozeß, sozusagen qualifiziertes Lernen.

Bescheidenheit ist zwar gut für den Aufbau von vertrauensvollen Kundenbeziehungen, schützt aber nicht vor wirtschaftlichen Flauten. Nach einer guten Auftragslage ging es im September 1994 bergab. Zu viele Mitarbeiter, zu wenig Aufträge. Die Kreditlinie war längst überzogen, die Bank riet zur Reduzierung der Belegschaft. Doch das kam für Debbas und den zweiten Geschäftsführer Till Gartner nicht in Frage. Denn, so die Überlegung, wenn ein Auftrag kommt, "stehen wir dumm da". Stattdessen wurde entschieden, die Gehälter aller Mitarbeiter vorübergehend um zehn Prozent zu kürzen.

"Das war für viele schmerzhaft, weil wir das in Hetze und Eile durchforciert haben", so Debbas rückblikkend. Nach vier Monaten ging es wieder bergauf, doch die Glaubwürdigkeit der Geschäftsführer hatte einen Knacks bekommen. "Da war so ein Nachgeschmack von Willkür", sagt er. Der Faden war gerissen und es war mühsam, das Vertrauen wieder herzustellen. Also wurden Kommunikationsmeetings veranstaltet, in denen er "sich sehr stark zurückgehalten und zugehört" hat. Gesellige Treffen außerhalb der Büroräume wurden organisiert, und langsam besserte sich die Stimmung wieder.

"Wir haben als Unternehmen gelernt, zu lernen. Das schwerste wird in der nächsten Zeit sein, sich immer wieder daran zu erinnern." Vor allem dann, wenn es so schnell weitergeht ("wir rekrutieren jeden Monat"). Einige entscheidende Erfahrungen hat der junge Vorgesetzte schon gesammelt: Je weniger man die Mitarbeiter steuert, umso mehr steuert sich das Unternehmen selbst und umso schneller kommt man ans Ziel. Soviel Freiraum wie möglich für persönliche Selbstverwirklichung des einzelnen im Unternehmen lassen. Präsent sein bei internen Veranstaltungen.

Über die Zukunft macht sich Debbas keine Sorgen, denn: "Ich glaube an uns". Er hält es mit der amerikanischen Devise des Wir-schaffen-alles. Eine seiner Aufgaben in dieem Jahr ist es, eine Basis für die Infrastruktur im Unternehmen zu schaffen. Das bezieht sich auf die Technik, auf Wissen in Form einer Bibliothek und auf die Einrichtung eines internen WWW-Servers, um den Umgang mit dem Medium zu lernen. Dazu gehört auch, den Mitarbeitern zu zeigen, wie man mit der Infrastruktur und mit dem Wissen umgeht. Zur Wissensvermittlung zählt des weiteren ein wöchentlicher Vortrag zu Themen wie Mail, Multimedia, Kundenorientierung, Höhlen, Lernende Organisation etc. Dies alles steht auch den Kunden offen. 1996 ist außerdem die Einführung von ISO 9000 geplant - für Debbas die größte Herausforderung. "Wenn wir es durchziehen, solange wir klein und überschaubar sind, ist es später einfacher", so seine Überzeugung.

FACTS & FIGURES:

1991 von zwei Studenten der Mathematik gegründet, hat sich die Münchner TPS Labs GmbH zu einem Systemhaus mit 30 Mitarbeitern gemausert, das Vertriebs- und Marketinginformationssysteme auf Client-Server-Basis entwickelt und vertreibt. Im Geschäftsjahr 1995 wurde ein Umsatz von drei Millionen Mark erzielt. Für 1996 wird eine Umsatzverdoppelung erwartet. Bis zum Jahr 2000 will das Unternehmen den Sprung an die Börse schaffen.

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